Welch´ eine Zeit! Keine Spur von der viel gerühmten Besinnlichkeit und Stille.
Ein Rauschen und Tosen ist das seit dem ersten Krebsverdacht, einen Tag vor meinem Geburtstag.
Seit dem geht´s rund.
Mein ohnedies schon zur Aufregung neigendes Nervensystem ist außer Rand und Band.
Ja, ich weiß, grad dann sollte ich keinen Kaffee trinken, nicht mal einen einzigen. Besänftigende Kräutertees wären da indiziert. Stattdessen nütze ich jede Gelegenheit – Untersuchung, Befund abholen, Bewilligung hinbringen, um mich in das nette Kaffee Franze http://xn--kaffeersterei-omb.wien/am Rande des Kutschkermarkts zu setzen.
Wie eine Oase ist das, und da könnte ich mir gleich einen zweiten bestellen, was ich natürlich dann doch nicht tue.
Ich sollte vieles tun oder nicht tun, wenn ich meinen Ansprüchen gerecht werden will. Natürlich meine Yoga- und Meditationspraxis konsequent fortsetzen, wie ich es über Jahrzehnte getan habe. In die Stille gehen käme jedoch einer Vollbremsung eines Lastwagens gleich, und so mache ich das jetzt mal nur, wenn es mich wirklich danach verlangt.
Und dann ist es gut und besänftigend, aber nicht, wenn ich gleich einen neuen, mich stressende Auftrag draus mache – dass ich das jetzt wirklich wieder regelmäßig aufgreife, weil es mir doch gut tut.
Auch sollte ich natürlich weiterhin Sport machen, und manchmal zieht es mich auf den Rathausplatz, um meine Runden am Eis zu ziehen. Oft bleibe ich jedoch lieber zuhause, wo kein Wind und die Masse der Menschen mich noch mehr durcheinander bringt.
Ja, da gibt es so einiges, was nicht meinen hehren und auch wohl erprobten Anforderungen an mich gehorcht.
So ist das jetzt.
Sehr anders ist es, als es bei den letzten beiden Malen war, als ich mit einer Krebsdiagnose konfrontiert war, und ich spüre auch eine leise Enttäuschung (über mich) und ein Bedauern, dass es mich diesmal nicht sogleich an diesen inneren Ort bringt, wo es still und zentriert ist.
Diese Vor-Stellung, dass es so sein muss, damit es heilsam ist, möchte ich jetzt einmal hingeben und mich dem (jetzt halt reißenden) Strom der Erfahrung überlassen – im Vertrauen, dass alles gut ist, so wie es ist, wenn man es da sein lässt, oder wie mein lieber Lehrer Michael Smith sagte: „Life is bigger than you“ – sowieso.
So will ich jetzt aufstehen, vielleicht den Sauhaufen am Schreibtisch beseitigen, dann vielleicht einen Kaffee trinken, den restlichen Teig zu Vanillekipferl formen – sehr beruhigend! – und dann weitersehen, was ich bis zum heutigen nachmittäglichen Termin bei der Chirurgin noch mache – vielleicht doch raus in die Sonne gehen?