I AGREE.

 

I agree…


Ich stimme zu…..

 

Ich stimme überein…..

 

Ich bin einverstanden…..

 

Ich befürworte…..

 

Ich möchte das jetzt mal so stehen lassen und bitte Euch, damit in Resonanz zu gehen und zu spüren, was diese Sätze auslösen.

Ich danke für Eure Kommentare!

 

Über das Müssen, Dürfen und Wollen – Teil 2: Das Dürfen

„Mögen täten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut.“ Karl Valentin

Ist das Müssen für mich im Erleben mit einem Druck von oben, einer Verengung, einer Kontraktion, einem Kleinerwerden verbunden, so erlebe ich im  Dürfen eine Weitung, eine Öffnung, ein heilsames Aufatmen, letztlich eine große Befreiung.

Dürfen eröffnet das Feld von Möglichkeiten –  alles wird weit, vor mir liegen all die Schätze der Welt und des Universums.

Oftmals haben Menschen, welche an Krebs erkranken schon lange nichts mehr dürfen, waren ganz im Müssen. Pflichtbewusst erfüllen wir die an uns herangetragenen oder verinnerlichten Ansprüche, gehen einer Arbeit nach, die uns schon lange nicht mehr erfreut oder leben mit Menschen, die uns nicht gut tun, die uns nicht wahrnehmen.

Dann kommt die Diagnose, der Einbruch in das existentielle Fundament und plötzlich geht es nicht mehr um das Erfüllen von Ansprüchen, sondern um mich. Krebs gibt Erlaubnis, ich darf mich um mich kümmern, zum Beispiel endlich meinen Bedürfnissen nach Erholung und Ruhe, nach Selbstverwirklichung nachgehen – alles, was lange nicht mal denkbar war, ist auf einmal selbstverständlich – „Schau jetzt mal ganz auf Dich, ganz klar, dass das jetzt notwendig ist.“

Ohne Dürfen, ohne die radikale Erlaubnis, alles tun zu dürfen, wirklich alles, kein Lebens- und Genussmittel, das verpönt ist, alle Schätze der Welt vor uns ausgebreitet und uns zur Verfügung, kein Tabu, alles gut – erst auf dieser Basis können wir eine wirkliche Wahl treffen.

Tun wir etwas, weil wir es müssen, so ist oftmals ein in der Zukunft liegendes Ziel leitend – gesünder werden, besser auszusehen, sich Ruhm und Anerkennung erwerben, von sich sagen zu können, dass ich ein guter Mensch bin und so weiter.

Mit der radikalen Erlaubnis, indem wir uns gestatten alles zu dürfen, bringen wir uns un-mittel-bar ins Jetzt. Und damit in den Erfahrungsraum gegenüber dem Erfüllungsraum.

Indem wir zum Beispiel laufen gehen, um schlanker oder fitter zu werden, geht es vor allem um die Erfüllung einer Vorgabe – zum Beispiel mindestens eine halbe Stunde im Stück laufen. Wenn wir jedoch – jenseits von dem, was wir lesen oder hören, dem nachgehen, wonach uns ist und uns das erlauben, z.B. einfach eine Runde spazieren zu gehen oder immer wieder gehen und dann ein Stück laufen und wieder gehen und in Fühlung mit unseren Impulsen sind, so ist es der Moment, den wir genießen. Wir brauchen uns nicht danach auf die Schulter zu klopfen und den Wert aus der Tapferkeit, Überwindung, oder dass wir den inneren Schweinehund (was für ein Wort!) bezwungen haben, beziehen.

Es gilt zunächst uns von all den Konzepten und wissenschaftlich verankerten Vorgaben zu bereinigen und alles zu gestatten, das Schokolade-Essen genauso wie das Zigarettenrauchen – ja auch das!, das Alkoholtrinken genauso wie das faul – nein besser gesagt bequem –  am Sofa liegen. Dann erst können wir eine Erfahrung damit machen.

Bei allem, was wir nicht dürfen, bei allem, was wir müssen, schalten wir – so ist meine Erfahrung – das Bewusstsein ab. Entweder weil wir das, was wir glauben zu müssen nicht wollen und es damit auch nicht bewusst erleben können/wollen sondern nur absolvieren, oder aber, weil wir das, was wir nicht dürfen,  eigentlich ja gar nicht tun – schnell noch eine Schokolade bewusstlos in den Mund geschoben, mit dem richtigen Vorsatz für Morgen oder Montag.

Das Negative, Ausschließende hat offenbar keine wirklich förderliche Wirkung, was die nachhaltige Veränderung von Verhaltensweisen betrifft. Das zeigt sich am Effekt der grauslichen Bildern auf den Zigarettenpackungen, welchen zum Trotz dennoch die Anzahl der Raucher gestiegen ist.

Der kluge buddhistische Mönch Bhante Seelawansa meinte damals, als es nur schriftliche – ebenso unwirksame – Warnungen auf den Päckchen gab, dass folgender Aufdruck effizienter wäre:  „Rauchen Sie, aber rauchen Sie achtsam!“

Wenn wir bewusst etwas tun, dann merken wir, was wir tun, wir fühlen die Wirkung, die es auf uns und unseren Organismus hat. Wir können zum Beispiel bemerken, wie der Rauch sich in der Mundhöhle, im Rachen, in der Luftröhre und auch in der Lunge anfühlt, wir können erfahren, wie wir uns nachher fühlen und diese Erfahrung kann ein Korrektiv sein.

Erst auf der Basis, die nichts ausklammert, nichts tabuisiert, nichts verpönt und verurteilt, kann eine freie Wahl stattfinden.

Und es eröffnet sich die Frage: Ich darf, aber will ich denn?

Sterben ist anders.

Sterben ist anders. Das war Cordulas*  letzte Lektion an mich.

Sterben ist anders als ich dachte, als wir dachten, damals als sie mich bat, sie bei diesem ihrem Sterben zu begleiten. Was für ein Geschenk, was für eine Liebesgabe!

Damals im Oktober – 2 Monate vor ihrem Tod-  machten wir uns gemeinsam auf  ihre letzte Reise. Alles wurde geplant. Das Kleid, das sie nachtodlich zu tragen wünschte (das Hechterle!), die handgestrickten Socken an den Füßen, schön wollte sie sein, das war ihr, die ihr Leben dem Schauspiel widmete wichtig.

Gemeinsam mit ihrer lieben Schwester saßen wir zu dritt und gingen das Begräbnis durch. Die Musik wurde ausgewählt und zusammen gehört – Bohemians Rhapsody von den Queen sollte es sein – „Und dann werden alle weinen,“ sagte sie, sitzend in ihrem Bett – „aber Du darfst nicht, weil jetzt ist dein Auftritt, Beatrix!“ Ich sollte, ebenso wie ein Schauspielkollege und ihr Schwager einen Nachruf halten, in diesen Nachrufen die verschiedenen Seiten von Cordula beschreiben. Mein Part war dabei die Innenseite, das Zarte, Feine, Stille und Spirituelle zu zeichnen.

Eine Cordula, welche viele nicht kannten, eine Cordula, die erst in den letzten Monaten im Leben mit Krebs zum Vorschein kam. Eine, die sich um die ganz einfachen Dinge kümmerte, wie es das Reinigen der Badfliesen war, die das Suppenkochen zu ihrer Meditation machte. Eine Cordula, die versuchte, ihren Frieden mit den Menschen zu machen und dazu einen um den anderen einlud – zu sich nach Hause für ein letztes Zusammensein.

So macht man das, dachte ich damals – verzeihen, sich wirklich verabschieden, Altes ziehen lassen, Dinge verschenken, dem Tod ins Auge sehen, glasklar wissen, dass es jetzt nur mehr um das Sterben geht.

Eindrücklich ist mir in Erinnerung, wie sie mir auf meine Frage, was heute gemeinsam zu tun sei, antworte, dass es um ihr Sterben ginge, das sie nun antritt und bei dem ich sie begleiten möge. Damals musste ich sie bereits zuhause besuchen, die Schmerzen in den Knochen ließen keine Wege mehr zu, sukzessive nicht mal mehr den Weg zur Haustür oder ins Bad.

So saß ich bei ihr am Bett, massierte ihre Füße und wir sprachen über Gott und die Welt.

Sie wollte es gut machen –  ihr Sterben – und so übte sie auch dies nach einem Besuch einer Schamanin. Es war eine Qual für mich anzusehen, wie sie sich plagte, die Schwelle zu überschreiten. Es war eine Qual mit anzusehen, wie sie nichts mehr behalten konnte und sich dennoch so unbändig nach ihrem geliebten Mangosaft sehnte.

Das schnitt mir ins Herz, ebenso oder vielleicht noch mehr ihre Schroffheit, ihre Schärfe und Ungeduld. Und auch, wenn ich verstehen konnte, dass es ihre Schmerzen und ihr Ringen um ein Sterben Können waren, die dies verursachten, so fühlte ich mich persönlich angegriffen, verletzt und in unserer Beziehung verraten.

Wie schön und versöhnlich war es dann, als sie mir, die bereits keine Anrufe mehr tätigte und auch keine SMS versandte, ein paar Tage vor ihrem Tod ein SMS schickte, mit der Bitte dringend zu kommen – es sei so weit. Hier nahmen wir Abschied voneinander, und es war eine Versöhnung und ein Wissen um die Liebe in unserer Beziehung spürbar. Dafür bin ich dankbar.

3 Tage später starb sie – an meinem Geburtstag. Noch einmal kamen wir zusammen, um uns von ihr – die nachtodlich noch schöner schien als zu Lebzeiten – zu verabschieden.

Vieles hat mich ihr Sterben gelehrt – dass der Körper ein eigenes Gesetz hat, das leben will und an diesem Leben festhält, und dass dies großen Schmerz verursacht, und dass es zwar gut ist, sich bewusst vorzubereiten, den Abschied zu vollziehen, dass es aber dennoch etwas Unbekanntes, nicht zu Kontrollierendes in diesem Prozess gibt.

Genauso wie die Geburt meiner Tochter so ganz anders verlief, als ich es plante und mich auch in diesem Sinne vorbereitete, so scheint auch diesem Tod-Gebärens-Prozess etwas Unbekanntes inne zu wohnen.

Vielleicht ist ja dieses Bewusstsein um das Unbekannte, nicht zu Planende, Neue in diesem Prozess die einzige und wesentliche Vorbereitung auf das je eigene Sterben.

Liebe Cordula, Danke, dass ich dabei sein durfte!

*den Namen habe ich aus Gründen der Diskretion geändert.

Is this the real life, is this just fantasy
Caught in a landside, no escape from reality
Open your eyes, look up to the skies and see
………
Nothing really matters, anyone can see
Nothing really matters, nothing really matters to me
Any way the wind blows

Aus Bohemians Rhapsody von den Queen