Krebs und Ernährung

 

Im Oktober wurde eine Studie der WHO veröffentlicht, wonach der regelmäßige Konsum von Fleisch, insbesondere Würste, Schinken und anders verarbeitetes Fleisch das Risiko an Darmkrebs zu erkranken erhöht.  In der Studie hat eine Arbeitsgruppe aus 22 Experten mehr als 800 Studien über den Zusammenhang von Fleischkonsum gesichtet und gezeigt, dass  das Darmkrebsrisiko bei einem Konsum von je 50 Gramm verarbeitetes Fleisch am Tag um 18 Prozent steigt. Natürlich wurde von allen Seiten – ich denke zu allererst von Seiten der Fleischindustrie, aber auch  von Ernährungsberatern und schulmedizinischen Ärzten Kritik laut und die Studie heftig in Frage gestellt.

Für mich ist schon lange klar, dass Fleisch aus Massentierhaltung mit all den Zusatzstoffen wie Antibiotika, Hormonen, aber auch dem unermesslichen Leid der Tiere, der Todesangst und der Bedingungen des Tötens, die wir ja alle zu uns nehmen, wenn wir Fleisch essen, nicht heilsam sein kann.

Die Krankheit hinter der Krankheit Krebs ist für mich ein Herausfallen aus der (kosmischen) Ordnung, ein Verlust der Verbundenheit mit den für den Menschen wesentlichen Bezügen – zuallererst  mit unserem Körper aber auch mit der Natur  und den Tieren.

So nehmen wir nicht mehr wahr, was wir zu uns nehmen, tun es, weil wir es so gewohnt sind, es alle tun, weil Fleisch Essen ideologisch wie Melanie Joy in ihrem klugen Buch  schreibt, durch die drei N´s gerechtfertigt wird:  es gilt als normal, natürlich und notwendig.

Die oben genannte Studie kann dazu führen, dass ein Mensch, welcher an Krebs erkrankt ist, oder Angst davor hat, seinen Fleischkonsum verringert oder gänzlich damit aufhört. Das ist sicherlich der Gesundheit förderlich.

Viel bedeutsamer erachte ich jedoch, dass ein Bewusstseinswandel stattfindet. Dass eine Heilung der hinter dem Krebs liegenden Krankheit – des Getrenntseins  – sich vollzieht.

Und auch das ist nicht so schwer, wie es klingen mag. Es bedarf nur, sich mit der Nahrung zu verbinden, sich kurz vor dem Essen bewusst zu sein, ob ich überhaupt Hunger verspüre oder nur einem äußeren Reiz gehorche, sodann eine organismische Wahl treffe, genau das esse, was mein Organismus jetzt begrüßt, mir vor dem Essen vergegenwärtige,  woher die Nahrung stammt, dass das Stück Fleisch zum Beispiel nicht etwas Abstraktes sondern von einem vormals lebendigen fühlenden Wesen stammt, mich sodann mit der Nahrung einlasse, indem ich über ein achtsames Essen die Qualität erspüren kann und letztlich auch aufhöre, wenn ich satt bin. Das alles bedarf ein bisschen Achtsamkeitspraxis, belohnt uns aber mit einem Gefühl der Zufriedenheit, der Freude und Dankbarkeit über die Lebens!mittel, die uns Gott sei Dank in unseren Breiten zur Verfügung stehen. Und – es bekräftigt mich in einer Verbindung zu mir selbst und zu allem, was mich umgibt und ist damit ein Beitrag für mein Heilsein.

Literatur zum Thema:

Safran Foer: „Tiere essen.“ Wunderschönes Buch in dem Safran Foer seine Reise in die Fleischproduktion beschreibst, sehr aus dem Herzen geschrieben, aber Achtung: Starke Nebenwirkungsgefahr, nie wieder Fleisch zu essen.

Melanie Joy: „Warum wir Hunde lieben, Schweine essen und Kühe anziehen“. Sehr kluges Buch. Melanie Joy beschreibt die hinter dem Tierkonsum liegende Ideologie, den Karnismus.

Thich Nhat Hanh: „Achtsam Essen und achtsam leben. Der buddhistische Weg zum gesunden Gewicht.“ Der berühmte Zen-buddhistische Mönch und Lehrer schreibt mit vielen Übungsbeispielen über ein barmherziges Essen.

Jan Chozen Bays: „Achtsam essen. Vergiss alle Diäten und entdecke die Weisheit Deines Körpers.“  Achtsamkeitsübungen aus dem Buddhismus lassen zum Beispiel die verschiedenen Arten des Hungers (Augen-, Magen,- Zellhunger usw.) erkennen.

http://www.essenundkrebs.net : eine Initiative einer österreichischen Ärztin zur Untersuchung, wie sich eine vegane Ernährung auf die Krebserkrankung auswirkt.

Von der Selbstverständlichkeit zur Lebensintensität

Das Rausfallen aus der Selbstverständlichkeit meines Lebens durch eine Krebsdiagnose ist oftmals ein Weckruf, ein Aufwachen aus dem „Bett“ der Selbstverständlichkeiten. Dies ist begleitet von der Erkenntnis, dass dieses so gewordene Leben vielleicht gar nicht so gut war, wie es schien, dass es Unstimmigkeiten gab, ich vieles tat, was mir nicht wohl tat, vielleicht sogar schädlich war.

Oft sind das Erlebnisse spontaner Erkenntnis, eine Bestätigung von etwas, was ich schon länger tief in mir wusste, aber nicht wahrnehmen wollte. Manche Menschen, die mit einer Krebsdiagnose konfrontiert sind, wissen beispielsweise, dass ihre Ernährung krankmachend ist und dass hier Änderungsbedarf gegeben ist. Sie nehmen diese Notwendigkeit wahr und vielmehr noch, sie dürfen sie jetzt endlich ändern. Der Wunsch und die Notwendigkeit einer Ernährungsumstellung ist jetzt stärker als die lieb gewordene Gewohnheit. Wie die Beispiele in dem wunderbaren Buch „Spontanheilungen“ von  Hirshberg und Barasch  zeigen, kommen diese Erkenntnisse aus der von mir schon oftmals beschriebenen „wissenden Lücke“, jenem freien undeterminierten Bewusstseinsfeld, in welchem alle Informationen zur Verfügung stehen.  Da weiß etwas in mir – und dieses Spür- oder Zellwissen ist hinter der Angst, der Sorge, der Unwissenheit -, was jetzt zu tun ist. Und  das ist dann ganz und gar kein bedauernswertes Opfer sondern ein mit Freude begonnenes Unterfangen. Ja, ich darf meinen organismischen Bedürfnissen gerecht werden, ich muss nicht mehr mitmachen, ich darf mich um mich selbst kümmern, dafür sorgen, dass meine Nahrung, meine Beziehungen, meine Arbeit, mein Lebensstil heilsam sind. Wie jener im oben genannten Buch beschriebene Patient, der selbst seinen eigenen Koch auf seine Reisen mit nahm, weil er erkannte, dass seine Ernährung eine wesentliche Säule in seinem Heilsystem ist. Der große Aufwand, der bisweilen zu leisten ist, ist keine Belastung, vielmehr spiegelt es mir wieder, dass ich mir das Beste wert bin, weil mein Leben kostbar ist. So führt das Gewahrwerden meiner Endlichkeit, die Möglichkeit, dass ich an meinem Krebs sterben könnte, zu einer Verdichtung, einer Ver-Eigentlichung meines Lebensprozesses, welches sich auch in einer gesteigerten Lebensintensität ausdrückt.

Oder – um viel, viel schöner noch mit Rilke zu sprechen:

Mandelbäume in Blüte

Die Mandelbäume in Blüte: alles, was wir hier leisten können, ist, sich ohne Rest erkennen in der irdischen Erscheinung.

Unendlich staun ich euch an, ihr Seligen, euer Benehmen,

wie ihr die schwindliche Zier traget in ewigem Sinn.

Ach wers verstünde zu blühn: dem wär das Herz über alle

schwachen Gefahren hinaus und in der großen getrost.                                                                Rainer Maria Rilke

Diagnose Krebs – Von der Selbstverständlichkeit zum Selbstverständnis

Angeregt durch den Titel eines Workshops, das ich im November am Klinikum in Essen halten werde mit dem Titel „Diagnose Krebs – Verlust an Selbstverständlichkeit und Gewinn an Lebensintensität“, habe ich mich mit der Frage beschäftigt, welche Selbstverständlichkeiten es sind, die mit einer Krebs- Diagnose verloren gehen. Folgender Text ist daraus entstanden:

Was wir als selbstverständlich annehmen:

Dass ich mich auf meinen Körper in seiner Funktionstüchtigkeit verlassen, ihm vertrauen kann, dass das Leben ewig weitergeht, dass ich auch morgen in die Arbeit gehen werde, meine Kinder betreuen, mit meinen FreundInnen zusammen sein kann. Dass ich die bin, die ich gewohnt bin, zu sein, dass ich nur bestimmte Aspekte meines Seins realisiere, ver-wirk-liche, dass ich einen selbstverständlichen Lebensstil pflege, esse, was ich immer esse, zu mir nehme, was sich mir anbietet, dass ich Dinge tue, weil es andere auch tun, dass ich über meine Grenzen gehe, dass ich mich wohl verhalte, meine Wut unterdrücke, weil ich nur dann glaube, dass ich meinen Arbeitsplatz oder auch meine sozialen Beziehungen behalte.

Vor allem –  dass ich meine Sehnsüchte nicht mehr wahrnehme. Sehnsüchte nach einem intensiven Leben, das erfüllend und befriedigend ist.

So ist es oftmals im Leben von Krebskranken vor der Diagnose.

Sie berichten von einem Leben, das sich für sie nicht mehr sinnvoll anfühlt, von einem Leben der Entfremdung und Ent-Eignung, das zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Und dann die Diagnose. Ein Einbruch in das Festgefügte, Struktur Gewordene, Selbstverständliche. Das ist ein Schock.

Und auch eine Chance für einen, wie Le Shan sagt, „Wendepunkt und Neubeginn“.

Krebs berechtigt.

Es berechtigt uns, auf unser Leben zu schauen, wahrzunehmen, dass dies hier mein Leben ist, und dass dieses mein Leben geachtet werden will, befürsorgt und gelebt.

Und Krebs gibt Erlaubnis – endlich darf ich  für meine Bedürfnisse eintreten, Nein sagen, wo bislang ein Entsprechen – Wollendes Ja gestanden ist. Darf mir die Frage stellen,  was ich eigen-tlich will. Darf meinen schöpferischen und ursprünglichen Ideen und Impulsen Raum  geben.

Und augenblicklich gewinnt das Leben an Intensität.

Und – es ist ein Leben, das aus dem Einverständnis mit mir Selbst ein neues Selbstverständnis kreiert.