Corona – ein Offenbarungseid

Hab ich was Falsches gesagt? Darf ich das sagen? Verdrehen einige meiner FreundInnen nicht bereits die Augen ob meiner Postings und Meinungen? Hab´ ich mir´s verscherzt? Bin ich schon abgeschoben ins Eck der Verschwörungstheoretiker?

Seit einiger Zeit quälen mich diese Fragen, sie lassen mich stumm werden und ängstlich. Da gehört eine Stellungnahme her, ein Glaubensbekenntnis, weil mehr kann es nicht sein, wissen wir doch alle nix oder nicht genug, um profunde Aussagen treffen zu können. Wie im Übrigen auch die Virologen, die Epidemiologen, die WissenschafterInnen und IntensivmedizinerInnen und auch nicht die Politiker.

Zuvor: Es ist eine allgemeine Gepflogenheit geworden, dass man vor einer kritischen Stellungnahme bekundet, dass man sich an die Regeln hält. So will auch ich das tun: Ja, ich halte mich dran, Maskentragen, Abstandhalten, usw. usf.

Und ja, ich habe den lockdown befürwortet, weil es Sinn machte und eine Klarheit gab, wo zuvor  ein Deutungsspielraum war.  Gleich schloss ich mich beherzt dem solidarischen Ehrgeiz an, beim legendären Kurvenverflachen mitzuhelfen – wär´doch gelacht, das machen wir, gemeinsam sind wir stark, Distanzwahren und Zusammenhalten – „Gemeinsam schaffen wir das!“,  so  Nadja Bernhard am Schluss jeder ZIB 2.

Ich muss zugeben, dass es auch eine Entlastung war – so viele Termine, die ich auf einmal nicht wahrzunehmen brauchte, Frei-Raum, Aufatmen, daheim in meiner kleinen Welt.

Die Ruhe war von kurzer Dauer, fehlte mir doch mein höchstes Lebensgut – meine Freiheit. Allem Wissen um die Sinnhaftigkeit dieser ersten Maßnahmen zum Trotz breitete sich eine Unruhe in mir aus.

Öl ins Feuer waren zu dieser Zeit bereits Videos von durchaus renommierten Ärzten, die die Gefährlichkeit des Virus und damit die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen in Fragen stellten. Scharlatane seien das, ein Irrsinn, dem Unfug Glauben zu schenken, was ist mit den Toten in Italien, in Spanien usw. Ich erspare mir und den LeserInnen die diesbezüglichen Argumente – der Glaubenskrieg, das Bashing begann.

Dann war es soweit – Ostern rückte heran und ich wartete wie viele andere auf die Daten, damit die angekündigten Lockerungen stattfinden konnten und wir – ich zitiere Armin Wolf aus der ZIB 2 – durch die Wohnzimmer unserer lang entbehrten Verwandten spazieren können.

Großer Auftritt des Bundeskanzlers:

In der Tat die Kurve hatte sich deutlich abgeflacht. Aber: Wir befänden uns erst in der Ruhe vor dem Sturm und die Auferstehung sei noch lange nicht in Sicht.

Spätestens hier begann die Irritation. Was jetzt? Kurve in den guten einstelligen Bereich gebracht, aber nein, bald werden die Krankenhäuser überfüllt sein und jeder jemanden kennen, der an Corona verstorben ist (O-Ton des Bundeskanzlers).

Das war beeindruckend.  Aber: irgendetwas stimmt doch da nicht. Nicht mal einen Kaffee sollen wir gemeinsam trinken. Nicht mal dran denken!

Wir können uns zwar mit wildfremden potentiellen Gefährdern im Supermarkt – einzig erlaubte Spielwiese – tummeln, aber meine 92 – jährige Mutter, die als Reaktion auf die Unmöglichkeit unseres wöchentlichen Besuchs in ihrem Lieblingsgasthaus einging wie eine Blume, die zu wenig Wasser erhält, sollte ich nicht besuchen.

Ich gestehe – und ich glaube, das müssten vielleicht auch einige andere tun: ich hab´s getan. Und es ist auch nicht verboten, gehört es in meinem Verständnis unter den Punkt des Hilfs- und Betreuungsleistungen.

Überdies tat sich ein weiterer Widerspruch auf – die Geschäfte sollten am Dienstag nach Ostern öffnen, von einer neuerlichen Erhöhung der Ansteckungszahlen – die übrigens bis gestern ausblieb – wurde ausgegangen. Bald wusste man/frau zwar nicht, was mit seinen/ihren Kindern in naher Zukunft sein wird und auch nicht, wann wir endlich mit einem guten Gefühl die uns wichtigen Menschen sehen können, aber dass die Friseure am 2. Mai öffnen würden, war klar. Und so kann auch meine Mutter, eine leidenschaftliche Friseurgeherin, bald einmal die Friseurin nahe an sich ran lassen.

Etwas unwohl war mir schon, als ich diesen vermeintlichen „Ordnungsübertritt“, als welcher ein solcher seelischer Betreuungsdienst im Bewusstsein der Menschen verankert ist, beging – zur Klarstellung: natürlich unter Berücksichtigung der Abstandsregeln. Mein Mutter derart mit seelischem Wasser begossen, blühte auf, und hielt 7 Tage stimmungsmäßig durch.

Unwohl war mir auch, als viele Prominente seitenweise in auflagenstarken Zeitungen verkündeten, dass sie ihre Verwandten zwar schmerzlich vermissen werden, aber im Kernfamilienkreis das Osterfest begehen werden.

Selbst der von mir sehr geschätzte Herr Bundespräsident verfasste einen handschriftlichen Brief, in dem er eben solches bekundete.

Ebenso Kardinal Schönborn, der betonte, dass seine Mutter ihren 100-jährigen Geburtstag allein feiern werde.

Ja, wenn der Herr Kardinal dieses große Opfer bringt, so sollten wir doch auch die weitaus kleineren erbringen.

Geht´s noch?  – oh, wie gut mir die sprachliche Anleihe an meine Favoritner Vergangenheit tut!. Geht´s noch,  denk´ ich mir, das ist doch unfasslich und ver-rückt, unsere Menschlichkeit sinnlos zu verschwenden und die Gelegenheit sie anzuwenden zu verpassen.

Aber hier kommt es schon, das nächste Hypnoid: wir sollen die Alten, die Risikogruppe schützen!

Was meine Mutter betrifft, ist das klar. Wenn sie der Tod ereilen sollte, dann ist sie, gläubig wie sie ist, einverstanden.

Doch nein, so leicht ist das nicht vom Tisch. Auf den Vorwurf der Entmündigung wird geantwortet, dass wir durch unser unvernünftiges Verhalten zum Kollaps des Gesundheitssystems beitragen – das ist unverantwortlich und zutiefst gefährlich.

Um es festzuhalten – die Kurve war bereits stark abgeflacht.

Plötzlich wandelten sich die Orientierungszahlen – und es war nicht mehr die Reduktion der Ansteckungszahlen sondern die Reproduktionsrate, die handlungsleitend war – also wie viele Menschen ein Infizierter ansteckt, die sollte unter 1 kommen. Derzeit ist sie weit unter 1, also was jetzt? Vor einigen Tagen war es dann die absolute Zahl – die sollte im zweistelligen Bereich sein und da sind wir noch weit entfernt.

Überhaupt können wir auch nie sicher gehen, ob nicht eine zweite Welle kommen kann – also keine Entspannung in Sicht.

All das löst Irritation aus, Fragen tauchen auf, die unbeantwortet bleiben beziehungsweise sogar zurück geschmettert werden.

Die Ungewissheit, die Unsicherheit, was gilt, das Nicht-Nachvollziehen können der Maßnahmen, die Intransparenz, die mangelnde Glaubwürdigkeit macht uns klein.

Immer dieselbe Vorgehensweise: Damoklesschwert vor die Nase gehalten – es ist noch nicht ausgestanden, dann der schon oftmals wiederholte Satz: „Das ist jetzt die entscheidende Woche“ – heißt, „Seid weiter brav!“, weil sonst droht gleich wieder der nächste home-prison Aufenthalt.

So haben sie uns und sorry jetzt muss ich flapsig werden: So manipulieren sie uns. So vermitteln sie uns, dass wir keine andere Sprache verstehen, dass wir offenbar nicht anders zur Einhaltung der Regeln zu bringen sind.

So werden wir brav und stumm.

So werden wir angeregt, andere zu bespitzeln, misstrauisch auf den anderen zu schauen, ihn zu denunzieren.

Aber wo ein Brav-Sein ist, ist auch ein Schlimm-Sein und auf diese Polarität ist kein nachhaltiger Verlass.

Langer Rede – kurzer Sinn:

Mit all dem muss Schluss sein!!!!!

Ich fordere einen Respekt, eine Anerkennung, dass wir Menschen grundsätzlich vernunftbegabte Wesen sind!

Ich fordere eine Anerkennung meiner Menschenwürde, mit allem was dazu gehört!

Ich fordere die Entlassung all der Auftrittsberater, damit wir die wahren Gesichter der PolitikerInnen sehen können, wenn die Masken abgelegt werden und Worte aus dem Herzen, aus der Wahrheit und Aufrichtigkeit kommen und nicht um uns zu manipulieren.

Dann können wir wahrlich solidarisch, gemeinsam und mit Engagement diese Krise bewältigen, und Wandel wird stattfinden und es wird zum Guten sein.

So da musste gesagt werden!

Und ich hab´keine Lust auf Beschimpfungen und nicht mal auf Diskussionen. Sehr wohl bin ich offen für Eure Rückmeldungen, was das von mir geschriebene mit Euch macht. Danke dafür!

Und jetzt trau´ ich mich, wenn auch mit klopfendem Herzen, es zu veröffentlichen!

14 Gedanken zu “Corona – ein Offenbarungseid

  1. Marie Therese schreibt:

    Liebe Beatrix, danke für diesen Text. du sprichst mir, wieder einmal, sowas von der Seele!
    Es ist zunehmend unerträglich, kurz und konsorten täglich aufmarschieren zu sehen , mit immer neuen dos and donts. Bei allem Respekt für diese monsterUfgabe, es reicht sowas von!

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    • Benita Wiese (Pseudonym) schreibt:

      …. Wir wollen noch anfügen, dass das permanent klein gehalten werden und behandelt werden als wären alle uneinsichtig und unfähig Argumenten und Erklärungen zu folgen so unerträglich und ja in unserem Fall kontinuierlich retraumatisierend ist.
      Selbst ein Kleinkind behandle ich nicht so, denn auch das kann bereits eigene Entschleunigen treffen.
      Es ist die Entmündigung und Beleidigung derer, denen die Politik dienen soll, des Souverän mit all den Unterstellungen andere zu gefährden. Es geht nicht um die Maßnahmen zu Beginn, sondern auch um Wortwahl und Dynamik. Du hast es wunderbar ausgedrückt. Wir finden uns in deinen Worten wieder.
      Sie geben uns Kraft und sie machen Mut, nicht alleine zu sein, hinzusehen.
      Es muss Klarheit her!
      Vielen herzlichen Dank nochmals.
      Und wenn es dir Recht ist, möchte ich diesen Betrag gerne rebloggen. Ist das in Ordnung?
      Ganz liebe Grüße
      „Benita“

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  2. christian Weber schreibt:

    Danke Beatrix! Deine Entrüstung findet sich auch bei mir wieder. Ich bin enttäuscht über viele meiner maskierten Mitbürger. Den Willen das Persönliche,das Nahe der Entfremdung zu opfern. Eine Politik der Angst und der Drohung. Ich empfehle den Vortrag von Dr.Mausfeld von 2019 über Angst und Politik auf Youtube.

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  3. Melina/Pollys schreibt:

    Hallo Beatrix und auch Dir Benita, denn ich hätte nie das zu lesen gekriegt, wenn Du diesen Beitrag nicht geteilt hättest – Danke! Beatrix Dir danke ich für diesen Text, weil ich ähnliches auf meinem schreibe und sehr wenig „Gleichgefühlte-sinnte“ dort zu finden sind. Ich bin aus Deutschland und ich freue mich, dass ich in Österreich solche antreffe. Ich bin zwar nicht berührungsgeschädigt (vielleich doch ein bisschen, bin sonst auch eine Umarmerin), aber ich vermisse Menschen, die einen regen Austausch und gesunden Menschenverstand wollen und selber denken – mit mir haben, jenseits des Lemmingendaseins, mit Menschen, die nicht alles glauben und sich auch mit ‚verborgenen‘ (unterdrückten) Texten jenseits des Mainstreams befassen und wenn ich darüber mit Menschen reden möchte, halten die mich für entweder unsozial, wegen meiner Gedanken, oder mich für eine Verschwörungstheoretikerin, oder dass ich einfach einen Hau hab…. So tat mir dieser Text soooo gut. Danke! Liebe Grüße Melina

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