Geboren Werden

Das haben wir uns gut ausgesucht – meine Zwillingsschwester und ich – in dieser besonderen Zeit geboren zu werden. 10 Tage vor Weihnachten.

Endlich, nach langer Zeit kann ich sie wieder fühlen, die adventliche Vorfreude, diese Ahnung des Großen. Auch die Jupiter Begeisterung, das Strahlende, Lichtvolle, das diese Zeit auszeichnet.

Endlich kann ich auch wieder fühlen, wie groß das Ereignis einer, meiner Geburt ist.

Oft habe ich sie in Frage gestellt, manchmal sogar verflucht, diese irdische Existenz mit all den körperlich-seelischen Schmerzen, dem Rackern und Plagen, der Dummheit und Gewalt in der Welt.

Da wollte ich nicht sein. An diesem fremden Ort.

Jetzt bedaure ich es, dass ich soviel Zeit mit meinem Hadern verbrachte, auch und gerade weil mir ja vielleicht gar nicht mehr soviel Zeit bleibt, dieses Leben zu genießen.

Heute bin ich in Fühlung mit der Großartigkeit einer, meiner Geburt. Zwar wusste ich, dass wir uns über lange, lange Zeit vorbereiten, hierher zu kommen, ganz gezielt gewählt, diesen Platz, diese Eltern, diese Umstände, diese Wachstumsmöglichkeiten, Aufgaben und auch Beschränkungen. Ich habe mich dennoch oft als Opfer gefühlt.

Jetzt mit dem Abstand und auch mit dem Nachlassen der Qualen und dem weniger Werden der Traumazustände kann ich fühlen, dass Alles gut und richtig ist, was geschah und geschieht.

Dass es mir die Möglichkeit gab, mich durchzuarbeiten durch all die Engstellen, Rohheiten, dem Umwegsamen und Schwierigem – durchzuarbeiten zu mir Selbst.

Zu meinem Selbst.

Das ist ein guter Platz. Eine Ahnung von Frieden spür´ ich da, ein Einverstandensein, auch eine Ruhe, ein Da Sein Können und ein Wahrnehmen dessen, was jetzt unmittelbar da ist.

Eine Einfachheit des Seins.

Und auch wenn es mit der Selbstliebe – was immer damit gemeint ist – noch ein bisschen „hapert“, so wächst allmählich eine Akzeptanz von der, die ich bin.

Gerade im letzten Jahr hat eine große Befreiung aus dem Korsett meiner Identität stattgefunden und damit viele erholsame Momente als Niemand.

Einfach Dinge tun, die ich tun kann, und das sind viele, auch wenn es keine großen Artikel, Vorträge, Interviews waren. Blumen säen, ihnen beim Wachsen zu sehen, Kochen, Backen, viel Stricken und Sticken, Singen, Gehen, Schwimmen, Schreiben, Malen, Sprechen, Menschen unterstützen, Schauen, Essen, Hören und viel Liegen….

Dankbar bin ich heute, dass ich noch immer hier sein darf.

Da sein will.

Dankbar für all das, das dazu beigetragen hat.

Dankbar, dass ich meine AhnInnenlinie als Kraft wahrnehmen kann, die direkt zu mir, zu uns und über mich zu meiner Tochter führt.

Dankbar, dass ich mir den für mich besten aller Orte, dieses Wien – man mag es vielleicht nicht glauben – ausgesucht habe, wo es so viel Schönes gibt.

Dankbar für so Vieles mehr – meinen liebsten Mann, meine schöne, weise Tochter, meine Gaben, die Christengemeinschaft, die mich mit dem Christuslicht und Kraft in Verbindung bringt…..

Dankbar bin ich, dass ich die Verbindung wieder spüren kann.

Dankbar vor allem, dass ich Dankbarkeit fühlen kann.

Überlebt

Zum 2.“Geburtstag“

Zum Schluss gab es noch die Topfenpalatschinken.

Grad serviert, öffnete sich die Krankenzimmertür, und ein bis zur Unkenntlichkeit verkleideter Arzt sagte dieses eine erlösende Wort – „Negativ“.

Fassungslos war ich da.

Nach gefühlt unzähligen Tagen der Enttäuschung, „noch immer positiv“, konnte ich mich plötzlich anziehen und gehen.

Der Krankentransport war im Anmarsch, so musst es schnell gehen.

Gar nicht so einfach, das Bücken, die Schuhe zubinden, die paar Sachen zusammenpacken, mich von der armen alten Frau, die seit Tagen im Nebenbett lag, verabschieden, noch die eine oder andere grausliche Bemerkung einer Krankenschwester hören.

Und dann konnte ich durch die Tür des Zimmers, das für mehrere Tage mein Gefängnis war, nach Draußen treten auf den Gang, wo sie alle standen, plötzlich mit offenem unbedeckten Gesicht – Standing Ovations.

Sie hätten nicht geglaubt, dass ich es überlebe, und sie würden sich sehr freuen.

Erstaunlich.

Gab es doch zwar auch Menschen, die für mich engelsgleich warmherzig und fürsorglich waren. Die Krankenschwester, die sich so dezent um intime Notwendigkeiten kümmerte, mir die verwickelten Haare entknotete, sich beglückt über meine Haarfarbe äußerte, und mir schließlich die Bilder all der Betreuungspersonen zeigte, die ich ja – da vermummt – nie zu Gesicht bekam.

Oder der Oberarzt, der im Gegensatz zu den anderen seiner KollegInnen mich ermutigte, mich lobte, dass ich so gut mitwirken würde, und der mir Hoffnung gab, dass ich bald einmal von der Intensiv- auf die Normalstation wechseln könne. Ich erinnere mich an sein Erstaunen, als ich ihm meinen Dank ausdrückte und ihm sagte, wie wertvoll es sei, so bekräftig zu werden, einfach menschlich. Das sei normal, meinte er nur. Nein, war es leider nicht. Hatte ich es doch vor allem mit der Geringschätzung, der Wut und auch dem Hass, der mir entgegenschlug, zu tun.

Mir, der Ungeimpften, wegen der man diesen Scheißjob – O-Ton des Sanitäters – machen müsse, die, die selber schuld sei, wenn sie jetzt stirbt, die die es sich früher überlegen hätte sollen, die, die halt stirbt, wenn sie die künstliche Beatmung ablehnt.

Es war ein Martyrium.

Nicht nur die Krankheit, deren tödliches Potential ich unterschätzt hatte, sondern und vor allem die Unmenschlichkeit, die mir wederfahren ist.

Und Nein, das war nicht bloß Ausdruck und Ergebnis einer über damals fast 2 Jahre währenden Stressbelastung. Dieser Hass, diese Unerbittlichkeit, die Verachtung, die Härte und die Unbarmherzigkeit ließ mich in die Abgründe menschlicher Seele blicken, und erschütterte mein Vertrauen in die Menschheit und leider auch in das Medizinsystem nachhaltig so sehr, dass ich jetzt 2 Jahre danach, als ich es neuerlich mit einer Viruserkrankung zu tun hatte, genau wusste, ich werde und kann keine Rettung mehr anrufen, um um Hilfe zu bitten.

Zwei Jahre habe ich dem Geschehen in meinen Erzählungen die Spitze genommen, auch weil ich bald merkte, dass die Menschen, auch wenn sie zu meinen FreundInnen zählen, das nicht hören wollten. Kein Eingang, nur Abwehr, ja, aber die Pflegepersonen müsse man auch verstehen, einfach überfordert, fertig, konnten nicht mehr.

Dann war ich schnell einmal still, enttäuscht über das Unverständnis.

Hej, wollte ich sagen, und tat es dann oftmals doch nicht, „Hej, das, was ich und sicher viele andere – als Ungeimpfte – erlitten habe(n), ist eine, wenn auch vielleicht nicht neue, so doch eine andere Dimension.

Da geht es nicht um eine bissl mehr oder weniger grantig, forsch sein, da geht es um einen Verlust an Menschlichkeit, wo selbst einer Sterbenden nicht mit Mitgefühl begegnet wird, sie vielmehr, so sie den Notfallknopf drückt, 4 Stunden warten gelassen wird, und dann ungehalten und schreiend ins Zimmer gestürmt wird, erzürnt über die Störung.

Kein Gruß, keine Frage, nur spürbare Ablehnung.

Ich war kein Mensch mehr, sondern nur mehr eine Ungeimpfte. So habe ich das empfunden.

Und sie – die Ungeimpften – sind an allem schuld – das war common sense.

Das war der Boden, auf dem all die Ungeheuerlichkeiten stattfanden.

Das Alles – die Betretungsverbote, der Ausschluss eines Drittels der Menschen von wichtigen Lebensbereichen, die Diskriminierung, das Mobbing, der Verlust des Arbeitsplatzes, die Überlegungen, Ungeimpfte überhaupt von der medizinischen Versorgung auszuschließen, ihnen keinen Intensivplatz zuzugestehen, all das konkretisierte sich in meiner Erfahrung im Krankenhaus.

The „Body keeps the Score“ heißt ein Standardwerk des Traumaforschers Bessel van der Kolk.

Ich kann mittlerweile meine Wunden versorgen, aber – und das habe ich auch dieses Jahr neuerlich gemerkt, mein Körper weiß darum. Spürbar.

Und vielleicht ist das ja auch gut so.

Heute vor 2 Jahren bin ich entlassen – Sic! – worden.

Es war der schönste Tag in meinem Leben, auch wenn ich mich das kaum zu sagen traue, gab es doch auch die Geburt meiner Tochter, Hochzeitstage, meine Promotion, und noch so einige andere Hoch-Zeiten.

Jedoch dieser eine – der 1.12.2021 war der Allerschönste.

Ent-lassen.

Ent-kommen.

In die Arme meiner Liebsten, keine Gefahr mehr, keine Über-Macht, keine Schmerzen.

Nur Liebe, Geborgenheit und Sicherheit.

Darüber und über die Erkenntnis, wie kostbar das Leben an sich ist – ganz ohne Zutat – bin ich zutiefst dankbar.

Aller Seelen

Gewidmet meinen lieben Krebsschwestern im Himmel

„In die rosarote Landschaft des Brustkrebsbewusstseins wird regelmäßig nur eine Art von Menschen, die Brustkrebs hatten, zugelassen: die Überlebenden.“ sagt in etwas provokanter Weise Anne Boyer in ihrem spannenden Buch „Die Unsterblichen – Krankheit Körper Kapitalismus“

So will ich heute all denen eine Stimme geben, die den Kampf gegen den Krebs, so wie man sagt, verloren hätten.

In dem Moment, wo sie ihr irdisches Dasein beenden, verstummen sie.

Vielmehr wollen wir sie nicht mehr sehen, aus unserer Wahrnehmung schließen wir sie aus, wollen uns nämlich nicht an das vermeintliche Scheitern erinnern, das uns schmerzlich an unser Eigenes denken lässt.

Da halten wir uns lieber an jene, die auch den unheilbarsten Krebs besiegt haben.

Sie sind unsere Heldinnen, unsere Vorbilder.

Sie haben es geschafft.

Sie leben.

Aber – so frage ich mich – sind sie deshalb geheilt?

Und was ist das eigentlich Ge-heilt-Sein?

Ist das Überleben, das Hier-Bleiben auf der Erde ein Zeichen, dass wir heil sind?

Oder gibt es nicht auch eine Heilung, die trotz des leiblichen Ablebens stattfinden kann?

Ein Heilsein, das sich vielleicht nicht an den Jahren des Überlebens, an den medizinischen Werten, am Rückgang des Tumorgeschehens bemisst, sondern in einem nur zu erahnenden Seelen-Heil, einem Frieden, einer Läuterung.

So denke ich heute an Elsa, die mir kurz vor ihrem Tod eine Stunde vollkommenen Friedens, Heil-Seins schenkte.

Kein Konflikt mehr, keine Angst, kein Widerspruch, erlöst von Kämpfen und einem Dagegen.

Da gab es keinen Unterschied mehr zwischen dem so ersehnten nachtodlichen Frieden und dem Jetzt.

Still war es – überirdisch still.

Ich denke auch an Gunda, die so ganz bewusst war über ihr bevorstehendes Sterben und eines Tages – 2 Monate vor ihrem Tod – auf meine Frage, worum es heute in unserer Stunde gehen könnte, meinte, um ihr Sterben und der Bitte, dass ich sie begleiten möge. Welch´ ein – hin und wieder durchaus herausforderndes – Geschenk.

Auf einer bewussten Ebene war sie einverstanden, sagte Ja zu ihrem jungen Sterben. Vorbildhaft regelte sie ihre Angelegenheiten, versöhnte sich, wo Versöhnung nötig war, plante minutiös ihr Begräbnis, sah dem Tod in die Augen, und dann wehrte sich ihr junger Körper, allem Sterben-Üben zum Trotz, stemmte sich, wie wenn sie eine Türe zum Öffnen zuhalten würde.

Sie starb – an meinem Geburtstag vor vielen Jahren, und dann kamen wir alle wieder zusammen, wie wir das in den letzten Wochen ihres Lebens immer wieder getan hatten.

Da lag sie, den von ihr gewählten Lippenstift aufgetragen von uns, den ihr nächsten Frauen, gewandet in ein Designerkleid – auch das sorgfältig gewählt.

An den Füßen kuschelige Socken, nicht mehr gebraucht, aber gewollt. Da lag sie dann und war überirdisch schön, eine Schönheit, die ihre weltliche noch übertraf.

Ich denke auch an Ramona, die Tapfere, die ihren Weg ging, im wahrsten Sinne das Wortes – nicht einmal verschob sie ihren Chemotermin, um den Jakobsweg zu gehen.

Sie nahm Alles in Kauf – den Haarverlust, – geh´, da gibt es echt Wichtigeres – die Schmerzen und die Eingriffe.

Sie trotzte dem Tod über viele Jahre. Von vielen wurde sie deshalb bewundert, und dann starb sie doch –  im Kreise fürsorglicher Frauen. Kein Gehen mehr, nicht mal ein Aufstehen – Hingabe statt Entgegentreten war angesagt. Das war schwer.

Sie und alle anderen, die in die andere Welt gegangen sind, haben es gemacht, wie sie es gemacht haben.

Und ich kann mit einem wertfreien Blick sehen, dass dieser je eigene Weg ein genau richtiger war, und dieser je eigene Krebsweg – immer –  einem Gesamtkunstwerk gleicht.

Dann entspannt sich etwas in mir, und bei allem persönlichen Verlust und Bedauern kann ich die Schönheit darin sehen.

Wie tröstlich zu wissen, dass, wie schmerzlich der Weg auch war, er ein von ihnen auf der Seelenebene getroffener war.

Eine Wahl genau dieses Schicksals, mit allem Drum und Dran, dem Leichten und vielem Schweren.

Wie tröstlich auch, dass sie noch immer da sind. Befreit von menschlichem Wollen können sie uns unterstützen, mit uns sein, uns bezeugen, wahr-nehmen, lieben, weil sie der Erdenschwere enthoben sind und frei.

Wie tröstlich auch, dass das Leben weitergeht, immer weiter und weiter, dass nichts zu Ende ist, niemals.

Dieses Wissen hochzuhalten und sich gleichzeitig der Endlichkeit bewusst zu sein, zu wissen, dass jeder Moment der Letzte sein kann, dass alles, was wir tun, vielleicht das Letzte ist, das wir tun können – hier auf der Erde, ermöglicht mir, mich nicht nur um die Erhaltung meiner leiblichen Existenz zu bemühen, sondern darum, meine Seelen-Bedürfnisse zu entdecken und ihnen gerecht zu werden, auch das nicht einem Bild gehorchend, sondern darin meinen ureigensten Klang, meine Tönung wahrzunehmen, die ich – und nur ich – hier in dieser Inkarnation dem Ganzen hinzufüge.

Es heißt ja immer „Ruhe in Frieden“. In dem oben gesagten Sinne wäre „Wirke in Frieden“ – wo immer Du bist – inkarniert oder gerade nicht inkarniert, der stimmigere Aufruf.

P.S. Zwei Bücher möchte ich noch empfehlen, die mich in dem Vertrauen bestärkt haben, dass die geistige Welt immer (für uns) da ist, und das Leben (auf verschiedenen Ebenen) immer weiter lebt:

Das Erste ist von Bruno Bitterli-Fürst und heißt „Tod und Leben. Mit Betrachtungen aus dem Jenseits von Elisabeth Kübler-Ross.“ In diesem schönen Büchlein meldet sich immer wieder Elisabeth Kübler-Ross, die legendäre Begleiterin von Sterbenden zu Wort und was sie da vermittelt ist unglaublich schön und ein wahrer Trost.

Ich könnte nahezu das ganze Buch zitieren, so viel Erhebendes, Inspirierendes, Tröstliches ist darin zu lesen.

Ich wähle einen Abschnitt, der für mich gerade in der jetzigen Zeitqualität von Bedeutung ist:

„Wir sind uns meistens bewusst, dass wir das, was ist, nicht wirklich verändern können. Aber wir können die Liebe, die in uns wohnt, mit den Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, zum Ausdruck bringen. Gerade jetzt bin ich nicht die Einzige, die Worte zu Bruno spricht. Ich bin mit vier anderen Wesen anwesend. Ich kann euch sagen, dass es sehr beflügelnd ist, die eigene Individualität aufzugeben, um eine Wesen zu kreieren, das aus fünf Einzelwesen besteht. Und dann, wenn dieser Fünfer Tanz zu Ende getanzt ist, lösen wir den Verbund und lassen uns weiter von der Welle der Liebe ins nächste Abenteuer führen. Dann kann es geschehen, dass ich eure feinen Körper zusammenschliessen und aus diesem Zusammenschluss etwas gänzlich Neues entsteht. Etwas, das jemand alleine nicht hätte erschaffen können; etwas Einzigartiges, das durch die Anwesenheit exakt dieser Beteiligten möglich wurde.“

Auch das zweite Buch mit dem Titel „Menschsein im Jetzt“ ist ein wahrer Schatz.

Hier hat Ana Pogacnik Gespräche mit der Seele ihrer verstorbenen Schwester Ajra geführt. Ich habe fast das ganze Buch unterstrichen, und ich könnte viel Wertvolles zitieren.

Ich habe einen Absatz gewählt, weil in ihm die ewige Natur der Seele betont wird. Das ist gerade in einer (medizinischen) Welt, die das irdische Weiterleben, so finde ich, überbetont sehr wesentlich und darüber hinaus auch beruhigend.

„Wenn wir die zyklische und ewige Natur der Seele kennen und wissen, dass wir als Seelen gerade deswegen durch verschiedene Inkarnationen reisen, um zu lernen, zu üben, zu heilen und zu wandeln, dann verstehen wir auch, dass die Seele immer wieder durch Nadelöhrsituationen hindurch gehen muss, um sich tiefer zu reinigen, noch gründlicher mit sich selbst zu konfrontieren, noch deutlicher ihr eigenes Sein zu begreifen, noch klarer herauszuschälen, worum es im Leben eigentlich geht und so noch konkreter im Leben zu landen.“

Die Hierarchie der Wichtigkeiten

Jetzt hab´ ich schon 10 Tage mein Yoga nicht gemacht – tututu!

Kann mir nicht auf die Schulter klopfen, und vor allem befriedigt in den Tag gehen.

Auch Schreiben, also richtig schrieben tu´ ich weniger, schon gar nicht verfasse ich einen Blogbeitrag.

Mach´ bloß meine Atemübungen, dann kalt duschen und schon sitze ich an der Steuer, wie immer trotz aller Vorsätze Ende des darauf folgenden Jahres – und das ist eh´ schon früh für mich.

Da eine nicht bezahlte Honorarnote, dort eine nicht nachvollziehbare Überweisung. Stunden um Stunden wühle ich mich durch Zettelberge, nein, auch diese habe ich nicht kopiert, und teilweise sind die Zahlen auf dem Thermopapier bereits verblasst.

Das muss ich durch.

Den Widerstand rausnehmen, mich nicht damit belasten, dass es echt Wichtigeres gäbe – zum Beispiel geistige Arbeit, studieren, lesen, schreiben…

Mich einfach einlassen damit – mich freuen über jede Zahl, die auch noch beim zweiten Mal des Zusammenzählens (mit dem von der Steuerberaterin vorgeschlagenen Kontenrechner, oder wie das heißt, komme ich nämlich auch nicht zurecht, obwohl mir alle sagen, dass es sooo einfach sei) – also mich freuen über jede Zahl, die auch noch beim zweiten Mal des Zusammenzählens dieselbe ist – tippsel, tippsel…

Langsam entsteht eine Ordnung und mit der Ordnung wird es still.

Nur das tun.

Jetzt.

Und dann nur noch 2 Monate warten. Aufgewärmt von diesem Mal geh´ ich dann nämlich ganz bestimmt die 2023 Steuer an.

Vielleicht ?!?

Oder doch nicht.

Dann werde ich wieder vor den ungeordneten Belegen sitzen, mich ärgern, dass ich es nicht früher geordnet habe, mich hinsetzen, weil die Deadline naht, werde mich sträuben, ärgern, grantig sein, gereizt, irgendwann die Zeit um mich vergessen, eintauchen, es wieder näher besehen nicht so schrecklich finden, diese ordentliche Arbeit und dann…..

Ein Brüste-Liebhab-Rezept

Zeit meines Lebens als Frau hab´ ich es schwer gehabt mit meinen Brüsten, hab´ sie nur schwer annehmen können, nicht weil sie nicht schön waren, sondern weil sie mich zu sehr exponiert, zu sehr ausgesetzt haben – den begehrlichen Blicken, den An-Griffen.

Dann bei meiner dritten Brustkrebsdiagnose, habe ich entschieden, mich von ihnen zu trennen, sie mir abnehmen zu lassen.

Auch wenn ich es nicht bereue, denke ich, dass es einen Weg gibt, sie zu heil-igen und damit dem Krebs vorzubeugen, beziehungsweise ihn wieder auszuladen, wenn er schon zu Dir gekommen ist.

Deshalb mein heutiges Busen-Liebhab–Rezept mit 6 Zutaten für ein heilsames Leben mit unseren Brüsten (besonders für Frauen, die wie ich eine schwierige Beziehung zu ihren Brüsten haben):  

  1. Geh´ mit Deinen Brüsten in Kontakt – schau´ sie an, berühre sie, streichle sie, verwöhne sie mit einem duftenden Balsam, einem Puder.

Sprich mit ihnen – frag´ sie, was sie brauchen.

Frag´ sie nach ihrem Glück und ihrem Leid, ihrer Geschichte,

Freunde Dich mit ihnen an – Tag für Tag.

  • Gib´ ihnen Halt durch Deine Hände – halte sie hoch, trage sie.

Unterstütze sie – vor allem wenn sie größer sind – mit einem angenehmen, bügellosen BH, in schönen Farben, einem anschmiegsamen Natur-Stoff, wo nichts drückt und schneidet. Das nimmt Dir und ihnen die Last ab, und sie können dadurch einfach sein und sich vertrauensvoll hingeben an den äußeren Halt, umschmiegt von einem zarten, wohligen Stoff.

 Mit Schönheit gewürdigt.

  • Sei in Fühlung mit Deinen Brüsten, kehre die innere Bewegung vom energetischen Rückzug zur Präsenz um.

Da bin ich  –  ganz so, wie ich bin – eine wunderschöne Frau mit zwei schönen Brüsten.

  • Brüste wollen keinen Hormon Überschuss. Deshalb reduziere Produkte von Tieren (aus Hochzuchtsanstalten), die ja alle vollgepumpt sind davon.

Bevorzuge Gemüse, viel Grün, viel Erdnahes wie Wurzelgemüse und Vollkorngetreide wie Hirse, Reis, Quinoa, … Das stärkt die Mitte und fördert, so es basisch ist, die Abwärtsbewegung im Körper. Dann kann sich Dein Körper entspannen.

  • Entspanne Dich, leg´ Dich hin, die Hände auf die Brust gelegt, bergend, summe vor Dich hin, wie eine Mama, die ihr Kind beruhigt.
  • Lasse die Nacht Nacht sein, verdunkle Dein Zimmer. Vertiefe Dich aber auch immer wieder in das Dunkel Deiner Seele, in Deine Wildheit, in das Abgründige. Verweigere Dich dem Mainstream, dass es vor allem darum geht, im Scheinwerferlicht, im Außen zu sein.

  • Sticke, stricke, töpfere, bereite Deine Nahrung selbst zu. Das stärkt die Hestia, die Göttin des Herdes, die so ganz mit sich zufrieden, sich ausschließlich dem Innen-Sein widmet.

Noch mehr Zutaten findest Du im wunderbaren Buch: Brustgesundheit – Brustkrebs von Susun Weed. https://krebscoaching.org/buchempfehlungen/bucher/ Hier finden sich auch immer wieder sehr berührende gechannelte Texte, in denen die GroßMütter sprechen.

Zum Beispiel 2 für mich sehr berührende Stellen:

„Wir sind die Alten GroßMütter. Wir sprechen für die Dunkelheit. Wir sprechen für das Chaos. Wir sprechen für den weiten Spielraum, die Kanten. Wir sind hier, um dir zu helfen, deiner leidenschaftlichen, wilden, exzentrischen Natur zuzuhören. Um dir zu helfen, deine Dunkelheit, deine Lockerheit, deine Zeitlosigkeit, deine ungeformten Kanten zu nähren.“

„Die Kraft unserer Brüste ist die Kraft jeder Frau. So wie unsere Brüste Leben bedeuten, so bedeutet die Brust einer jeden Frau Leben. Auch du, EnkelTochter: Deiner Brüste-Kraft ist die Kraft des Lebens. Deine Brüste sind heilig.“

Das Leben – ein Wunder

„Become aware of the blood running through your veins. Your heart beating.

Feel!”

Ein kleiner Satz, gesprochen von Wim Hof in einer seiner geführten Atemübungen, hat mich berührt und aufgeweckt.

Vielleicht, so denke ich, hatte ich zum 1. Mal einen wirklich spürbaren Kontakt zu dem Wunder-Werk meines Körpers.

Sekunde für Sekunde greifen Prozesse ineinander, werden Substanzen verdaut, zerlegt, an den richtigen Ort gebracht, Enzyme zur Verfügung gestellt, Atem in Energie verwandelt, Zellen wachsen und sterben gelassen.

Der Körper atmet, er baut auf und ab, und alles in vollkommener Abstimmung.

Er kümmert sich um Wunden und dann auch um die Narben.

Und er heilt und heilt und heilt.

Wie von selbst, ohne mein bewusstes Zutun, tut er das Alles für mich – mein lieber Körper.

Heute vor 36 Jahren hat sich ein großes Wunder ereignet.

Meine Tochter kam zur Welt.

Zuhause im Dachgeschoß unserer Wohnung, ohne medizinische Eingriffe, ganz einfach bahnte sich ihr durchsetzungskräftiges Köpfchen seinen Weg in die Welt.

Dann war sie da, an einem dieser sonnigen Frühherbsttage wie heute.

Ein vollständiger Mensch.

Schon atmete sie, schon schaute sie, schon trank sie die von meiner Brust zur Verfügung gestellte Milch – auch so ein Wunder!

Schon schlief sie, schon schrie sie, schon musste ich Windeln wechseln und schon wuchs sie.

Von Tag zu Tag mehr, bis sie saß, stand und mir in die Arme lief, zu plappern begann, genau wusste, was sie essen – eine Zeitlang nur Erbsen und danach ein Schoko-Eis und trinken – ausschließlich Wasser – wollte.

Bald war er da der erste Schultag. Sie wurde zur Frau, zur Erwachsenen mit allem was dazu gehört, zog in die Welt und ist zu einer wunderschönen, weisen, jungen Frau herangewachsen.

Und auch das ist ein Wunder – sie zu sehen, in dem, wo sie uns ähnelt und in ihrem doch so ganz Eigenen, Neuen, Anderen.

Ein Wunder das Alles, ein Wunder, an das mein Verstand nicht heranreicht.

So lass´ ich lieber meinen verehrten Rilke sprechen.

Mandelbäume in Blüte

                                                                        Die Mandelbäume in Blüte: alles, was wir hier

                                                                       leisten können, ist sich ohne Rest erkennen in der irdischen Erscheinung.

Unendlich staun ich euch an, ihr Seligen, euer Benehmen,

wir ihr die schwindliche Zier traget in ewigem Sinn.

Ach wers verstünde zu blühn: dem wär das Herz

                                                                       über alle

schwachen Gefahren hinaus und in der großen getrost.

Happy Birthday liebste Lisa1

NEU erlich

Eigentlich ist es einfach.

Vorgestern noch spürte ich eine Stagnation, sprach von der Fadesse, die mich in den letzten Wochen/Monaten einnahm, fühlte mich schlecht, weil ich mich nicht an den verkündeten Flow der Neuerschaffung anschließen konnte.

Und dann drückte ich genau dies aus, ich outete mich in meiner vermeintlichen Erfolg-losigkeit. https://krebscoaching.org/2023/08/03/neu/

Und dann folgte ich einem Impuls – die überreifen Bananen zu Heidelbeermuffins zu ver-Wert-en.

Dann stellte ich meinen Text online, und einige Menschen fühlten sich verstanden, gesehen in dem, womit auch sie es zu tun haben – mit der Schwäche, dem Mangel an Inspiration und dem Fehlen einer Zuversicht, dass sich dieser Zustand je ändern könnte.

All das zog den Stoppel aus meinem Seelengefäß.

Und schon entstanden Ideen über weitere Texte, Unternehmungen, Kreationen.

Und hier mein heutiges 5.8.2023 Rezept, diesmal aus meinem persönlichen Lebenserfahrungskochbuch:

  • Bewusstheit: Sei Dir bewusst über all die Zutaten, die gerade „Zuhause“ sind. Wenn es an exotischen Zutaten für ein Rezept aus einem großartigen Rezept-Buch mangelt, greife auf jene zurück, die Dir gerade zur Verfügung stehen – wie ein Zen Koch, der mit jenen Zutaten arbeitet, die gerade da sind und sei es auch nur ein einfacher Reis.

Wisse, dass es immer (viele), jedenfalls genügend Zutaten gibt – und dazu zählen neben der Freude, der Begeisterung auch das Leid, die Ruhelosigkeit, der Zweifel, die Angst, die Ratlosigkeit….

Aber auch Deine Beweglichkeit – dass Du Deine Hände und Füße nützen kannst, um die Wohnung zu reinigen, ein paar Schritte zu tun, zu stricken, zu lesen, zu schreiben, zu sprechen, zu backen, zu kochen, die Rosen zu schneiden, eine Pflanze umzutopfen, Marmelade zu machen, eine Radiosendung nachzuhören….

  • Ausdruck: Drücke Dich aus in dem, was für Dich wahr ist. Bewege Dich raus aus dem verschämten Eck des Anders-Seins und Nicht-Entsprechens.
  • Großzügiges Teilen: Lade Menschen ein. Es werden die kommen, die sich vom Geruch Deines Mahles angezogen fühlen, und Ihr freut Euch gemeinsam daran.

Und schon bist Du nicht mehr allein.

  • Genieße, was Du kreiert hast. Bis zum nächsten Ma(h)l.

P.S. zwei Empfehlungen: Bernhard Glassman: Anweisungen für den Koch.  Ein wahrer Schatz, dieses Buch vom weisen Zen-Buddhisten und Begründer des Zen-Peacemaker-Ordens. https://www.medimops.de/bernard-glassman-anweisungen-fuer-den-koch-taschenbuch-M03442132746.html?variant=UsedAcceptable&creative=&sitelink=&gclid=CjwKCAjw5remBhBiEiwAxL2M969CK515eJKkbQDTn3_nqfmhuyGo6orm3uM3rpdQz2VwWysRqrYPVhoC5s8QAvD_BwE

                                              Meine Freundin Manou Gardner verfasst täglich sehr kluge Beiträge für ein seelengerechtes Leben. Gestern über den Zweifel:  https://manougardner.com/2023/08/04/zweifel-an-dir-selbst/?fbclid=IwAR2QH1mC8Uc6viiaWifmyoYQEAfGdgy78S7ITTL-QYkPwkhPUG1CaDp6yTw

Neu

Vielleicht ist es ja ganz anders.

Von überall schallt der Ruf, dass es Zeit für Neues ist, dass wir die große Chance zur Veränderung wahrnehmen sollen.

Jetzt, genau jetzt ist der große Sprung zu wagen.

Etwas Neues, was Eigenes, das Ureigenste gilt es zu finden und zu verwirklichen.

Wer bin ich wirklich, was ist die beste Version meiner Selbst, was gilt es zu tun, was sind meine Gaben für die Welt?

Und ich?

Bin so lahm wie nie zuvor in meinem Leben. Manchmal ist mir sogar so fad, dass ich glaube, an der Fadesse sterben zu müssen.

Da ein kleiner Gedanke, hier eine kleine Inspiration, ein Ent-Wurf, der nie zu einem Wurf wird.

Das ist schwer auszuhalten für mich – Schützisch-Begeisterungs-Suchende, die ich bin.

Nix da.

Das Buch, mein Buch wird nicht geschrieben, das Konzept zu einem Workshop gedeiht nicht zu einer Ausschreibung.

Schau´ staunend all den Tatkräftigen, Veränderungsbereiten zu.

 Und bleib´ am Platz.

Nicht angenehm.

Dann geh´ ich all die Erklärungenswege ab – vielleicht muss ich mich ja noch erholen von den vielen Anstrengungen der letzten Jahre, wahrscheinlich fehlt mir eine Gemeinschaft, habe meine Disziplin verloren, die mir über Jahrzehnte Halt gab, bin einfach zu träge, nicht mutig genug für (gewagte) Schritte…..

Und vielleicht ist es ja ganz anders und das Neue, das wirklich Neue ist ganz anders.

Es bewegt sich in mir, es kreiert sich in mir, unbemerkt wie die Lebendigkeit der Bäume im Winter, die bereits die Blüten und Früchte in sich tragen.

So will ich mich zurücknehmen, Innehalten, Innen Halten und sehen, was ist und wird.

Vielleicht.

Auf jeden Fall ein beruhigender Gedanke.

Weil, so denke ich, das wahrhaft Neue vielleicht gar nicht aus dem Alten entstehen kann, wenngleich es auch das Alte birgt, und weil es ja vielleicht überhaupt gar kein Alt und Neu gibt, wie es keine Vergangenheit und Zukunft gibt.

Und dann steh´ ich auf und mach´ mich dran, die Blaubeermuffins zu backen, die, wenn auch nach einem oft verwendeten Rezept ganz neu und einmalig sein werden.

Die einzigartigen 3.8.2023 Blaubeermuffins!

Und hier noch das Rezept: Aus dem Buch „einfach vegan. Die süße Küche“ von Roland Rauter.

3 reife Bananen

280 g helles Weizenmehl

150 g Blaubeeren

90g Zucker

80ml Backöl

30 g Maisstärke

7 g Weinsteinbackpulver

5g Natron

1 TL Zitronensaft

½ TL Vanillepulver

Abgeriebene Schale einer Zitrone

1 Prise Salz.

Zubereitung:

Vom Zucker 1 EL abnehmen und mit den Blaubeeren mischen.

Geschälte Bananen mit Zitronensaft, Zitronenschale und Zucker zerdrücken, Öll dazugeben und mit dem Mixer schaumig aufschlagen.

Mehl mit Maisstärke, Backpulver, Natron, Vanillepulver und Salz mischen und unter die Bananen rühren.

Die Blaubeeren vorsichtig unser die Muffinmasse heben. Ein Muffinblech mit Papierförmchen auslegen und die Masse einfüllen. Muffins im vorgeheizten Ofen bei 190 Grad Celsius 20-25 Minuten backen und dann auskühlen lassen.

Man kann dann noch ein Topping machen: Mit 200ml veganer Schlagcreme, 150 g Vanillepudding, 100 g Blaubeeren, 1 El Apfelsüße.

Für die Creme Blaubeeren mit Vanillepudding und Apfelsüße mit dem Stabmixer pürieren, Die Schlagcreme aufschlagen und unter die Puddingcreme heben. Die Creme mithilfe eines Spitzbeutels auf die Muffins dressieren.

Die Krebsbegleitung als spiritueller Weg

Angeregt durch ein Gespräch in meinem kleinen, feinen KrebsbegleiterInnenkreis, habe ich mir Gedanken gemacht, was eine Begleitung, die auch die Spiritualität (was immer das genau ist) einbezieht, auszeichnen könnte.

Die folgenden Punkte sind ungeordnet und sicher nicht vollständig:

  • Ein Abstandnehmen können von den eigenen (angstbesetzten) Konzepten über die Krebserkrankung und darüber, was richtig und falsch ist, zu tun.
  • Um die Schicksalshaftigkeit jeden Weges zu wissen.
  • Zu wissen, dass das Leben mit dem Tod nicht endet.
  • Zu wissen, dass es um den Weg geht, der immer in sich richtig ist und heilsam wird, wenn er bewusst beschritten wird – egal wie er aussieht (!?!)
  • Zu wissen, dass der (Heil-)Weg zu allererst ein Prozess ist, mit der je eigenen, individuell unterschiedlichen Zeit.
  • Ahnend zu wissen, dass die Krankheit im Verständnis von Viktor von Weizsäcker eine, wenn auch vielleicht unzureichend gebliebene „Schöpfungstat“ ist. Dass ihr also ein finaler Sinn innewohnt.
  • Zu wissen, dass es verschiedene Ebenen des Seins gibt – eine non duale, eine duale, eine Ebene des Körpers, der Seele, des Geistes,….., und dass diese Ebenen oftmals eine eigene Berücksichtigung brauchen.
  • Zu wissen, dass immer die Liebe das heilsame Agens in der Begegnung zwischen dem/der BegleiterIn und dem krebskranken Menschen ist. Und da meine ich jetzt nicht eine kitschig-sentimentale Zuneigung, sondern eine Liebe, die den anderen in seinem So- und Angelegtsein wahrnimmt und herzlich schätzt.
  • Zu wissen, dass es ein großes Geschenk ist, jemanden begleiten zu dürfen, der mit der Herausforderung einer Krebserkrankung zu leben hat.
  • Zu wissen, dass es im Beschreiten der Wege, sei es die Ernährung, die Bewegung, die Lebensveränderung… eine Haltung der Selbstfürsorge und Selbstliebe und eine innere Bejahung braucht, damit sie eine wahrhaft heilsame Wirkung entfalten können.
  • Zu wissen, dass neben unserem eigenen Beitrag, dem Machbaren immer auch Gnade waltet.
  • Zu wissen, dass die genaue Wahrnehmung dessen, was jetzt richtig und stimmig ist, Alles verändern kann.
  • Zu wissen, dass eine radikale Wendung immer möglich ist.
  • Zu wissen, dass das Leben größer ist, viiiiel größer als unsere irdische Existenz.
  • Zu wissen, dass es viele nicht sichtbare Kräfte gibt, die für uns sorgen und da sind.
  • Zu wissen, dass Alles gut ist.

Sowieso und immer.

Silberhochzeit – 25 Jahre Leben mit Krebs

Heute vor 25 Jahren an einem strahlenden Maitag fand meine 1. Krebsoperation statt – an unserem Hochzeitstag, bewusst gewählt, mein lieber Mann an meiner Seite.

Still war es und groß.

Es sollten noch 3 weitere folgen –  eine links, eine beidseits, und dann noch eine links.

Dann vor einem Jahr wollte ich nicht mehr. Keine Biopsie des verdächtigen Rundherds in der Lunge, schon gar keine Operation.

Jupiter, so wie ich den Herd nannte, will bleiben.

Von außen betrachtet ist die Bilanz keine Heldinnengeschichte – keine Spontanheilung, kein heroischer Verzicht auf schulmedizinische Behandlungen, keine radikalen Veränderungen, hab´ meinen Mann nicht verlassen, den Beruf nicht gewechselt, ja nicht mal aus Wien bin ich dauerhaft rausgekommen.

„Habe ich genug getan?“, fragt Gunnar Kaiser in seinem berührenden youtube Beitrag anlässlich einer kurzen Überlebensprognose.

Wahrscheinlich nicht, denke ich, wahrscheinlich habe ich nicht genug getan.

Auch wenn ich über Jahre, Jahrzehnte höchst diszipliniert war, tägliches Meditieren, Yoga, ayurvedische Ernährung, Sport, …, ist da etwas in mir, was sich (noch immer) nicht heil anfühlt.

Wenn ich nicht aufpasse, breche ich sogar jenen Schwur, den ich, vom Tod bedroht, vor 1 ½ Jahren auf der Intensivstation getroffen habe ,– dass ich das Leben Wollen hoch halte und niemals mehr in Frage stelle.

Wenn ich dann jedoch meine „Zustände“ habe, der Körper tobt, der Geist rast, der Abgrund nah ist, ich mich ausgeliefert fühle, es trotz all meiner Fachkompetenz und meiner vielen Tools nicht abstellen kann, ja vielleicht nicht mal will, weil der Sog zu groß ist.

Dann will ich raus, raus aus dem Körper, diesem Unwohlort, hin an einen Platz, wo es still und friedlich ist, der Tod als Sehnsuchtsort.

Keine gute Prognose für ein krebsfreies, gesundes Leben.

Und dann ist da auch die Scham, darüber, dass ich es nicht „schaffe“, was auch immer da zu schaffen wäre.

Und ich höre und lese von all den wahren Heldinnen, die seit Jahrzehnten stabil gesund, krebsfrei und glücklich leben.

Das macht es nicht besser.

Ich ziehe mich beschämt zurück, verstumme.

Und leide.

Mal mehr, mal weniger.

Ja so ist es.

Heute ist es leichter, heute an unserem 33. Hochzeitstag.

Kann die Dankbarkeit fühlen über den Himmel, den Zipfel des Lindenbaums vor dem Fenster, diese riesige Baum Göttin, die unsere Nachbarn nicht gefällt haben, trotz all der Arbeit, die sie öfter mal beklagen.

Bin dankbar, dass wir gleich in unser Häuschen an der Donau fahren, mit den vielen Rosen, die vielleicht noch rechtzeitig vor unserer Abreise nach Montreal erblühen werden.

Bin dankbar über unsere Tochter, diese schöne, weise, junge Frau.

Und über meinen Mann, diesen wunderbaren Wegbegleiter, der seit 42 Jahren in meinem Leben ist, den Liebenden, den besten aller Ärzte, der mir Rilke, Monteverdi, und das Streichquintett von Schubert nahe gebracht hat, der mir Liederzyklen singt, mit dem ich Wahrnehmungen über die Welt und die Menschen teilen kann, der mir vom Himmel als mein Lebensmensch geschenkt wurde, und der mich durch alles durch liebt, auch wenn es wahrlich oft nicht leicht ist.

Welch´ ein Geschenk.

Für all das und noch mehr kann ich heute dankbar sein.

Auch darüber, dass mich mein Leid zu einer Anwältin für Leidende gemacht hat, dass ich sie wahrnehmen kann in der Änderungsresistenz, im Drinhängen, in der Todessehnsucht und darin, dass sie wie ich den Glücksanforderungen, dem Selbstoptimierungszwang nicht gehorchen können, vielleicht auch nicht wollen.

Und dann bin ich dankbar, wenn ich wie kürzlich Sätze wie die von Gabor Maté finden kann.

„Drop the shame and look at the context.

It´s not your fault.

Work on developing that compassion of yourself….”

Heute ist es gut.

Jetzt ist es gut.

Welche Gnade.

Oder um es mit meinem lieben Rilke zu sagen:

Ich lebe mein Leben in wachsendem Ringen,

die sich über die Dinge ziehn.

Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,

aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,

und ich kreise jahrtausendelang;

Und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm

oder ein großer Gesang.