Silberhochzeit – 25 Jahre Leben mit Krebs

Heute vor 25 Jahren an einem strahlenden Maitag fand meine 1. Krebsoperation statt – an unserem Hochzeitstag, bewusst gewählt, mein lieber Mann an meiner Seite.

Still war es und groß.

Es sollten noch 3 weitere folgen –  eine links, eine beidseits, und dann noch eine links.

Dann vor einem Jahr wollte ich nicht mehr. Keine Biopsie des verdächtigen Rundherds in der Lunge, schon gar keine Operation.

Jupiter, so wie ich den Herd nannte, will bleiben.

Von außen betrachtet ist die Bilanz keine Heldinnengeschichte – keine Spontanheilung, kein heroischer Verzicht auf schulmedizinische Behandlungen, keine radikalen Veränderungen, hab´ meinen Mann nicht verlassen, den Beruf nicht gewechselt, ja nicht mal aus Wien bin ich dauerhaft rausgekommen.

„Habe ich genug getan?“, fragt Gunnar Kaiser in seinem berührenden youtube Beitrag anlässlich einer kurzen Überlebensprognose.

Wahrscheinlich nicht, denke ich, wahrscheinlich habe ich nicht genug getan.

Auch wenn ich über Jahre, Jahrzehnte höchst diszipliniert war, tägliches Meditieren, Yoga, ayurvedische Ernährung, Sport, …, ist da etwas in mir, was sich (noch immer) nicht heil anfühlt.

Wenn ich nicht aufpasse, breche ich sogar jenen Schwur, den ich, vom Tod bedroht, vor 1 ½ Jahren auf der Intensivstation getroffen habe ,– dass ich das Leben Wollen hoch halte und niemals mehr in Frage stelle.

Wenn ich dann jedoch meine „Zustände“ habe, der Körper tobt, der Geist rast, der Abgrund nah ist, ich mich ausgeliefert fühle, es trotz all meiner Fachkompetenz und meiner vielen Tools nicht abstellen kann, ja vielleicht nicht mal will, weil der Sog zu groß ist.

Dann will ich raus, raus aus dem Körper, diesem Unwohlort, hin an einen Platz, wo es still und friedlich ist, der Tod als Sehnsuchtsort.

Keine gute Prognose für ein krebsfreies, gesundes Leben.

Und dann ist da auch die Scham, darüber, dass ich es nicht „schaffe“, was auch immer da zu schaffen wäre.

Und ich höre und lese von all den wahren Heldinnen, die seit Jahrzehnten stabil gesund, krebsfrei und glücklich leben.

Das macht es nicht besser.

Ich ziehe mich beschämt zurück, verstumme.

Und leide.

Mal mehr, mal weniger.

Ja so ist es.

Heute ist es leichter, heute an unserem 33. Hochzeitstag.

Kann die Dankbarkeit fühlen über den Himmel, den Zipfel des Lindenbaums vor dem Fenster, diese riesige Baum Göttin, die unsere Nachbarn nicht gefällt haben, trotz all der Arbeit, die sie öfter mal beklagen.

Bin dankbar, dass wir gleich in unser Häuschen an der Donau fahren, mit den vielen Rosen, die vielleicht noch rechtzeitig vor unserer Abreise nach Montreal erblühen werden.

Bin dankbar über unsere Tochter, diese schöne, weise, junge Frau.

Und über meinen Mann, diesen wunderbaren Wegbegleiter, der seit 42 Jahren in meinem Leben ist, den Liebenden, den besten aller Ärzte, der mir Rilke, Monteverdi, und das Streichquintett von Schubert nahe gebracht hat, der mir Liederzyklen singt, mit dem ich Wahrnehmungen über die Welt und die Menschen teilen kann, der mir vom Himmel als mein Lebensmensch geschenkt wurde, und der mich durch alles durch liebt, auch wenn es wahrlich oft nicht leicht ist.

Welch´ ein Geschenk.

Für all das und noch mehr kann ich heute dankbar sein.

Auch darüber, dass mich mein Leid zu einer Anwältin für Leidende gemacht hat, dass ich sie wahrnehmen kann in der Änderungsresistenz, im Drinhängen, in der Todessehnsucht und darin, dass sie wie ich den Glücksanforderungen, dem Selbstoptimierungszwang nicht gehorchen können, vielleicht auch nicht wollen.

Und dann bin ich dankbar, wenn ich wie kürzlich Sätze wie die von Gabor Maté finden kann.

„Drop the shame and look at the context.

It´s not your fault.

Work on developing that compassion of yourself….”

Heute ist es gut.

Jetzt ist es gut.

Welche Gnade.

Oder um es mit meinem lieben Rilke zu sagen:

Ich lebe mein Leben in wachsendem Ringen,

die sich über die Dinge ziehn.

Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,

aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,

und ich kreise jahrtausendelang;

Und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm

oder ein großer Gesang.

Hingabe und Auferstehung

Eine kleine Osterbetrachtung.

„Habe ich genug getan?“ Diese Frage stellte sich Gunnar Kaiser in einem berührenden Youtube Beitrag vor einigen Wochen. https://www.youtube.com/watch?v=_P2cc1fH7Jw&t=0s

Er tut dies einige Monate nachdem die Ärzte meinten, dass seine Krebserkrankung so weit fortgeschritten sei, dass er die „letzten Dinge vorbereiten“ möge.

Er erzählt uns in diesem Video, dass er zu beten begonnen habe und sich die Frage stellte, ob er genug getan hat: Habe ich genug gebetet, fragt er sich, und ob er seinen Töchtern genug (Vorbild), seiner Frau genug qualitätsvolle Zeit gegeben hat, aber auch, ob er in Bezug auf seine Krankheit und Gesundheit – Ernährung, Lebensstil – genug getan habe.

An all diesen intimen Fragen lässt er uns teilhaben. Das ist sehr berührend.

Gunnar Kaiser hat mich inspiriert, darüber nachzusinnen, was diese Frage für mich bedeuten mag.

Und wie wertvoll es ist, sich diese Frage immer wieder zu stellen. Es ist mir bewusst geworden, dass diese Ausrichtung auf´s Tun auch heikel sein kann, weil sie so nahe an der Leistung ist. Sie berührt damit ein Thema, mit dem so viele krebskranke Menschen und nicht nur sie (ihr Lebtag) zugange sind – habe ich genug getan, genug gegeben?

So führte mich meine innere Suche der letzten Tage zu einer für mich stimmigeren Frage: Wie sieht es mit meiner Hingabe aus? Habe ich mich genug hingegeben – an mich, an meine wahren Bedürfnisse, an meinen (spirituellen) Weg, in den Begegnungen mit anderen und mir selbst, oder hab´ ich mich zu sehr abgelenkt, mich verzettelt, bin dem Leid, dem Schwierigen ausgewichen und damit der Erfüllung, dem Glück?

Vielleicht – so denke ich – ist es ja nicht das, was Krebskranke machen, um Heilung zu erfahren, vielleicht ist es ja nicht Miriam Reichel´s Diät oder Bettina Flossmann´s Dispenza Meditation, die ihnen ein krebsfreies und erfülltes Leben bereitet haben.

Vielleicht ist es ja die bedingungslose Hingabe an ihren Weg, die zur Heilung führte.

Da war zunächst ein Anerkennen der Krebsdiagnose, dann ein Entschluss und dann eine Treue zu diesem Entschluss. Keine inneren Verhandlungen, keine Halbherzigkeit, eine Eindeutigkeit und Beständigkeit im Gehen dieses von ihnen gewählten Weges.

Ich erinnere mich aber auch an Menschen wie Stephanie Gleising und Anita Moorjani, die ohne Hoffnung auf Heilung gnadenvoller Weise wahrlich vom Sterbebett aufgestanden sind.

Genügt es, so frage ich mich, darauf zu vertrauen, dass es diese Gnade immer geben kann, diese Wendung.

Und was könnte mein Beitrag sein?

Vielleicht geht es ja „nur“ um diese Hingabe an das, was jetzt da ist – auch die Angst, den Schmerz, den Verlust, aber auch an das Wunderbare, das jeder Moment birgt.

Und vielleicht geht es ja vor allem darum, all meine Gedanken, Ideen und Konzepte über ein heilsames Leben hinzugeben.

Ein Sterben-Lassen dessen, was mich in das Korsett einer Identität zwängt.

Hingabe ans Sterben.

Hingabe ans Leben.

Einatmen – Ausatmen.

Ausatmen – Einatmen.

Nicht mehr und nicht weniger.

Und schon findet ein Auferstehen, eine Auferstehung im Irdischen statt.

Für diesen Moment.

Ganz unspektakulär.

Einfach So.

Die Hochschaubahn

Für mich ist das nichts – das Hochschaubahnfahren.

Wann man hinauffährt, weiß man schon, dass es bald einmal dem Abgrund entgegen geht.

Dann der höchste Punkt, da ist nichts von Aussicht genießen, ein kurzes Verweilen, dann geht´s  schon wieder in rasendem Tempo bergab.

Da könnte ich dann schon aussteigen – Boden unter den Füßen – einfach gehen auf einer Ebene.

Am 1.12. wurde ich aus dem Spital entlassen, nachdem ich in einen Abgrund stürzte, unerwartet und heftig – Mit dem Heimkommen konnte ich wieder Boden unter den Füßen spüren – da sein, mich spüren, Sicherheit. – UP

„Jetzt nach der schweren Corona-Erkrankung fängt ein neues Leben an, ein von Krankheit befreites Leben, eines, in dem das Wohlgefühl und die Freude vorherrscht“– dachte ich.

Ja die Lunge war noch geschädigt, verständlich, aber ich konnte Zeugin meiner Selbstheilungskräfte sein und schon bald ohne nachfolgenden halbstündigen Hustenanfall die Stiegen zu meinem Zimmer erklimmen – UP

„Zur Sicherheit machen wir ein CT, um etwaige profunde Schäden auszuschließen“, meinte der Lungenfacharzt Anfang Jänner.

Ganz sicher war ich nicht, ob ich das wollte, aber warum nicht.

Dann der Befund – da musste ich ein Wort lesen „suspekter blastomatöser Herd“.

Mittlerweile etwas kundig in der medizinischen Terminologie wusste ich sogleich, dass das wahrscheinlich nicht Gutes bedeutet.

Der Herr Lungenfacharzt bestätigte meine Befürchtung und drängte auf weitere Untersuchungsmaßnahmen – eine Biopsie und/oder ein PET-CT. Ich verhandelte mir 5 Wochen Regenerations- und Bedenkzeit aus.

Das gab mir erneut einen Boden unter den Füßen und so konnte ich beide Diagnoseoptionen  für 5 Wochen ausblenden.

Die tägliche Atemmeditation – sehr empfehlenswert – Quantum Light Breath von Jeru Kabal – trug mich in höchste Wissensgefilde. Ich wusste, dass alles gut ist und sein wird und war ruhig – UP

Der Tag des PET-CT rückte näher, ein mulmiges Gefühl beschlich mich schon im Vorhinein und dann wurden aus einem drei suspekte, weil stoffwechselaktive Herde – 2 in der Lunge und einer in meiner nicht mehr vorhandenen Brust (das gibt es auch).

Und wieder war es ein Wort, das mein Gefühlsgefährt hinunter stürzen ließ – SBL – „Sekundärblastomatöse Läsion“ – gar nicht gut, umgangssprachlich: eine Metastase.

Wow – damit hatte ich nicht gerechnet. Schwerkrank, ohne mich als solche zu fühlen. – DOWN DOWN

Dank meiner lieben Zwillingsschwester, die selbst Lungenfachärztin und Wissenschaftlerin ist, erhielt ich nähere Auskünfte. Leider musste ich erkennen, dass es ganz und gar nicht selbstverständlich ist, dass ich als Patientin mit der Nuklearmedizinierin selbst sprechen kann, wie es nicht mal selbstverständlich ist, dass der Befund nicht bloß dem zuweisenden Arzt sondern auch mir ausgehändigt wird. ,

Die Stoffwechselaktivität dieser drei Herde war nämlich zwar über dem Höchstwert, der als gesund gilt, aber dennoch nicht so hoch, dass mit Sicherheit ein höchst alarmierendes Krebsgeschehen sich in mir ausbreitet – UP

Schnell entschied ich mich für eine OP des Knotens am Brustrand, wollte ich doch keinen in die Rippe wachsenden Krebs riskieren.

Meine Chirurgin empfing mich im Aufwachraum mit der guten Botschaft – im Gefrierschnitt war kein (gravierendes) Krebsgeschehen zu sehen und auch im Entlassungsbericht stand „Exzision gutartiger Läsionen“

Welche eine Erleichterung – beflügelt verließ ich das Krankenhaus bereits am OP Tag. Jetzt nur noch die Narben verheilen lassen und dann einfach leben.

Die Histo stand zwar noch aus, dennoch war ich froh – UP

Dann der Anruf meiner Chirurgin – Leider ist es doch bösartig.

„Leider“ und „bösartig“ sind keine guten Worte im Zusammenhang mit Krebs und demensprechend erschüttert war ich von dieser Nachricht. Mittlerweile war ich bereits so verunsichert und entfernt von meiner inneren Stimme – die bis jetzt immer in genauem, intuitiven Wissen um das Geschehen war, dass ich mir alles vorstellen konnte – der Krebs, der ja bislang niemals kein wirklich böser war ist mutiert und es handelt sich um ein G3 und die Lungenherde sind wahrscheinlich doch Metastasen – DOWN.

Als der Befund dann tatsächlich da war, es ist wieder ein G1 – das heißt ein langsam wachsendes Geschehen – war die Erleichterung erneut groß – ein vorsichtiges UP.

Wie gesagt: Hochschaubahnfahren ist nicht so mein´s. Da schau ich lieber, was mir einen Boden unter den Füßen bereitet:

  • Wissen ist ein Boden
  • Eigene Forschung, mich nicht zufriedengeben mit dem Wissensstand der ÄrztInnen – ist ein Boden
  • Unbequeme Fragen stellen und lästig sein (dürfen) – ist ein Boden
  • Selbst entscheiden, wann, was richtig und stimmig ist, zu tun – ist ein Boden.
  • Menschen, die mich in der Gründlichkeit und Genauigkeit unterstützen – ist Boden
  • Menschen, die mir ihre Liebe bekunden und an meiner Seite gehen – ist ein Boden.
  • Dinge, zu tun, die mich anheben, ist ein Boden, ein Himmelsboden – zu meditieren, berührende Musik zu hören, zu schreiben, vor allem, wenn mein Schreiben aus einer höheren Ebene kommt.
  • Verantwortung zu übernehmen für mein Leben (mit Krebs) – ist ein Boden
  • Mein Leid, meine Sorgen, die Ratlosigkeit und Verzweiflung in göttliche Hände zu geben – ist ein himmlischer Boden.
  • In die Stille gehen, ist der profundeste Boden

Mit diesem Boden, der letztlich mein innerstes Zentrum ist, mit einem Bewusstsein über mein Ich, das durch alles durchzugehen vermag, kann ich mich den Bewegungen der Ups and downs (leichter) überlassen – mal mehr und mal weniger.

Ich muss den Atem nicht anhalten, kann das das Abenteuer des Lebens begrüßen, – mal mehr und mal weniger – und ich kann eine Sicherheit spüren, die nicht so leicht zu gefährden ist.

Dann wird die Achterbahn zur Hoch-Schau-Bahn und ich kann sehen, wie weit und groß das Leben ist.

Das Leben feiern!

Heute ist mein 4. Busenlos-Geburtstag.

Welch´ ein großes, freudiges Ereignis war das damals!

Vieles ist in der Zwischenzeit passiert, Vieles hat mir sehr zugesetzt, hat mich aus dem Gleichgewicht gebracht und am Leben verzweifeln lassen.

Und dann Ende November, auf der Intensivstation, als ich einige Zeit zwischen Leben und Tod schwebte, habe ich zu tiefst erkannt, dass das Leben per se ein kostbares Geschenk ist.

So habe ich eine Entscheidung getroffen:

Den Flirt mit dem Tod zu beenden und das Leben, wie immer es sein mag, anzunehmen.

Diese Entscheidung wurde nach einer kurzen glückseligen Erholungszeit mit meiner Familie stark herausgefordert.

Ein CT und nachfolgend ein PET CT zeigte 3 suspekte Herde, 2 in der Lunge und einen in meiner nicht mehr vorhandenen Brust.

Das war ein schwerer Schlag.

Dennoch – Dank der liebevollen Unterstützung meiner Familie und FreundInnen hielt die Entscheidung für´s Leben – erstaunlich!

Und ich konnte unaufgeregt, nur hin und wieder unterbrochen von verschattenden Einbrüchen immer wieder ganz im Moment sein und das Leben, das ja – immer – ganz (für mich) da ist, erfahren.

Die Histo von der Brust-OP letzte Woche steht noch aus, und auch die beiden Herde werden wohl noch eine Weile da sein.

Dennoch – ich bin wild entschlossen, mich nicht von Befunden und meinen Stimmungen vereinnahmen zu lassen, meiner Entscheidung treu zu bleiben, und das Leben einfach zu leben, solange ich darf.

Und da ich mir, wie an jedem Geburtstag auch etwas wünschen darf, möchte ich das auch jetzt in buddhistischer Tradition tun:

  • Möge ich mich an meine Entscheidung fürs Leben erinnern, komme da, was wolle.
  • Möge ich mich an meinem Körper freuen, an seiner Lebendigkeit und wie lieb er mir dient und auch an seiner Schönheit.
  • Möge ich mir meine Wildheit, meine Lebendigkeit gönnen, auf dass ich das Lebenslicht in mir erleben kann.
  • Möge ich mit Jupiter (so habe ich den so leuchtend strahlenden Herd in meiner Lunge genannt) in friedlicher Koexistenz leben können.
  • Mögen meine Haare, die post-covid großzügig ausgefallen sind, erneut kräftig sprießen.
  • Möge ich mir meiner Weisheit bewusst sein und sie un-verschämt teilen.
  • Möge ich die Schöpferin in mir zum Ausdruck bringen, sei es im Schreiben, Malen, Tanzen…
  • Möge ich im Frieden sein mit allem, was geschieht.
  • Möge ich lieben und mich lieben lassen,
  • Möge ich oft und oft meine schützische Be-Geist-erung erleben dürfen.
  • Möge ich wissen, dass ich immer heil war, bin und immer sein werde.
  • Möge ich mich freuen am Leben!
  • Möge ich mich freuen am Leben!
  • Möge ich mich freuen am Leben!
  • Mögen alle Wesen glücklich, frei und im Frieden sein.

Für die Heilung ist es nie zu spät

Zumeist spricht man bei Krebs von Heilung, wenn ein Mensch gegen den Krebs angekämpft und den „Kampf“ gewonnen hat.

Er/ sie darf in diesem Prozess nicht aufgeben, die Hoffnung nicht verlieren, muss alles dran setzen, an der Heilung zu arbeiten, alles, was möglich ist, dafür tun, um gesund zu werden. So wird es an die Menschen herangetragen. Das ist ein enormer Druck.

So werden alle Möglichkeiten der Schul- und Komplementärmedizin in Anspruch genommen, Heiler und andere Helfer aufgesucht und Tausende Euro ausgegeben, um ja keine Möglichkeit auszulassen, „den Krebs zu besiegen.“  Das ist verständlich.

Es gibt jedoch eine Vielzahl von Beispielen, wo Menschen – wie es heißt – aufgegeben wurden, wo sie hören mussten, dass man nun leider wirklich nichts mehr für sie tun könne, und sie sich noch eine schöne letzte Zeit machen sollten,  und wo sie letztlich zum Sterben nach Hause entlassen wurden.

Und – die, ohne sichtbares Zutun, eine vollständige Heilung erfuhren.

Von drei Frauen, bei welchen eine derartige Totalremission wie eine Spontanheilung auch genannt wird, stattfand, will ich erzählen:

Teil 1 : Die heilende Kraft des Hier und Jetzt

Stefanie Gleising berichtet in ihrem gleichnamigen Buch von ihrer „wundersamen Heilung“.

Sie, die mit der Diagnose  Brustkrebs konfrontiert war, hat wirklich alles versucht, was an Möglichkeiten zur Verfügung stand – von der Operation, über Virenimpfung, Hyperthermie, Mistel, Infusionen mit Vitamin B17, Hormontherapie, Sport, Meditation, Lachtherapie bis zur Aufarbeitung von traumatischen Erlebnissen.

Und dennoch – der Tumor wuchs und streute, bis in die Knochen und ins Gehirn.

Jedoch –  immer wieder, bei all dem Stress und der Angst tat sich ein Feld des Friedens, der Stille und der Glückseligkeit auf.

Sie schreibt: „Ich musste so viel loslassen, meine Brust, Sport machen zu können, ein schmerzfreier Körper. Vor allem aber die Illusion, die Zukunft planen zu können. Im Grunde kann das keiner wirklich, auch die scheinbar Gesunden nicht. Dies alles katapultiert mich immer wieder direkt ins Hier und Jetzt. Manchmal kann ich dann weinen vor Liebe und Dankbarkeit, dass alles so ist, wie es ist.“ S. 199

Im sogenannten Endstadium ihrer Krankheit angelangt, kann sie nichts mehr zu sich nehmen, verliert dramatisch an Gewicht und dämmert immer länger einfach vor sich hin.

Sie ist mittlerweilen so schwach, dass sie einverstanden ist, diesen letzten Abschied – von ihrem Zuhause – zu vollziehen und in ein Hospiz zu kommen.

„Jeden Tag kamen Menschen, um sich von mir zu verabschieden. Doch anstatt zu sterben, geht es mir von Tag zu Tag etwas besser“. S. 205

Und sie – die Todkranke – kann nach einer Woche ein erstes richtiges Frühstück mit allem Drum und Dran, einem Ei, Saft, Kaffee, Topfen, Marmelade und Brötchen zu sich nehmen.

Bald kann sie in eine kleine Ferienwohnung im Hospiz übersiedeln, und nach ein paar Monaten sitzt sie wieder auf ihrem Pferd. Da sie seit 2014 keine schulmedizinische Behandlung mehr erhielt, gilt sie als geheilt.

Was trug zu dieser Heilung bei:

War es vielleicht der kathartische Traum vom KZ, den sie am Weg ins Hospiz hatte?

War es die Liebe und die unterstützenden Gedanken von vielen, vielen FreundInnen?

Oder das Absetzen eines Medikaments durch eine Hospizärztin, oder die Verdreifachung der Schmerzmitteldosis, wodurch sie leichter ins Hier und Jetzt zurückkehren konnte, da die Schmerzen sie nicht mehr vollständig bannten?

Oder war es das Auf- und Hingeben von allem Wollen, von den Illusionen dessen, was wir zu sein haben, oder wie sie selbst Markof Niemz Buchtitel zitiert: sich selbst verlieren und alles gewinnen.

Das Buch ist jedenfalls ein starkes Dokument dafür, dass egal, „wie schlimm die Umstände auch sind, es Hoffnung auf eine positive Entwicklung gibt“ S. 235

Und dass es immer wieder darum geht, ganz ins Hier und Jetzt zurück zu kehren und zu erkennen, „dass jede Situation, so schlimm sie auch nach außen sein möge, irgendwo auch einen Grund zur Freude bietet.“

Das können wir tun. Das ist unsere Wahl – zwischen einem Leben in Angst über eine unbestimmte Zukunft zu verharren oder uns für die Heilkraft des Moments zu öffnen.

Für mich ist es – das ist natürlich eine Interpretation, welche von der Autorin verifiziert werden müsste –  die Hingabe, das vollständige Ja zu allem Geschehen, ja auch das Aufgeben von Lebenswillen im Einverständnis für ein Hospiz, welche die Wende bringen kann.

Es ist damit nicht (nur) der oben genannte Kampf, wiewohl alle Beiträge zur Gesundung vielleicht doch auch eine Basis für die Heilung bildeten.

War es  letztlich vielleicht vielmehr das Ja zum Schicksal, an diesem Krebs sterben zu müssen, sich von allen lieben Menschen wirklich ein für allemal zu verabschieden, welche dann die Wendung brachte. Und dass es sich bei dieser Heilung um eine radikale Wendung handelte, kann man an der raschen Erholung – bereits nach wenigen Tagen – erkennen.

Diese radikale Wendung scheint sich für mich ganz von innen – aus dem innersten Zentrum heraus – ereignet zu haben. Ein Prozess, der sich vielleicht gerade nur in jenem Dämmerzustand, im vielen Schlafen, im mehr drüben als hier Sein ereignen kann.

Wenn wir diesen Gedanken glauben, was würde das wohl für unser Verständnis von Heilung und der dafür notwendigen Prozesse bedeuten? Wären wir dann nicht angehalten, die Menschen nicht zum weiteren dagegen Kämpfen, sondern zum Anerkennen und Sein Lassen, zur Tiefe  zu ermutigen?

Viele Fragen, auf welche nur die wirklich davon Betroffene Antworten finden werden. Dazu bräuchte es genaueste tiefgehende Fragen, nicht bloß einen Fragebogen, sondern prozessorientierte Untersuchungsmethoden, die vieles offen lassen, so dass nicht einfach Altbekanntes wiederholt, sondern Neues ergründet und erforscht wird. Und wo mein Organismus als Resonanzraum genutzt wird.

Diagnose Krebs – über sogenannte falsche Hoffnungen

„Ich will Ihnen keine falsche Hoffnung machen“ hört man oftmals von Ärzten, wenn es um Prognosen geht.

Müsste es nicht heißen, wenn es nur einen Fall gibt, wo Heilung wider Erwarten stattgefunden hat, dann gibt es Hoffnung, eine Möglichkeit, es ist nicht hoffnungs- und aussichtslos.

Ich denke, wir sollten genau sein mit den Worten, weil Worte lebensspendend oder lebenshemmend sein können.

Manche Krebsarten haben einen äußerst schlechten Ruf in Bezug auf eine Genesung, und oftmals hört man den Satz, dass es keine Hoffnung gibt.

Was macht das für den Betroffenen? Es schwindet jegliche Hoffnung auf Genesung. Das hat weitreichende Folgen: nicht nur auf der psychischen Ebene, wo sich Resignation, Hilfs- und Hoffnungslosigkeit vielleicht auch Todesangst  breit machen, nein, die Folgen reichen bis ins biologische Fundament. Man weiß, dass die Stärke des Immunsystems vom Lebenswillen und auch vom Bewusstsein über meine Selbstwirksamkeit in direkter Weise beeinflusst wird, in die eine wie in die andere Richtung.

Höre ich einen derartigen Satz, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich aufgebe. Dieser apodiktische, endgültige, jede andere Möglichkeit ausschließende Satz wirkt wie ein Hypnoid, dem man in einer self fulfilling prophecy folgt. Auch das weiß man mittlerweilen aus der Placeboforschung –  dass die positive oder negative Erwartung einen wesentlichen Einfluss auf die Wirksamkeit eines Arzneimittels hat.  Außer ich zähle zu den seltenen Menschen, die das als Aufruf sehen, den Gegenbeweis anzutreten.

Für mich geht es da mehr um eine falsche Hoffnungslosigkeit, in diesem Bemühen darum, keine falsche Hoffnung zu wecken.

Für mich ist eine falsche Hoffnung ein Heilversprechen, das in undifferenzierter Weise gegeben wird, ob sie jetzt von Schulmedizinern oder in diesem Falle leider häufiger von Heilern und Alternativmedizinern – von jenen Menschen also, die die letzte Adresse für von der Schulmedizin aufgegebenen Patienten sind – gegeben wird.

Wenn  gesagt wird, diese oder jene Vorgangsweise wird Sie (auf jeden Fall) heilen – dann ist das für mich ein falsches Versprechen, das eine falsche Hoffnung weckt. Hier übertönt die Eindringlichkeit und Macht der Aussage die innere Stimme der Patientin, die sehr wohl früher oder später  laut wird. Dann, wenn keine anderen therapeutischen Maßnahmen zugelassen werden, wenn nur das eine, vom Heiler propagierte und verkaufte Verfahren als wirksam anerkannt wird. Das ist eine falsche Hoffnung. Da wird die Not des Patienten ausgenützt.

Im Sinne von Vaclav Havels legendärem Zitats, dass „Hoffnung nicht die Überzeugung ist, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“ meine ich, dass ich als von Krebs Betroffene gut daran täte, meiner inneren Stimme Gehör zu schenken, diesem tiefen Wissen, dass etwas sinnvoll ist, und dass dieser Schritt auf meinem Krebsweg der nächste gute ist.

          

Diagnose Krebs – Auferstehen

 

Es ist tief in uns im wahrsten Sinne des Wortes „eingefleischt“, dass die Materie Materie ist und damit fest und unveränderlich. Beziehungsweise ist sie nur durch massivste Einwirkung von Materie auf Materie zu verändern. Dies geschieht in der Onkologie zum Beispiel durch Chemotherapie, Operation und Bestrahlung, damit soll die Materie Krebs bekämpft und zerstört werden.

Dem gegenüber stehen Erfahrungsberichte von Menschen, die trotz einer außerordentlich schlechten Prognose und teilweise unter Verzicht von derart materieller Einflussnahme geheilt sind. Berichte darüber finden sich in Büchern wie „Spontanheilung“, „Du bist das Placebo“, „9 Wege zu einem krebsfreien Leben“ und „Geheilt“. (siehe dazu auch die Buchempfehlungen auf dieser Seite) .

Aber auch in Fernsehsendungen wie zuletzt in der Sendung „Die Macht der Heiler“ und „Die Gesetze der Heilung“ finden sich hoffnungsstiftende Beispiele.

Hier berichtete beispielsweise eine Frau mit Muskeldystrophie, welche bereits so fortgeschritten war, dass sie an den Rollstuhl gefesselt war, dass sie nach einer schamanischen Reise erstmalig nach Jahren keine Schmerzen verspürte und mittlerweilen an Kraftgeräten an die 140 kg drücken kann. Auch ein Cellist, dem aufgrund eines Hirntumors bereits 1/4 des Gehirns entfernt werden musste, kann nach monatelanger Visualisierungsarbeit in Kombination mit einer Hypno- und Feldenkraistherapie nicht nur gehen sondern auch wieder Cello spielen. Auch in der von der Deutschen Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr herausgegebenen Zeitschrift „momentum – Gesund leben bei Krebs“ stellen immer wieder an Krebs erkrankte Menschen ihren Heilungsweg dar. Wie auch Martin Weingart, dem nach einer Bauchspeicheldrüsenerkrankung, welche er zusätzlich zu den schulmedizinischen Maßnahmen durch Ernährungsumstellung, der Einnahme von  Nahrungsergänzungsmitteln aber auch durch Visualisierung nach Simonton und Vergebungsarbeit behandelte, schließlich eine Vollremission konstatiert wurde.

Diese Menschen haben sich, teilweise weil die Schulmedizin nichts mehr für sie tun konnte, zu einem geistigen Weg entschieden und siehe da – Heilung geschah.

Viele der Heiler, die hier und auch in den genannten Büchern zu Wort kommen, betonen, dass   nicht sie es sind, die heilen, sondern dass sie bloß einen Anstoß geben, damit die Selbstheilungskräfte, die uns allen innewohnen aktiviert werden.

Andererseits meinen immer mehr Schulmediziner, dass ein Paradigmenwechsel in dem Sinne notwendig wäre, dass die geistigen Mechanismen von Heilung untersucht und in den Therapieprozess einbezogen werden.

In einigen Kliniken in Deutschland geschieht dies bereits, indem beispielsweise wie in einem Krankenhaus in Berlin Therapeutic Touch schon während der OP  und dann in weiterer Folge in der Nachbehandlung angewandt wird und förderliche Wirkung auf den Heilungsverlauf und eine Reduktion der Schmerzmedikation zeigt. In einer Klinik in Ulm gibt es eine enge Kooperation zwischen einem Onkologen und  Wolfgang Maly, der eine Meditationsform für Krebskranken entwickelte, wo der Partner über Berührung mit dem an Krebs erkrankten Menschen in Kontakt ist.

Die Auferstehung Christi gilt als ein Mysterium, das nur Jesus Christus vorbehalten war.

Auferstehung findet meiner Ansicht nach jedoch auf dem Krebsweg oftmals statt. Dann, wenn wir herausgefordert sind, für unsere Bedürfnisse und für unser Leben einzutreten. Aber auch, wenn wir nach einem langen Leidensweg wie Phönix aus der Asche auftauchen und wieder zu Kräften kommen. Auferstehung kann aber auch wie Manuela Mutschler es versteht als das Finden der eigenen Essenz verstanden werden  – siehe dazu http://www.helfendekräfte.com/2016/03/26.

Letztlich steht uns allen die Möglichkeit zur Auferstehung zur Verfügung wie vom  weisen  Friedrich Benesch im Buch „Ostern“ so treffend beschrieben, nämlich im Sinne einer „Vollmacht über das eigene Bewusstsein, Vollmacht über die schaffende, liebevolle Seele, Vollmacht über die sich verwandelnde Selbst erzeugende Auferstehungs-Leiblichkeit“ oder um es in meinen Worten zu sagen: Vollmacht über all mein Angelegtsein und mein geistiges Potential, auf dass ich aus der Determiniertheit der Gesetze der Materie mich erhebe und die Gesetze des Geistes auf die Materie wirken lasse.

Diagnose Krebs – Über das Placebo

Angeregt durch eine Radiokollegsendung auf OE 1 in der Woche vom 25.-28.1.2016 möchte ich der Frage nachgehen, inwiefern die Ergebnisse aus der Placeboforschung Relevanz in der Behandlung von Krebserkrankung haben.

Unter Placebo, das aus dem Lateinischen stammt und wörtlich übersetzt „ich werde gefallen“ bedeutet, versteht man ein Scheinarzneimittel, welches keine wirksame Substanz enthält und somit auch keine durch einen solchen Stoff verursachte pharmakologische Wirkung haben kann.

Unter Placeboeffekten versteht man positive Veränderungen, die sich im Zuge dieses -pharmakologisch unwirksamen – Mittels einstellen.

Placebo-Medikamente werden in klinischen (Doppel-Blindstudien) eingesetzt, um die therapeutische Wirksamkeit verschiedener, jeweils als Verum bezeichneter Verfahren möglichst genau erfassen zu können.

Das Gegenstück zum Placeboeffekt ist der Nocebo Effekt. Hierbei handelt es sich um unerwünschte Wirkungen, die analog einer Placebowirkung auftreten können.

Einen Hauptschwerpunkt der Untersuchungen bildet der Einsatz von Placebos in der Untersuchung der Wirksamkeit von Schmerzmitteln. Es zeigte sich, dass auch Placebos ohne schmerzlindernden Wirkstoff schmerzlindernd wirken, wenn die Erwartung auf Schmerzlinderung beim Patienten besteht. Umgekehrt ist es so, dass ein hocheffektives Medikament, selbst wenn es intravenös verabreicht wird, keine schmerzlindernde Wirkung hat, wenn dem Patienten vermittelt wird, dass diesen den Schmerz vielleicht sogar verschlimmert kann.

Die schmerzlindernden Effekte bei positiver Erwartung zeigen sich sowohl im Erleben /Verhalten als auch in der Ausschüttung von Opioiden, von Cannabinoiden und Dopamin. Im  Gegenteil dazu wird bei negativer Erwartung selbst ein starkes Opioid außer Kraft gesetzt. (Untersuchungen der Placebo Forschungsgruppe Ulrike Bingel der Universitätsklinik Essen).

Allerdings ist die Fähigkeit zur Bildung von positiven Erwartungen von Mensch zu Mensch unterschiedlich und kann durch eine Depression und Angst gehemmt sein.

Der zweite wesentliche Faktor sind Lernprozesse. Wie Pawlow in seinen für die Lerntheorie bahnbrechenden Untersuchungen zeigen konnte, reagiert ein Hund nach mehrmaliger Koppelung eines Signaltons mit der Darbietung von Futter auch bereits nach Ertönen eines Signaltons allein mit Speichelreflex – der Signalton wird somit zu einem konditionierten Reiz.

Am Universitätsklinikum in Tübingen unter der Leitung von Paul Enck nutzt man diese Lernprozesse, um die Dosis von Immunsuppressiva, welche z.B. bei Nierentransplantierten, Morbus Crohn oder Rheuma notwendig sind, zu reduzieren.

Im Zuge von Lernprozessen können negative Vorerfahrungen, die zum Beispiel in einem bestimmten Krankenhaus mit einem bestimmten Arzt oder einer Behandlungsform gemacht wurden, auch dann wach gerufen werden, wenn nur daran gedacht wird.

Der dritte wesentliche Faktor zur Wirksamkeit ist die Arzt-Patient Kommunikation. Wie Ulrike Bingel von der Universitätsklinik Essen meint, geht es nicht nur darum, welches Medikament verschrieben wird, sondern wie. Wenn der Arzt ein Medikament als wirksam darstellt, ist seine Wirkung doppelt so stark, als wenn dieser von der Wirkung nicht überzeugt ist.

Die Wirkung einer Behandlung wird noch dadurch verstärkt, wenn der Arzt mitfühlend ist. Auch das Einbeziehen des Patienten im Entscheidungsprozess für eine Therapieform hat einen wesentlichen Einfluss auf den Erfolg. In diesem gemeinsamen Entscheidungsprozess sollten von Seiten des Arztes seine Sachkompetenz ebenso spürbar werden wie eine positive Tönung der Aufklärung, wo nicht so sehr die negativen Auswirkungen in den Vordergrund gerückt werden sondern die positiven Erwartungen auf einen heilsamen Ausgang. Es sollte zudem Raum gegeben werden, dass der Patient seiner inneren Stimme Gehör schenken kann. Eine derart getroffene bewusste Entscheidung hat gute Aussichten, die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode zu steigern.

Die Erkenntnisse aus der Placeboforschung lassen uns Einblick nehmen in Mechanismen der Geist – Materie Beziehung. Es konnte gezeigt werden, dass die Überzeugung, dass etwas wirkt  Heilungsprozesse in Gang setzt, auch wenn keine Substanz verabreicht wird. (siehe dazu auch das Buch von Dispenza „Du bist das Placebo – Bewusstsein wird Materie“. unter Buchempfehlungen auf dieser Seite).

Was bedeutet das konkret für die Krebserkrankung:

Auf der Ebene der Erwartungen :

– Es ist höchst notwendig, dass wir den „Krebs-Geist“ entdämonisieren, das Vorurteil entschärfen, dass es sich dabei in jedem Fall um eine tödliche Krankheit handelt. Damit entkräften wir eine diesbezügliche Erwartung.

– Dass man den Geist mit all den mittlerweilen unzähligen Berichten von Spontanremissionen speist, sodass die Patientin im Bewusstsein lebt, dass selbst bei Diagnosen wir Bauchspeicheldrüsenkrebs alles möglich ist (siehe dazu auch die Bücher „Spontanheilungen“ von Caryle Hirschberg und Marc Ian Barasch und „9 Wege in ein krebsfreies Leben“ von Kelly Turner).

– Dass bei der Diagnosestellung die Behandelbarkeit im Vordergrund steht, dass Prognosen also in dem Sinne relativiert werden, dass darauf hingewiesen wird, dass die Statistik nichts über den Einzelnen aussagt.

– Dass bei einer Chemo die Wirkweise in positiver Form ins Bewusstsein gerückt wird, sodass der/die Patientin Kraft ihrer Vorstellungskraft die genaue Wirksamkeit visualisiert und die negativen Nebenwirkungen demgegenüber im Hintergrund bleiben.

– Dass sich Ärzte für andere Behandlungswege öffnen und diese auf keinen Fall verdammen sondern im Gegenteil andere Heilungswege zulassen, wenn die Patientin tief im Innern spürt, dass diese erfolgversprechend sind.

– Dass die Genesung und vollständige Gesundung visualisiert wird. Dazu eignen sich zum Beispiel Methoden des EMDR.

– Da Depression und Angst die Bildung von positiven Erwartungen nachweislich hemmt, wäre eine medikamentöse/psychotherapeutische Behandlung notwendig.

In Bezug auf Lernerfahrungen:

– Ein gemeinsames Erkunden von guten Erfahrungen mit medizinischen Einrichtungen aber auch mit dem Heilwerden, sodass diese Erfahrungen von Selbstwirksamkeit und Selbstheilung im Bewusstsein wachgerufen werden können und somit positiv auf die Erwartung eines guten Ausgangs wirken.

– „Überschreiben“ bzw. Behandlung von negativen Erfahrungen – zum Beispiel im Zuge der Diagnosestellung, mit bestimmten Behandlungserlebnissen (Chemotherapie), mit Ärzten oder Behandlungseinrichtungen, damit diese Vorerfahrungen nicht negativ auf eine weitere Behandlungsunternehmung wirken. Hat sich eine Posttraumatische Behandlungsstörung entwickelt, d.h. ist der Mensch immer wieder von ängstigenden Erinnerungen getriggert, so ist es meiner Einschätzung nach unerlässlich, mit EMDR bzw. anderen traumaspezifischen Methoden diese posttraumatische Reaktion aus dem Körper heraus zu lösen, damit die Lebenskraft der Selbstheilung zur Verfügung steht.

– Eine Kenntnis über die Wirkweise der Therapie und eine bewusste Begleitung der Therapie durch den Patienten festigt Lernprozesse über die Wirksamkeit der Therapiemethode.

Zur Arzt-Patient Beziehung

– Achtung der Autorität der Patientin gegenüber, in dem Sinne, dass sie die Expertin für ihren Körper ist.

–  Ebenbürtigkeit: Mitgefühl mit dem  Patienten in Bezug auf die schmerzliche Realität einer Krebserkrankung und ihrer Folgen. Darüber hinaus eine Wahrnehmung der Patientin nicht nur als Patientin/Erleidende sondern in ihrer Ganzheit mit all ihren Ressourcen.

– Eine dialogische Therapiewahl, weil die Wirksamkeit einer Therapie nachgewiesenerweise größer ist, wenn sie nicht bloß erlitten, sondern  auf der Basis einer gemeinsam getroffenen Therapiewahl  auch mitgetragen wird.

Werden all diese Faktoren in der Begleitung auf dem Krebsweg berücksichtigt, hat die Therapieform – gleichgültig ob diese eine schulmedizinische oder eine komplementärmedizinische ist –  gute Chancen ein im wörtlichen Sinn verstandenes Placebo zu sein, also etwas was im gesamtorganismischen Sinne „gefällt“ und damit heilsam ist.