Leben mit Krebs

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„Krebs hat viele Gesichter“

Den folgenden Text habe ich an den Anfang eines Vortrags zum Thema „Leben mit Krebs“ gestellt. Die Namen der von mir persönlich genannten Menschen sind geändert.

Leben mit Krebs ist anders.

Es ist anders als wir uns das vorstellen, wenn wir nicht mit einer Krebsdiagnose leben mussten oder müssen, und es ist anders für jede an Krebs-Erkrankte.

Diese einfach anmutende Tatsache ist wesentlich, sie lässt uns den Blick weg von den Konzepten, wie es zu sein hat hin zu dem richten, wie es ist.

Ich denke an meine Freundin Ramona, welche zunächst anstelle einer weiteren Chemotherapiezyklusses den Jakobsweg ging, ihren stressigen Beruf ablegte und ihr Geld mit dem Herstellen von blühendem Konfekt verdiente.

Ich denke an Roswitha, welche selbst Ärztin bis zuletzt mit aller Tapferkeit Nachtdienste verrichtete und dann mit der Diagnose von Lebermetastasen sich erst von den bislang unwissenden KollegInnen verabschiedete, um zuhause bei ihrem Mann würdevoll zu sterben.

An meine liebe Conny denk ich, die ihre letzte Zeit nützte, um mit ihren Nächsten ihren Frieden zu machen und der es ganz wichtig war, dass sie – ganz Schauspielerin – ihr Begräbnis inszenierte.

Ich denke an Lance Armstrong, der seine Behandlung minutiös wie die Tour de France plante.

An Tiziano Terzani, der eine Weltreise unternahm, um Heilweisen für Krebs für sich zu erkunden, und der diese seine letzte Runde am Karussell im gleichnamigen Buch dokumentierte.

Ich denke an Servan Schreiber, der selbst Neurowissenschaftler, beim Wiederkehren seines Gehirntumors, akribisch recherchierte, welche Faktoren wie Ernährung, Lebensweise, Traumatherapie und Meditation wissenschaftlich belegt einen heilsamen Einfluss auf die Krebserkrankung haben und dieses Wissen in seinem Anti-Krebs-Buch zur Verfügung stellte.

Ich denke an Markus, der sich jegliche Rückmeldung und Gefühlsäußerungen auf seine regelmäßigen Krankheitsberichte verbietet.

Ich denke vor allem an die vielen Krebs-Geschwister, die ihren vielleicht ungewöhnlichen Heilungsweg teilweise gegen heftigen Widerstand gehen und aller Statistik zum Trotz in Gesundheit leben.

Und ich denke an meine eigene Krebsgeschichte, die damals am 10. April 1998 begann, und die mir eine neue Welt eröffnete, eine Ahnung, dass ich nicht nur leben muss sondern darf und immer öfter auch will.

Immer – so konnte ich erkennen – ist dieser Weg ein würdevoller, und immer ist es eine Art Kunstwerk.

2 Gedanken zu “Leben mit Krebs

  1. Ingeborg Scheer schreibt:

    ……und immer öfter auch will!
    Dieser Satz hat mich jetzt sehr berührt, liebe Beatrix. Und so ein hübsches Kind habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Werde es weiter studieren.
    Bussi, leider hat mein Bruder eine Lungenkrebsdiagnose. So bin auch ich als Angehörige gefordert, ihn möglicht liebevoll zu begleiten.

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