Geboren Werden

Das haben wir uns gut ausgesucht – meine Zwillingsschwester und ich – in dieser besonderen Zeit geboren zu werden. 10 Tage vor Weihnachten.

Endlich, nach langer Zeit kann ich sie wieder fühlen, die adventliche Vorfreude, diese Ahnung des Großen. Auch die Jupiter Begeisterung, das Strahlende, Lichtvolle, das diese Zeit auszeichnet.

Endlich kann ich auch wieder fühlen, wie groß das Ereignis einer, meiner Geburt ist.

Oft habe ich sie in Frage gestellt, manchmal sogar verflucht, diese irdische Existenz mit all den körperlich-seelischen Schmerzen, dem Rackern und Plagen, der Dummheit und Gewalt in der Welt.

Da wollte ich nicht sein. An diesem fremden Ort.

Jetzt bedaure ich es, dass ich soviel Zeit mit meinem Hadern verbrachte, auch und gerade weil mir ja vielleicht gar nicht mehr soviel Zeit bleibt, dieses Leben zu genießen.

Heute bin ich in Fühlung mit der Großartigkeit einer, meiner Geburt. Zwar wusste ich, dass wir uns über lange, lange Zeit vorbereiten, hierher zu kommen, ganz gezielt gewählt, diesen Platz, diese Eltern, diese Umstände, diese Wachstumsmöglichkeiten, Aufgaben und auch Beschränkungen. Ich habe mich dennoch oft als Opfer gefühlt.

Jetzt mit dem Abstand und auch mit dem Nachlassen der Qualen und dem weniger Werden der Traumazustände kann ich fühlen, dass Alles gut und richtig ist, was geschah und geschieht.

Dass es mir die Möglichkeit gab, mich durchzuarbeiten durch all die Engstellen, Rohheiten, dem Umwegsamen und Schwierigem – durchzuarbeiten zu mir Selbst.

Zu meinem Selbst.

Das ist ein guter Platz. Eine Ahnung von Frieden spür´ ich da, ein Einverstandensein, auch eine Ruhe, ein Da Sein Können und ein Wahrnehmen dessen, was jetzt unmittelbar da ist.

Eine Einfachheit des Seins.

Und auch wenn es mit der Selbstliebe – was immer damit gemeint ist – noch ein bisschen „hapert“, so wächst allmählich eine Akzeptanz von der, die ich bin.

Gerade im letzten Jahr hat eine große Befreiung aus dem Korsett meiner Identität stattgefunden und damit viele erholsame Momente als Niemand.

Einfach Dinge tun, die ich tun kann, und das sind viele, auch wenn es keine großen Artikel, Vorträge, Interviews waren. Blumen säen, ihnen beim Wachsen zu sehen, Kochen, Backen, viel Stricken und Sticken, Singen, Gehen, Schwimmen, Schreiben, Malen, Sprechen, Menschen unterstützen, Schauen, Essen, Hören und viel Liegen….

Dankbar bin ich heute, dass ich noch immer hier sein darf.

Da sein will.

Dankbar für all das, das dazu beigetragen hat.

Dankbar, dass ich meine AhnInnenlinie als Kraft wahrnehmen kann, die direkt zu mir, zu uns und über mich zu meiner Tochter führt.

Dankbar, dass ich mir den für mich besten aller Orte, dieses Wien – man mag es vielleicht nicht glauben – ausgesucht habe, wo es so viel Schönes gibt.

Dankbar für so Vieles mehr – meinen liebsten Mann, meine schöne, weise Tochter, meine Gaben, die Christengemeinschaft, die mich mit dem Christuslicht und Kraft in Verbindung bringt…..

Dankbar bin ich, dass ich die Verbindung wieder spüren kann.

Dankbar vor allem, dass ich Dankbarkeit fühlen kann.

Überlebt

Zum 2.“Geburtstag“

Zum Schluss gab es noch die Topfenpalatschinken.

Grad serviert, öffnete sich die Krankenzimmertür, und ein bis zur Unkenntlichkeit verkleideter Arzt sagte dieses eine erlösende Wort – „Negativ“.

Fassungslos war ich da.

Nach gefühlt unzähligen Tagen der Enttäuschung, „noch immer positiv“, konnte ich mich plötzlich anziehen und gehen.

Der Krankentransport war im Anmarsch, so musst es schnell gehen.

Gar nicht so einfach, das Bücken, die Schuhe zubinden, die paar Sachen zusammenpacken, mich von der armen alten Frau, die seit Tagen im Nebenbett lag, verabschieden, noch die eine oder andere grausliche Bemerkung einer Krankenschwester hören.

Und dann konnte ich durch die Tür des Zimmers, das für mehrere Tage mein Gefängnis war, nach Draußen treten auf den Gang, wo sie alle standen, plötzlich mit offenem unbedeckten Gesicht – Standing Ovations.

Sie hätten nicht geglaubt, dass ich es überlebe, und sie würden sich sehr freuen.

Erstaunlich.

Gab es doch zwar auch Menschen, die für mich engelsgleich warmherzig und fürsorglich waren. Die Krankenschwester, die sich so dezent um intime Notwendigkeiten kümmerte, mir die verwickelten Haare entknotete, sich beglückt über meine Haarfarbe äußerte, und mir schließlich die Bilder all der Betreuungspersonen zeigte, die ich ja – da vermummt – nie zu Gesicht bekam.

Oder der Oberarzt, der im Gegensatz zu den anderen seiner KollegInnen mich ermutigte, mich lobte, dass ich so gut mitwirken würde, und der mir Hoffnung gab, dass ich bald einmal von der Intensiv- auf die Normalstation wechseln könne. Ich erinnere mich an sein Erstaunen, als ich ihm meinen Dank ausdrückte und ihm sagte, wie wertvoll es sei, so bekräftig zu werden, einfach menschlich. Das sei normal, meinte er nur. Nein, war es leider nicht. Hatte ich es doch vor allem mit der Geringschätzung, der Wut und auch dem Hass, der mir entgegenschlug, zu tun.

Mir, der Ungeimpften, wegen der man diesen Scheißjob – O-Ton des Sanitäters – machen müsse, die, die selber schuld sei, wenn sie jetzt stirbt, die die es sich früher überlegen hätte sollen, die, die halt stirbt, wenn sie die künstliche Beatmung ablehnt.

Es war ein Martyrium.

Nicht nur die Krankheit, deren tödliches Potential ich unterschätzt hatte, sondern und vor allem die Unmenschlichkeit, die mir wederfahren ist.

Und Nein, das war nicht bloß Ausdruck und Ergebnis einer über damals fast 2 Jahre währenden Stressbelastung. Dieser Hass, diese Unerbittlichkeit, die Verachtung, die Härte und die Unbarmherzigkeit ließ mich in die Abgründe menschlicher Seele blicken, und erschütterte mein Vertrauen in die Menschheit und leider auch in das Medizinsystem nachhaltig so sehr, dass ich jetzt 2 Jahre danach, als ich es neuerlich mit einer Viruserkrankung zu tun hatte, genau wusste, ich werde und kann keine Rettung mehr anrufen, um um Hilfe zu bitten.

Zwei Jahre habe ich dem Geschehen in meinen Erzählungen die Spitze genommen, auch weil ich bald merkte, dass die Menschen, auch wenn sie zu meinen FreundInnen zählen, das nicht hören wollten. Kein Eingang, nur Abwehr, ja, aber die Pflegepersonen müsse man auch verstehen, einfach überfordert, fertig, konnten nicht mehr.

Dann war ich schnell einmal still, enttäuscht über das Unverständnis.

Hej, wollte ich sagen, und tat es dann oftmals doch nicht, „Hej, das, was ich und sicher viele andere – als Ungeimpfte – erlitten habe(n), ist eine, wenn auch vielleicht nicht neue, so doch eine andere Dimension.

Da geht es nicht um eine bissl mehr oder weniger grantig, forsch sein, da geht es um einen Verlust an Menschlichkeit, wo selbst einer Sterbenden nicht mit Mitgefühl begegnet wird, sie vielmehr, so sie den Notfallknopf drückt, 4 Stunden warten gelassen wird, und dann ungehalten und schreiend ins Zimmer gestürmt wird, erzürnt über die Störung.

Kein Gruß, keine Frage, nur spürbare Ablehnung.

Ich war kein Mensch mehr, sondern nur mehr eine Ungeimpfte. So habe ich das empfunden.

Und sie – die Ungeimpften – sind an allem schuld – das war common sense.

Das war der Boden, auf dem all die Ungeheuerlichkeiten stattfanden.

Das Alles – die Betretungsverbote, der Ausschluss eines Drittels der Menschen von wichtigen Lebensbereichen, die Diskriminierung, das Mobbing, der Verlust des Arbeitsplatzes, die Überlegungen, Ungeimpfte überhaupt von der medizinischen Versorgung auszuschließen, ihnen keinen Intensivplatz zuzugestehen, all das konkretisierte sich in meiner Erfahrung im Krankenhaus.

The „Body keeps the Score“ heißt ein Standardwerk des Traumaforschers Bessel van der Kolk.

Ich kann mittlerweile meine Wunden versorgen, aber – und das habe ich auch dieses Jahr neuerlich gemerkt, mein Körper weiß darum. Spürbar.

Und vielleicht ist das ja auch gut so.

Heute vor 2 Jahren bin ich entlassen – Sic! – worden.

Es war der schönste Tag in meinem Leben, auch wenn ich mich das kaum zu sagen traue, gab es doch auch die Geburt meiner Tochter, Hochzeitstage, meine Promotion, und noch so einige andere Hoch-Zeiten.

Jedoch dieser eine – der 1.12.2021 war der Allerschönste.

Ent-lassen.

Ent-kommen.

In die Arme meiner Liebsten, keine Gefahr mehr, keine Über-Macht, keine Schmerzen.

Nur Liebe, Geborgenheit und Sicherheit.

Darüber und über die Erkenntnis, wie kostbar das Leben an sich ist – ganz ohne Zutat – bin ich zutiefst dankbar.

Ein Brüste-Liebhab-Rezept

Zeit meines Lebens als Frau hab´ ich es schwer gehabt mit meinen Brüsten, hab´ sie nur schwer annehmen können, nicht weil sie nicht schön waren, sondern weil sie mich zu sehr exponiert, zu sehr ausgesetzt haben – den begehrlichen Blicken, den An-Griffen.

Dann bei meiner dritten Brustkrebsdiagnose, habe ich entschieden, mich von ihnen zu trennen, sie mir abnehmen zu lassen.

Auch wenn ich es nicht bereue, denke ich, dass es einen Weg gibt, sie zu heil-igen und damit dem Krebs vorzubeugen, beziehungsweise ihn wieder auszuladen, wenn er schon zu Dir gekommen ist.

Deshalb mein heutiges Busen-Liebhab–Rezept mit 6 Zutaten für ein heilsames Leben mit unseren Brüsten (besonders für Frauen, die wie ich eine schwierige Beziehung zu ihren Brüsten haben):  

  1. Geh´ mit Deinen Brüsten in Kontakt – schau´ sie an, berühre sie, streichle sie, verwöhne sie mit einem duftenden Balsam, einem Puder.

Sprich mit ihnen – frag´ sie, was sie brauchen.

Frag´ sie nach ihrem Glück und ihrem Leid, ihrer Geschichte,

Freunde Dich mit ihnen an – Tag für Tag.

  • Gib´ ihnen Halt durch Deine Hände – halte sie hoch, trage sie.

Unterstütze sie – vor allem wenn sie größer sind – mit einem angenehmen, bügellosen BH, in schönen Farben, einem anschmiegsamen Natur-Stoff, wo nichts drückt und schneidet. Das nimmt Dir und ihnen die Last ab, und sie können dadurch einfach sein und sich vertrauensvoll hingeben an den äußeren Halt, umschmiegt von einem zarten, wohligen Stoff.

 Mit Schönheit gewürdigt.

  • Sei in Fühlung mit Deinen Brüsten, kehre die innere Bewegung vom energetischen Rückzug zur Präsenz um.

Da bin ich  –  ganz so, wie ich bin – eine wunderschöne Frau mit zwei schönen Brüsten.

  • Brüste wollen keinen Hormon Überschuss. Deshalb reduziere Produkte von Tieren (aus Hochzuchtsanstalten), die ja alle vollgepumpt sind davon.

Bevorzuge Gemüse, viel Grün, viel Erdnahes wie Wurzelgemüse und Vollkorngetreide wie Hirse, Reis, Quinoa, … Das stärkt die Mitte und fördert, so es basisch ist, die Abwärtsbewegung im Körper. Dann kann sich Dein Körper entspannen.

  • Entspanne Dich, leg´ Dich hin, die Hände auf die Brust gelegt, bergend, summe vor Dich hin, wie eine Mama, die ihr Kind beruhigt.
  • Lasse die Nacht Nacht sein, verdunkle Dein Zimmer. Vertiefe Dich aber auch immer wieder in das Dunkel Deiner Seele, in Deine Wildheit, in das Abgründige. Verweigere Dich dem Mainstream, dass es vor allem darum geht, im Scheinwerferlicht, im Außen zu sein.

  • Sticke, stricke, töpfere, bereite Deine Nahrung selbst zu. Das stärkt die Hestia, die Göttin des Herdes, die so ganz mit sich zufrieden, sich ausschließlich dem Innen-Sein widmet.

Noch mehr Zutaten findest Du im wunderbaren Buch: Brustgesundheit – Brustkrebs von Susun Weed. https://krebscoaching.org/buchempfehlungen/bucher/ Hier finden sich auch immer wieder sehr berührende gechannelte Texte, in denen die GroßMütter sprechen.

Zum Beispiel 2 für mich sehr berührende Stellen:

„Wir sind die Alten GroßMütter. Wir sprechen für die Dunkelheit. Wir sprechen für das Chaos. Wir sprechen für den weiten Spielraum, die Kanten. Wir sind hier, um dir zu helfen, deiner leidenschaftlichen, wilden, exzentrischen Natur zuzuhören. Um dir zu helfen, deine Dunkelheit, deine Lockerheit, deine Zeitlosigkeit, deine ungeformten Kanten zu nähren.“

„Die Kraft unserer Brüste ist die Kraft jeder Frau. So wie unsere Brüste Leben bedeuten, so bedeutet die Brust einer jeden Frau Leben. Auch du, EnkelTochter: Deiner Brüste-Kraft ist die Kraft des Lebens. Deine Brüste sind heilig.“

Silberhochzeit – 25 Jahre Leben mit Krebs

Heute vor 25 Jahren an einem strahlenden Maitag fand meine 1. Krebsoperation statt – an unserem Hochzeitstag, bewusst gewählt, mein lieber Mann an meiner Seite.

Still war es und groß.

Es sollten noch 3 weitere folgen –  eine links, eine beidseits, und dann noch eine links.

Dann vor einem Jahr wollte ich nicht mehr. Keine Biopsie des verdächtigen Rundherds in der Lunge, schon gar keine Operation.

Jupiter, so wie ich den Herd nannte, will bleiben.

Von außen betrachtet ist die Bilanz keine Heldinnengeschichte – keine Spontanheilung, kein heroischer Verzicht auf schulmedizinische Behandlungen, keine radikalen Veränderungen, hab´ meinen Mann nicht verlassen, den Beruf nicht gewechselt, ja nicht mal aus Wien bin ich dauerhaft rausgekommen.

„Habe ich genug getan?“, fragt Gunnar Kaiser in seinem berührenden youtube Beitrag anlässlich einer kurzen Überlebensprognose.

Wahrscheinlich nicht, denke ich, wahrscheinlich habe ich nicht genug getan.

Auch wenn ich über Jahre, Jahrzehnte höchst diszipliniert war, tägliches Meditieren, Yoga, ayurvedische Ernährung, Sport, …, ist da etwas in mir, was sich (noch immer) nicht heil anfühlt.

Wenn ich nicht aufpasse, breche ich sogar jenen Schwur, den ich, vom Tod bedroht, vor 1 ½ Jahren auf der Intensivstation getroffen habe ,– dass ich das Leben Wollen hoch halte und niemals mehr in Frage stelle.

Wenn ich dann jedoch meine „Zustände“ habe, der Körper tobt, der Geist rast, der Abgrund nah ist, ich mich ausgeliefert fühle, es trotz all meiner Fachkompetenz und meiner vielen Tools nicht abstellen kann, ja vielleicht nicht mal will, weil der Sog zu groß ist.

Dann will ich raus, raus aus dem Körper, diesem Unwohlort, hin an einen Platz, wo es still und friedlich ist, der Tod als Sehnsuchtsort.

Keine gute Prognose für ein krebsfreies, gesundes Leben.

Und dann ist da auch die Scham, darüber, dass ich es nicht „schaffe“, was auch immer da zu schaffen wäre.

Und ich höre und lese von all den wahren Heldinnen, die seit Jahrzehnten stabil gesund, krebsfrei und glücklich leben.

Das macht es nicht besser.

Ich ziehe mich beschämt zurück, verstumme.

Und leide.

Mal mehr, mal weniger.

Ja so ist es.

Heute ist es leichter, heute an unserem 33. Hochzeitstag.

Kann die Dankbarkeit fühlen über den Himmel, den Zipfel des Lindenbaums vor dem Fenster, diese riesige Baum Göttin, die unsere Nachbarn nicht gefällt haben, trotz all der Arbeit, die sie öfter mal beklagen.

Bin dankbar, dass wir gleich in unser Häuschen an der Donau fahren, mit den vielen Rosen, die vielleicht noch rechtzeitig vor unserer Abreise nach Montreal erblühen werden.

Bin dankbar über unsere Tochter, diese schöne, weise, junge Frau.

Und über meinen Mann, diesen wunderbaren Wegbegleiter, der seit 42 Jahren in meinem Leben ist, den Liebenden, den besten aller Ärzte, der mir Rilke, Monteverdi, und das Streichquintett von Schubert nahe gebracht hat, der mir Liederzyklen singt, mit dem ich Wahrnehmungen über die Welt und die Menschen teilen kann, der mir vom Himmel als mein Lebensmensch geschenkt wurde, und der mich durch alles durch liebt, auch wenn es wahrlich oft nicht leicht ist.

Welch´ ein Geschenk.

Für all das und noch mehr kann ich heute dankbar sein.

Auch darüber, dass mich mein Leid zu einer Anwältin für Leidende gemacht hat, dass ich sie wahrnehmen kann in der Änderungsresistenz, im Drinhängen, in der Todessehnsucht und darin, dass sie wie ich den Glücksanforderungen, dem Selbstoptimierungszwang nicht gehorchen können, vielleicht auch nicht wollen.

Und dann bin ich dankbar, wenn ich wie kürzlich Sätze wie die von Gabor Maté finden kann.

„Drop the shame and look at the context.

It´s not your fault.

Work on developing that compassion of yourself….”

Heute ist es gut.

Jetzt ist es gut.

Welche Gnade.

Oder um es mit meinem lieben Rilke zu sagen:

Ich lebe mein Leben in wachsendem Ringen,

die sich über die Dinge ziehn.

Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,

aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,

und ich kreise jahrtausendelang;

Und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm

oder ein großer Gesang.

Der Körper – mein Freund

Von außen betrachtet könnten wir denken, dass eine (zweite) Corona-Erkrankung nicht unbedingt freundlich ist.

Das Fieber, der Husten, die entzündeten Nebenhöhlen, der Hautausschlag, die Schwäche, all das ist sehr unangenehm und ich könnte diesen Zustand als eine (sinnlose) Quälerei betrachten.

Und natürlich quälten mich diese Befindlichkeiten für einige Tage, als ich neuerlich an Corona erkrankte. Ich stöhnte und ächzte, fühlte mich hilflos und schwach, vor allem jedoch triggerte es meine Erfahrung vom November 2021.

So hatte ich Angst, dass das Fieber wie damals nicht und nicht sinkt, Angst, dass der Sauerstoffgehalt im Blut zu niedrig ist, Angst, dass die Krankheit außer Kontrolle gerät und ich wieder auf der Intensivstation lande.

Dann nach drei Tagen, abends. habe ich mich jedoch entschieden, dass es diesmal anders ist.

Ich habe mich entschieden, dass es mir von Tag zu Tag besser und nicht schlechter geht, und tatsächlich war diese Nacht dann schon leichter.

Mein Körper – der Freund

Ehrlich gesagt, war dieser Kurbeginn, der nach einer Woche schon wieder endete, heftig für mich. Ich habe mich überwältigt gefühlt von so mancher Maßnahme – der Schwellstrom war zum Beispiel eine reine Folter.  Und der Satz der Therapeutin, „Sie haben es überlebt!“, die mich nach quälenden 15 Minuten endlich vom Strom ließ, mehr als passend.

Tapfer, wie es meine Art ist, habe ich durchgehalten.

Und dann die Massagen – immer andere Hände auf meinem Körper, die einen mehr in Kontakt, mit der Intensität des Drucks, die für mich passend ist, die anderen, die reinbohren in die Knubbeln, als handle es sich nicht um einen lebendigen, fühlenden Körper sondern um eine dichte, anorganische Masse, die es zu zerreiben gilt – jedenfalls viel zu hart, zu fest, zu penetrant für mich. Angeblich wollen es die meisten Menschen so, so hart, so fest, so deutlich. Unglaublich.

Das wäre vielleicht kein Problem, wenn ich sofort sagen könnte, dass das für mich zu hart ist. Ich jedoch verhandle 5 Minuten mit mir, ob ich es aushalten muss oder für mich sorgen darf. Und so war es schon ein Triumph, dass ich mal was gesagt habe, nicht geschwiegen, wie so oft.

Und dann das Gestellt-sein-müssen gleich in der Früh um 7 Uhr – Wirbelsäulengymnastik  – Bein heben, solange bis die aufgeweckte Kursleiterin sagt, dass wir es endlich absenken dürfen. Stöhnen rundherum und wieder was geschafft. Abgehakt und schon zum nächsten (fordernden) Termin.

Ich habe mich vor der Kur bewusst geöffnet für all die neuen Erfahrungen – einmal was anderes, dachte ich, und vielleicht hat ja auch eine derartige Zugangsweise durchaus einen therapeutischen Effekt.

Aber – irgendetwas in mir war die ganze Zeit im Stress, hat laut Nein geschrien.

Und wieder, wie so oft hat mein lieber Körper dieses Nein ausgedrückt, hat einen bedingungslosen Stopp veranlasst, ist eingesprungen.

Mein lieber Körper – und ich seine Freundin

Ich bin meinem Körper dankbar dafür. dass er das so lange und verlässlich immer getan hat. Er hat mich rausgebracht aus vielen überwältigenden Situationen, in einen Bereich der Sicherheit – wieder krank, ich mit mir und die anderen lassen (endlich) ab.

Jetzt will ich es anders: Will ihm die Last, die er so fürsorglich und verlässlich für mich übernommen hat, abnehmen.

Will das Nein selbst verantworten und es vertreten, ICH gegenüber den anderen.

Will mich hinstellen in meiner Integrität und Aufrichtigkeit und meine Bedürfnisse äußern.

Will das Unbequeme nicht mehr bei mir behalten, sondern es dem Gegenüber zumuten.

Will endlich ihm eine liebe Freundin sein – zärtlich, liebevoll, einfühlsam und genau.

Dann ist mein Körper – mein lieber Freund – frei, zu heilen.

Und WIR sind frei im Einklang mit dem, was lebensfördernd ist in einem freudigen Ja durch´s Leben zu gehen – geschmeidig und wach und mit der Sicherheit, auf jede Gegebenheit antworten zu können, einfach so, mit Leichtigkeit und ohne großen Aufhebens.

Na, das ist doch mal ein Projekt, auf das ich mich wirklich freue!

Offenbarungseid – der Vierte

Wider die Individualisierung von Leid

Eigentlich wollte ich es diesmal anders machen – meinen Text nicht mehr überarbeiten, einfach die (Wut-) heißen Semmeln direkt aus dem Ofen servieren. Aber dann setzte sich doch mein Bedürfnis nach Genauigkeit und Gerechtigkeit durch und der Semmelteig rastete, wie Ihr seht, einige Zeit.

Anlass ist ein Gespräch, das am 18.8.2022 auf Ö1 in der Sendung Punkteins über Vulnerabilität, Verletzlichkeit und Resilienz gesendet wurde.

Dieses Gespräch mit dem Titel „Die (Un-)Verwundbaren“ wurde von der von mir geschätzten Andrea Hauer geleitet und mit dem ebenfalls von mir grundsätzlich geschätzten Alfred Pritz und der Psychologin und Resilienzspezialistin – Monika Spiegel – geführt.

In diesem Gespräch wurde zwar die Corona Zeit, die Kriegssituation und die Klimakrise als Bedingungen für individuelles Leid und auch die Rolle der Medien bei Angstmache, Polarisierung und Destabilisierung angesprochen.

Was mich aber derart empörte, dass ich beim Zuhören schreien und weinen hätte können, ist die Individualisierung und die individualisierte Pathologisierung von Leid, die sich durch das ganze Gespräch zog.

Den einzelnen Menschen als Ursache für seine Glücks- und Leidensfähigkeit, für Verwundbar- und Verletzlichkeit und für seine Resilienzfähigkeit zu machen, geht vielleicht, wenn man in grundsätzlich freilassenden, moderaten Verhältnissen lebt.

Dann ist es vielleicht (?!) möglich, den je eigenen Umgang mit den Wiederfährnissen des Lebens als Beurteilungsgrundlage für Angemessenheit, Überzogenheit und Normalität von Reaktionsweisen heran zu ziehen.

Nicht jedoch, wenn über 2 Jahre eine kollektive Traumatisierung, die die Verarbeitungskapazität der Menschen weit überschreitet, stattfindet.

Man weiß aus Traumatherapeutischen Untersuchungen, dass der überwiegende Teil der Menschen, die über lange Zeit Gewalt jeglicher Art, Unterdrückung, Vernachlässigung und traumatisierenden Bedingungen ausgesetzt sind, die ihre Selbstwirksamkeit und ihre Regulationsmechanismen überfordern, Schäden an Köper und Seele erleiden wird.

Zudem habe ich in der Traumatherapie gelernt, dass es keine Heilung gibt, wenn das Ereignis und ja auch die Täter nicht benannt werden. Wenn die Taten glaubwürdig (!) anerkannt werden, kann ein Prozess der Verarbeitung beginnen, im Zuge dessen die Verantwortung für die Folgen der Traumatisierung und das eigene Leben sukzessive übernommen werden kann. Siehe dazu auch das wunderbare Buch des Vergebens von Desmond Tutu über den Versöhnungsprozess in Südafrika.

Am Anfang gibt es die Tat. Punkt. Aus. Ende.

Und deren gab es viele in den letzten Monaten, und nein, es war nicht die „Krise“, wie die unerhörten Geschehnisse in neutralisierender, anonymisierender Weise genannt werden, die selbst bislang starken, stabilen Menschen die Widerstandskraft, die Resilienz und das Gleichgewicht nahmen.

Es war der Terror, die Geringschätzung und Schändung unserer Würde, die Ohnmacht und die Willkür, deren wir beständig ausgesetzt waren, die viele von uns an den Rand (des Wahnsinns) brachten.

  • Wenn man über Monate mithilfe manipulativer Aussagen und Informationen sukzessive von Sinnen gebracht wird, sodass ein Mensch nach dem anderen eine für ihn/sie gültige, realistische Einschätzung der Situation verlor, dann ging damit auch die Basis für ein selbstwirksames und selbstbestimmtes Leben verloren – der Wahrheitssinn über das, was (für mich) richtig und falsch ist.
  • Wenn man – wie im 1. Lockdown – nur mehr heimlich gemeinsam im Wald spazieren gehen kann, aus Angst, vom Polizeiwagen aufgehalten und nach dem gleichen Wohnungsschlüssel gefragt zu werden – zur Erinnerung: nur wenn man im gleichen Haushalt lebte, durfte man derart spazieren gehen, so breitet sich sukzessive ein Polizeistaatgefühl aus und die Angst vor Amtspersonen dringt nachhaltig in die Menschen ein.
  • Wenn man mitbekommt, dass ein bislang anerkannter Uniprofessor seine Reputation verliert, öffentlich verunglimpft wird und schließlich seine Stelle an der Uniklinik verliert, wie das dem von mir sehr geschätzten Prof. Sönnichsen passierte. Wenn also ein wahrer wissenschaftlicher Diskurs ausgeschlossen wird, dann werde ich es mir gut überlegen, ob ich meine Haltung, mein Wissen und meine Überzeugungen offen kundtue.
  • Wenn bei ÄrztInnen, welche Maskenbefreiungen ausstellten, eine Polizeieinsatztruppe, die üblicherweise nur zu Terroreinsätzen ausrückt, Türen eintritt, Laptops und Handys mitnimmt, werden ihre KollegInnen ein Bedürfnis haben, sich zu schützen und ja nicht durch derartige Initiativen aufzufallen.
  • Wenn man als einzig Ungeimpfter mit Maske gebrandmarkt und nur mit dem täglichem Testergebnis am Arbeitsplatz erscheinen darf und beim Essen weit entfernt von den anderen zu sitzen hat, dann werden nur die Überzeugtesten diesen aufrechten Gang bewahren und sich alsbald doch impfen lassen, auch wenn sie das nach wie vor – aus wohlüberlegten  Gründen – nicht wollen.
  • Wenn man in Fernsehdiskussionen bezeugt, wie Menschen angeschrien werden, wenn sie eine andere (Wissenschafts-) Auffassung haben, und kein Moderator dem Einhalt gebietet, sondern im Gegenteil dies durch manipulative, hetzerische Fragen befeuert und fördert, dann lerne ich, dass es gefährlich ist, eine andere Meinung – so wohl begründet diese sein mag – zu haben, und dass ich nicht davon ausgehen kann, dass auf bislang übliche Regeln des höflichen, wertschätzenden Miteinanders Verlass ist.
  • Wenn man täglich durch Angsterzeugende Bilder von intubierten, verkabelten Menschen in Intensivstationen überflutet wird, ist es ganz natürlich, dass man darauf mit Angst reagiert und auf keinen Fall will, dass man in eine derartig schreckliche Situation kommt. In der Traumatherapie nennt man das sekundäre Traumatisierung.
  • Wenn Menschen über Monate aufgrund eines fehlenden Status von wesentlichen Bereichen des Lebens ausgesperrt werden, sich nicht mal einen Bleistift in einem Schreibwarengeschäft kaufen dürfen, so ist es nicht nur für diese traumatisierend, sondern für die ganze Gesellschaft.
  • Wenn Jugendliche massenhaft Essstörungen und diverse andere Süchte entwickeln, wenn die Suizid(versuchs-)rate überdimensional steigt, in zeitlichen Zusammenhang mit den Maßnahmen des Kontaktverbots, des Homeschoolings usw., dann ist das kein individuelles Geschehen, dem man mit noch mehr Psychiatrie-/Psychotherapieplätzen beikommen kann. Vielmehr ist es das Ergebnis von Maßnahmen, die das Ganze, die Gesundheit auf jeder Ebene außer Acht lassen und unbarmherzig und gewaltsam, und ja auch sehr dumm in das Leben dieser jungen Menschen mit unabsehbaren Langzeitfolgen eingriffen.
  • Wenn dies alles nicht mal vom Verfassungsgerichtshof beanstandet wird, so breitet sich eine Ohnmacht in den Menschen aus, und das Vertrauen in die Welt, in das Rechtssystem und die Menschen, aber auch in sich selbst ist, wie bei jeder Traumatisierung, zutiefst erschüttert.
  • Wenn Menschen, wie ich, todkrank, bereits im Krankenwagen durch den Nebel des beginnenden Bewusstseinsverlusts die erste von vielen Schimpftiraden über mich ergehen lassen muss, dass er – der Sanitäter oder Röntgenassistent oder Krankenschwester – ja nur wegen solchen wie mir, einer Ungeimpften, diesen Job tun muss…. Wenn ich in meiner größten Not zu hören bekomme, dass ich ja selber schuld sei und mir das früher überlegen hätte sollen, dann passiert da eine schwere Verletzung, die mein Leben und Vertrauen (in das medizinische Personal) nachhaltig erschütterte, und von der ich mich noch lange zu erholen haben werde, Und es ist natürlich meine Verantwortung, wie ich für mich sorge, um wieder ein gutes, vertrauensvolles Leben zu führen.

Aber auch wenn ich die Verantwortung dafür übernehme, werde ich nicht müde, darauf hinzuweisen, dass da ein menschenverachtendes Verbrechen passiert (ist), dass unermessliche Folgen für jeden Einzelnen und leider wahrscheinlich für Generationen haben wird, ob vulnerabel, verletzlich, ob sensibel, ob resilient oder nicht.

Dann gilt es, diese krankmachenden Bedingungen zu benennen.

Und ja, auch diese Wunden können Kraft unserer Resilienz und Lebenskraft heilen, jedoch nur, wenn sie mit Einsicht, einem Schuldbekenntnis und mit Mitgefühl gewürdigt und gesalbt werden.

So das alles musste (endlich) gesagt werden.

Als Trösterchen füge ich noch hinzu:

Die Bach´sche Charconne, gespielt von James Rhodes, der sein Trauma mithilfe eben dieses Stücks überlebte. https://www.youtube.com/watch?v=pZ82pECqiUg

Außerdem das letzte Buch von der klugen, aufrechten, klaren Ulrike Guérot: „Wer schweigt stimmt zu. Über den Zustand unserer Zeit und darüber, wie wir leben wollen“. https://www.kopp-verlag.at/a/wer-schweigt-stimmt-zu

Und einen Tanz aus dem Widerstand: https://www.youtube.com/results?search_query=danser+encore

Die Hochschaubahn

Für mich ist das nichts – das Hochschaubahnfahren.

Wann man hinauffährt, weiß man schon, dass es bald einmal dem Abgrund entgegen geht.

Dann der höchste Punkt, da ist nichts von Aussicht genießen, ein kurzes Verweilen, dann geht´s  schon wieder in rasendem Tempo bergab.

Da könnte ich dann schon aussteigen – Boden unter den Füßen – einfach gehen auf einer Ebene.

Am 1.12. wurde ich aus dem Spital entlassen, nachdem ich in einen Abgrund stürzte, unerwartet und heftig – Mit dem Heimkommen konnte ich wieder Boden unter den Füßen spüren – da sein, mich spüren, Sicherheit. – UP

„Jetzt nach der schweren Corona-Erkrankung fängt ein neues Leben an, ein von Krankheit befreites Leben, eines, in dem das Wohlgefühl und die Freude vorherrscht“– dachte ich.

Ja die Lunge war noch geschädigt, verständlich, aber ich konnte Zeugin meiner Selbstheilungskräfte sein und schon bald ohne nachfolgenden halbstündigen Hustenanfall die Stiegen zu meinem Zimmer erklimmen – UP

„Zur Sicherheit machen wir ein CT, um etwaige profunde Schäden auszuschließen“, meinte der Lungenfacharzt Anfang Jänner.

Ganz sicher war ich nicht, ob ich das wollte, aber warum nicht.

Dann der Befund – da musste ich ein Wort lesen „suspekter blastomatöser Herd“.

Mittlerweile etwas kundig in der medizinischen Terminologie wusste ich sogleich, dass das wahrscheinlich nicht Gutes bedeutet.

Der Herr Lungenfacharzt bestätigte meine Befürchtung und drängte auf weitere Untersuchungsmaßnahmen – eine Biopsie und/oder ein PET-CT. Ich verhandelte mir 5 Wochen Regenerations- und Bedenkzeit aus.

Das gab mir erneut einen Boden unter den Füßen und so konnte ich beide Diagnoseoptionen  für 5 Wochen ausblenden.

Die tägliche Atemmeditation – sehr empfehlenswert – Quantum Light Breath von Jeru Kabal – trug mich in höchste Wissensgefilde. Ich wusste, dass alles gut ist und sein wird und war ruhig – UP

Der Tag des PET-CT rückte näher, ein mulmiges Gefühl beschlich mich schon im Vorhinein und dann wurden aus einem drei suspekte, weil stoffwechselaktive Herde – 2 in der Lunge und einer in meiner nicht mehr vorhandenen Brust (das gibt es auch).

Und wieder war es ein Wort, das mein Gefühlsgefährt hinunter stürzen ließ – SBL – „Sekundärblastomatöse Läsion“ – gar nicht gut, umgangssprachlich: eine Metastase.

Wow – damit hatte ich nicht gerechnet. Schwerkrank, ohne mich als solche zu fühlen. – DOWN DOWN

Dank meiner lieben Zwillingsschwester, die selbst Lungenfachärztin und Wissenschaftlerin ist, erhielt ich nähere Auskünfte. Leider musste ich erkennen, dass es ganz und gar nicht selbstverständlich ist, dass ich als Patientin mit der Nuklearmedizinierin selbst sprechen kann, wie es nicht mal selbstverständlich ist, dass der Befund nicht bloß dem zuweisenden Arzt sondern auch mir ausgehändigt wird. ,

Die Stoffwechselaktivität dieser drei Herde war nämlich zwar über dem Höchstwert, der als gesund gilt, aber dennoch nicht so hoch, dass mit Sicherheit ein höchst alarmierendes Krebsgeschehen sich in mir ausbreitet – UP

Schnell entschied ich mich für eine OP des Knotens am Brustrand, wollte ich doch keinen in die Rippe wachsenden Krebs riskieren.

Meine Chirurgin empfing mich im Aufwachraum mit der guten Botschaft – im Gefrierschnitt war kein (gravierendes) Krebsgeschehen zu sehen und auch im Entlassungsbericht stand „Exzision gutartiger Läsionen“

Welche eine Erleichterung – beflügelt verließ ich das Krankenhaus bereits am OP Tag. Jetzt nur noch die Narben verheilen lassen und dann einfach leben.

Die Histo stand zwar noch aus, dennoch war ich froh – UP

Dann der Anruf meiner Chirurgin – Leider ist es doch bösartig.

„Leider“ und „bösartig“ sind keine guten Worte im Zusammenhang mit Krebs und demensprechend erschüttert war ich von dieser Nachricht. Mittlerweile war ich bereits so verunsichert und entfernt von meiner inneren Stimme – die bis jetzt immer in genauem, intuitiven Wissen um das Geschehen war, dass ich mir alles vorstellen konnte – der Krebs, der ja bislang niemals kein wirklich böser war ist mutiert und es handelt sich um ein G3 und die Lungenherde sind wahrscheinlich doch Metastasen – DOWN.

Als der Befund dann tatsächlich da war, es ist wieder ein G1 – das heißt ein langsam wachsendes Geschehen – war die Erleichterung erneut groß – ein vorsichtiges UP.

Wie gesagt: Hochschaubahnfahren ist nicht so mein´s. Da schau ich lieber, was mir einen Boden unter den Füßen bereitet:

  • Wissen ist ein Boden
  • Eigene Forschung, mich nicht zufriedengeben mit dem Wissensstand der ÄrztInnen – ist ein Boden
  • Unbequeme Fragen stellen und lästig sein (dürfen) – ist ein Boden
  • Selbst entscheiden, wann, was richtig und stimmig ist, zu tun – ist ein Boden.
  • Menschen, die mich in der Gründlichkeit und Genauigkeit unterstützen – ist Boden
  • Menschen, die mir ihre Liebe bekunden und an meiner Seite gehen – ist ein Boden.
  • Dinge, zu tun, die mich anheben, ist ein Boden, ein Himmelsboden – zu meditieren, berührende Musik zu hören, zu schreiben, vor allem, wenn mein Schreiben aus einer höheren Ebene kommt.
  • Verantwortung zu übernehmen für mein Leben (mit Krebs) – ist ein Boden
  • Mein Leid, meine Sorgen, die Ratlosigkeit und Verzweiflung in göttliche Hände zu geben – ist ein himmlischer Boden.
  • In die Stille gehen, ist der profundeste Boden

Mit diesem Boden, der letztlich mein innerstes Zentrum ist, mit einem Bewusstsein über mein Ich, das durch alles durchzugehen vermag, kann ich mich den Bewegungen der Ups and downs (leichter) überlassen – mal mehr und mal weniger.

Ich muss den Atem nicht anhalten, kann das das Abenteuer des Lebens begrüßen, – mal mehr und mal weniger – und ich kann eine Sicherheit spüren, die nicht so leicht zu gefährden ist.

Dann wird die Achterbahn zur Hoch-Schau-Bahn und ich kann sehen, wie weit und groß das Leben ist.

Meine Brüste – ein Abschiedsbrief

…..geschrieben am 27.2. 2018, eine Woche vor der Ablatio 1)

Meine lieben Brüste,

Bald ist der Tag der Verabschiedung gekommen.

Niemals habe ich mich mit Euch so intensiv beschäftigt, wie jetzt in der Vorbereitung unserer Trennung.

Nein, es ist nicht selbstverständlich, dass Ihr nicht mehr zu mir gehören werdet, wie es nicht selbstverständlich war, dass Ihr zu mir gehörtet.

Noch eine Woche und unsere irdische Beziehung ist Geschichte.

Eine Geschichte, die vor nahezu 50 Jahren begann.

Gut kann ich mich noch erinnern, wie Ihr zu wachsen begannt, und stolz war ich, als ich meinen ersten BH, einen gelben, kleinen mit weißen Punkten, kaufte.

Eigentlich war ich ganz zufrieden mit Euch, wäre da nicht die Tante Anna gewesen, die meinte, ich gerate ganz nach meiner Großmutter. Deren riesige Brüste lagen wie weiße Schwämme auf einem ebenso riesigen Bauch.

Das war ein Schock, das wollte ich nicht. Vielleicht war das ja die erste Abspaltung, die erste Ablehnung, der Beginn einer grundsätzlichen Zurückweisung.

Und dann das Exponiert Sein.

Ich sehe mich, die Brüste verbergend an Baustellen vorbeigehen. Es war eine Initiation ins Frau Sein.

Brüste ist gleich sichtbarlich Frau Sein und das ist nicht gut, weil gefährlich, ausgesetzt dem männlichen Blick, ausgesetzt dem männlichen Zugriff.

Nie spielten sie eine wesentliche Rolle, was die Sexualität betraf. Zu intim das Ganze, nein, rührt sie nicht an.

Dann kam meine Tochter zur Welt und siehe da, sie lehnte meine linke Brust ab, nein daraus wollte sie nicht trinken. Da fühlte ich mich als Versagerin, wusste ich doch, dass es unbedingt zu einer Mutterschaft dazu gehört, das Kind über die Brust zu nähren.

Ihr lieben Brüste: Ich habe Euch wahrlich nicht gut behandelt, war weder stolz über, noch lieb zu Euch. Wären da nicht die beiden Krebsdiagnosen gewesen mit all den Behandlungen, die mir eine Beschäftigung mit Euch abverlangten, hätte ich Euch nie bewusst berührt und liebgehabt.

Jetzt, wo ich Euch mit einem Abschiedsblick ansehe, tut Ihr mir leid, das habt Ihr nicht verdient, sterben zu müssen vor der Zeit.

Es ist eine Opfergabe, Ihr seid eine Opfergabe und ich bitte Euch um Euer Einverständnis, dass diese Trennung unser „Ding“  hier ist, unsere gemeinsame Sache.

Und vielleicht kommen wir ja nochmal zusammen, als ein gutes Dreieck – Ihr zwei und ich – voll zu mir gehörig, mich erwürdigend und mit Brust-Potenz in einem weiblichen Sinne ausgestattet, nicht in einem pervertieren Verständnis von Macht und Attraktivität, sondern mit dem vollkommenen, würdigen Ausdruck meiner (unserer) Frauenmacht.

Von mir ausgehend, (mich) nährend und erkraftend.

Ja so soll es sein!

1)das Bild zeigt mich, meine liebe Tochter stillend am 2. Tag nach ihrer Geburt

Sterben dürfen – Leben wollen

„Leben dürfen – Leben wollen“

habe ich einmal einen Titel einer Lesung genannt.

Ich habe darin anhand meiner eigenen Biographie aufgezeigt, wie das frühe nicht Leben Dürfen ein Leben Wollen behindert.

Leben Dürfen heißt für mich, von liebevollen, achtsamen, feinfühligen Menschen im Leben willkommen geheißen zu werden, begrüßt zu werden in dem, wer ich bin, ruhig oder quicklebendig, neugierig und ausdrucksstark oder scheu und zurückhaltend.

Leben Dürfen heißt, dass ich mich ausdehnen darf ins Leben hinein, ohne darin behindert zu werden.

Leben zu dürfen heißt, dass ich meiner Berufung folgen kann und darin ermutigt werde, das zu leben, wozu ich angelegt bin zu sein, meiner Lebensmelodie zu folgen, wie das Le Shan in seinem sehr lesenswerten Buch „Diagnose Krebs Wendepunkt und Neubeginn“ (siehe dazu: https://krebscoaching.org/buchempfehlungen/bucher/ so wunderbar beschreibt.

Leider sind die Bedingungen jedoch allzu oft  gänzlich andere. Viele Menschen leiden lebenslänglich unter den Folgen von teilweise in der frühen Kindheit stattfindenden Traumatisierungen – zu diesen Folgen zählen ständiger Schmerz,  Übererregung, die Angst vor allem und jedem, die Schlaflosigkeit, die Unfähigkeit, Gefühle zu erleben….

Oftmals empfinden sie eine grenzenlose stumme Verzweiflung, sehen keinen Ausweg,  fühlen keine Berechtigung, dieses Leben zu einem ihnen gemäßen zu verändern.

Dann wollen sie weg von diesem derart bedrohlichen Ort. Und wenn man ihnen Gehör schenkt, dann „gestehen“ sie ihre Todessehnsucht.

So war das auch bei mir.

Dann die Diagnose: sie war ein Ausweg, eine Möglichkeit, sie gab Erlaubnis und Berechtigung. Endlich durfte ich mich um mich selbst kümmern, Termine absagen, Verpflichtungen – undenkbar zuvor – durften gelöst werden. Ich durfte mich pflegen und be-handeln lassen.

Kurz spürte ich das Leben in seiner Essenz, die Stille draußen im Wald, das bei mir Sein. Und Ausdehnung fand statt.

Geblieben ist das grundsätzliche Unwohlsein im Leiblichen. Nein, da will ich nicht bleiben, in diesem Körper, der schmerzvoll, eng und rasend ist.

„Du musst kämpfen, Du darfst jetzt nicht aufgeben, Du musst hoffnungsvoll und zuversichtlich bleiben“ wird krebskranken Menschen oft gesagt. Niemand fragt danach, ob der Mensch überhaupt leben will.

Auf einer oberflächlichen Ebene wird diese Frage zumeist auch bejaht. Jedoch gibt es  – das ist meine Erfahrung –  sehr oft in der Tiefe ein Nein zu diesem meinem Leben.

Dies gilt es, wie mein verehrter Carl Rogers sagt, un-bedingt wert zu schätzen. Zu allererst nur einmal das – ja, da gibt es ein Nein zu dieser leiblichen Existenz, ein Sterben Wollen, ein zurücklassen Wollen dieses ungemütlichen Körper-Wohnortes.

Behutsam gilt es zu erkunden, wo sich die Unerträglichkeit befindet. Was es auszuhalten gilt, was eigentlich unaushaltbar ist, wo die Verzweiflung über das eigene Leben wohnt. Dies kann eine schwierige Partnerschaft sein, wo eine Trennung unmöglich scheint, oder ein Job, der unbefriedigend oder überfordernd ist, wo ich jedoch Angst vor existentieller Not habe, oder es ist dieses oben angesprochene Unwohlsein im Körper, das das Leben schmerzvoll macht.

Auch hier  – einfach wahrnehmen, benennen, ohne gleich eine Veränderung  planen zu müssen –  weil das neuerlich Angst macht und verengt.

Sodann können wir nach der Sehnsucht fragen – was verheißt der Ort im Jenseits – Ruhe, Stille, Freisein von Schmerz, Aufruhr und Konflikt?

Oft ist die Sehnsucht nach dem Tod nämlich eine Sehnsucht nach dem (ungelebten) Leben – eine Sehnsucht nach Stille, dem unbelastet Sein, dem einfachen Sein, losgelöst von allem Zwang und Fremdbestimmtheit. Letztlich eine Sehnsucht nach mir selbst.

Und dann können wir vielleicht gemeinsam schauen, was in diesem Sinne zu verändern ist – nichts Großes, neuerlich Überforderndes.

Unmittelbar jetzt – wie mag ich mich setzen, vielleicht hinlegen, vielleicht eine Decke zum Schutz über mich nehmen, mich wärmen, gehalten werden, Ruhen….

Wenn ich dann meinen Körper als einen wohligen Ort empfinde kann, und das Jetzt und Hier eine ewige Dimension gewinnt,  kann erneut Ausdehnung ins Lebendige stattfinden, es wird still und ruhig.

Und das Leben wird zu einem guten Wohnort, wo ich bleiben möchte.

Dann kann es sich wenden das Sterben Wollen zu einem Leben Dürfen und Wollen.

P.S. Zwei Empfehlungen, die sich auf die beiden Pole des Lebensanfangs und Lebensendes beziehen: Die Arbeit von Thomas Harms, welche im Film „Cry Baby Cry“ https://www.youtube.com/watch?v=V1G531Cn9Ek   dokumentiert wird, und wo spürbar gezeigt wird, wie wichtig es ist, dass Traumatisierungen, die sich in der Schwangerschaft und rund um die Geburt ereignet haben, behandelt werden. In seinem Buch „Körperpsychotherapie mit Säuglingen und Eltern“ werden dazu in umfassender Weise  therapeutische Wege aufgezeigt. Nichts ist Wichtiger als ein guter Lebensbeginn, davon bin ich überzeugt.

Und eine neue Webseite von meiner Freundin Manuela Pusker https://manuelapusker.com/, die einen furchtlosen Blick auf das Sterben richtet und Unterstützendes für diese, wie sie sagt, sensibelste Lebensphase zur Verfügung stellt.

Jeder das Ihre….

Viele Menschen, welche mit einer Krebsdiagnose konfrontiert sind, oder auch wenn sie ihre Gesundheit fördern wollen, beginnen mit einer Praxis, wie Tai Chi, Chi Gong oder Yoga…..

Oftmals ist es das beruhigende, harmonisierende Element, als Ausgleich zu innerem Stress, das für sie vielversprechend ist.

Vertrauensvoll begeben sie sich in einen der vielzählig angebotenen Kurse und befolgen die Übungen.

Und viele erfahren dabei eine heilsame, beruhigende Wirkung.

Andere jedoch fühlen sich nicht wohl und hören alsbald auf, und empfinden das vielleicht als ein weiteres Scheitern.

Ich glaube, dass es sehr wesentlich ist, dass wir unserem Organismus Gehör schenken, und auch die erprobteste Methode mag für mich im Unterschied zu meiner Nachbarin ungeeignet sein, und das Gegenteil von dem bewirken, was durch sie intendiert ist.

Dies hängt u.a. davon ab, welches eigene innere Tempo ich habe, ob ich eher handlungsorientiert bin oder die Ruhe, das Kontemplative bevorzuge, ob ich mich gerne kräftig ausdrücke oder mich im Stillsein wohlfühle.

Aus der Traumaforschung weiß man beispielsweise, dass sich bei schwer traumatisierten Menschen das vegetatives Nervensystem im Zuge fortgesetzter Traumatisierung grundlegend verändert hat – viele leiden unter dauernder Übererregung, einer Rastlosigkeit. Da kann ein stillsein müssen, wie beispielsweise in Meditationen, eine Qual sein.

Auch ist deren  Umgang mit Macht und Eigen-Verantwortung von den Gewalterfahrungen geprägt. Sie befolgen „brav“ die vorgegebenen Übungen, können dabei jedoch schwer mit ihrem Körper in Fühlung bleiben.

Diese Eigenheiten benötigen  einen ganz besonderen Zugang, der die eigene Fühligkeit gegenüber sich selbst fördert und nicht das genaue Erfüllen von Vorgaben.

Es ist ein Erlaubnis gebender, einladender Zugang, den das sogenannte Traumasensible Yoga (siehe dazu das großartige Buch von Emerson, Hopper und van der Kolk: Trauma-Yoga: Heilung durch sorgsame Körperarbeit) auszeichnet. So wird darauf geachtet, dass die Wortwahl die eigene Entscheidungsfähigkeit betont, ebenso wie die Freiwilligkeit, wann man eine Yogaeinheit beenden will, beziehungsweise ob man dazwischen eine Pause machen möchte.

Auch sieht man – da es sich bei Traumatisierungen oftmals um körperliche Übergriffigkeit handelt, von der korrigierenden Berührung ab. (Anmerkung: Ich glaube im Übrigen, dass eine wirklich gute Yoga-Lehrerin genau so unterrichtet)

Der folgende kurze Text ist in der Sommerakademie in Zakynthos entstanden. Er ist aufgrund der freilassenden, kreativitätsfördernden Atmosphäre dort etwas launig ausgefallen.

Der Tai Chi Lehrer war wunderbar, und meine Erfahrungen mögen nicht als Kritik an ihm aufgefasst werden.

Tai Chi – eine Erfahrung: „….und nun langsam die Hände zum Bauch, alles sehr langsam. Darum geht es …“, sagt der Kursleiter, und das wird sogleich von einer erfahrenen Kurärztin bestätigt. „Wir sind alle zu schnell, das macht die schnelllebige Zeit, diese Hast und die Aufwärtsbewegung der Energie macht den inneren Aufruhr.“

Das stimmt ja auch – eine Schnelle bin ich, eine Rastlose, kurz und bündig, so habe ich es gerne.

Aber hier soll ich langsam sein, ganz langsam das Gewicht vom hinteren zum vorderen Bein verlagern, dann wieder nach hinten und sinken.

Das Sinken ist das Schlimmste, in mich hinein sinken, in den Boden hinein, um sich zu erden, möchte mich jedoch kräftig bewegen, etwas tun.

Schon steigt die Aufwärtsbewegung, das Wegwollen, aber nein, auf das Ankommen in mir, am Boden, kommt es an, höre ich.

Schon wird mir schlecht, zu viel Stau in meiner Mitte, spüre einen Anspruchsdruck in mir – es richtig zu machen –  und andererseits ein  organismisches Aufbegehren, ein mir gemäßes handeln wollen.

Auch dauert mir das Ganze zu lang, eine Stunde reicht allemal, ist überschaubar.

Überhaupt ist es so, dass wenn ich mich an eine  von außen verordnete (lange) Zeit ausgeliefert fühle, bald einmal das Schulsyndrom einsetzt, „wann ist es endlich vorbei“. Dann geht es (nur mehr) ums Aushalten und Absolvieren.

Mir das Recht zu nehmen, zu gehen, wann es mir im wahrsten Sinne des Wortes reicht, auch wenn, was ich, so wie ich gestrickt bin, eigentlich gar nicht verstehen kann, die anderen immer noch, und wie es scheint, wirklich konzentriert dran bleiben – das wäre gut.  

Selbst-verantwortlich  für mich  sorgen, anerkennen, wer und wie ich bin, welche Art der Bewegung mich wahrhaft besänftigt, was mir entspricht, was für mich stimmt – das ist gut.

In diesem Sinne lobe ich mir die ayurvedische Dosha Lehre und will anerkennen, dass aus einem quirlig/strebenden Vata/Pitta Typus niemals ein gemächlicher Kapha Mensch wird.