Mir selbst zur Freundin werden II – eine Krebs-Prophylaxe

Den folgenden Text habe ich vor einigen Jahren am Schluss meines Vortrags mit dem Titel „Von der Seele begrüßt – das Ja zur Therapie als heilender Faktor“ bei der Österreichischen Gesellschaft für Psychoonkologie vor gelesen. Er hat in meinem Ringen um ein organismisches, den Rhythmen des Lebens gehorchendes Leben noch immer Gültigkeit.

Leben wollen – Leben dürfen.

Eine Gewissheit: Leben zu wollen um meiner selbst willen, lässt mich am Leben bleiben.

Ein Beispiel: Laufen, beliebig auf Lebensfunktionen wie Essen, Schlafen, Sexualität, Meditation anzuwenden.

Laufen

Nicht laufen weil Dienstag ist, oder Freitag oder Sonntag oder besser noch an jedem anderen möglichen Tag, weil es gesund ist, nicht eine Stunde mindestens laufen müssen, weil ich mich sonst nicht in die Reihe der ernsthaften Läuferinnen einreihen darf. Kein Schulterklopfen mehr beim Heimkommen – „Tüchtig So“: Laufen weil ich laufen will oder nicht laufen oder ein bisschen laufen, dann gehen, stehen, oder sogar sich dort auf meine Bank setzen, auch das nicht mehr determiniert auf 5 Minuten, vom Terror der Zeit gehetzt, mich hinsetzen, sitzen, atmen, schauen. Laufen wollen – oder nicht.

Tagelang, wochenlang, vielleicht gar nicht mehr.

Ja das ist ein Risiko – die selbstauferlegten disziplinären Sicherheiten zu verlassen.

Mir zu folgen.

Mich zurückerobern aus den Fängen der wissenschaftlich begründeten Gesundheits-Maßnahmen.

Mich mir zurückgeben. Ja das ist wahrlich ein Risiko.

Und – Es passiert nichts.

Erstaunlich.

Leben wollen um meiner selbst willen, lässt mich am Leben bleiben.

Das ist gewiss.

Einfach leben. Darüber ist keine Aussage zu treffen.

Leben, solange ich leben darf.

Leben, solange ich lebe.

Mein Leben von der Seele begrüßt.

Mir selbst zur Freundin werden – eine Krebs-Prophylaxe

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„Ich möchte solidarisch sein mit den Bedürfnissen meiner Seele“ sagte Andre Heller anlässlich der Entgegennahme der Platin Romy für sein Lebenswerk.

Und mehr noch, er offenbarte, er sei – auch wenn er viele glänzende Auftritte im Leben hatte, sich immer als Feind selbst gegenüber gestanden.

Und dass er entschied, sein eigenes inneres Kind so vorbehaltlos zu lieben, wie es das bei seinem Sohn Ferdinand tut.

Das hat mich sehr bewegt.

So viele von uns – ob an Krebs erkrankt oder nicht – sind sich selbst ein Feind. Wir getrauen uns nicht, unseren organismischen Bedürfnissen zu ge-horchen, lehnen uns in unseren vermeintlichen Schwächen, in unserer Mutlosigkeit, Verzweiflung oder vielleicht vielmehr noch in unserer Kraft und Stärke ab. Haben Angst, den Arbeitsplatz und damit unsere Existenzbasis zu verlieren, wenn wir für unsere Bedürfnisse, für unsere Visionen und Ideale, für uns einstehen, getrauen uns nicht, unsere Freunde mit etwas Unbequemen zu konfrontieren, haben Angst, aus einer Gemeinschaft heraus zu fallen, wenn wir nicht über-einstimmen.  Damit verlagert sich ein Konflikt, ein Nein zum Außen – zu den teilweise krankmachenden Bedingungen – nach Innen. Und es wird ein Nein zu mir selbst. Der große Lawrence Le Shan beschreibt in seinem wunderbaren Buch „Diagnose Krebs – Wendepunkt und Neubeginn“ wie sich in der Biographie von Krebskranken wiederkehrend der Verlust der Lebensmelodie findet.

Mich mir selbst zurück zu geben aus der Ent-Eignung, der Ent-Fremdung, mich mit mir also anzufreunden, mag als ein großes Ding erscheinen und kann seinerseits Angst machen. Es nicht zu schaffen, das Eigene zu finden und dann dafür die nötigen Schritte zu setzen.

Eigentlich ist es jedoch ganz einfach:

Mit jedem kleinsten angemessenen, guten Schritt  – und ich meine wirklich jeden kleinsten guten Schritt, ob ich die Straßenbahn benutze oder eine Station zu Fuß gehe und mich damit am Frühlingslicht, dem neuen Grün der Bäume, dem Vogelgesang erfreue, oder es aber genieße. gefahren zu werden, beim Fenster rausschauen zu können, nichts tun zu müssen, – mit jedem dieser kleinen Schritte bekräftigen wir unsere Lebenskompetenz und fördern eine lebensbejahende Qualität. Um mit Le Shan zu sprechen: All diese Schritte sind wie Noten unserer Lebensmelodie, einer Melodie, die wir so vielleicht noch nie vernommen haben, und in der immer wieder neue Harmonien, Obertöne und Bassstimmen hinzukommen, die aber immer unsere ureigenste Melodie ist.

Und vielleicht mag ich dann weiter gehen, indem ich schaue, was mein Lebenslicht dimmt oder erhellt. Meine  Beziehungen, meine Ernährung, meine Arbeit, meine Gewohnheiten durch scannen, wo hellt sich mein Befinden auf, wo öffnet sich Etwas in meinem Inneren, wo geht mir das Herz auf, wo jauchzt meine Seele. Einfach wahrnehmen, einen Befund meiner Seelen-Verfassung  erstellen, ohne Handlungszwang, schlicht feststellend, wie es ist.

Mich kennen lernen,  mir  zum Freund werden, der wohlwollend, aufmerksam, liebevoll zuhörend mit mir ist. Das ist – so bin ich überzeugt – die beste Krebs-Prophylaxe.

Diagnose Krebs

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Zumeist ist die Diagnose Krebs ein großer Schock aus vermeintlich heiterem Himmel. Festgestellt als Zufallsbefund oder bei einer Routineuntersuchung haben sich davor bisweilen keinerlei Symptome bemerkbar gemacht, und dann diese für die meisten Menschen äußerst bedrohliche Diagnose.

Ob diese Diagnose ein nachhaltiger Schock ist, hängt von vielen Faktoren ab: Zuallererst ist es die Konnotation von Krebs als einer eng mit dem Tod verknüpften Krankheit.  Das entspricht nicht den Tatsachen, weiß man doch aus der Statistik, dass weit mehr Menschen an einer Herz/Kreislauferkrankung (40 %) sterben als an Krebs (25 %). Diese Krebs-Vorstellung ist unheilvoll, kommt doch damit im Inneren des Menschen die Krebs-Diagnose einem Todes-Urteil gleich.

Das ist der bewusstseinsmäßige Boden, auf den eine Krebs-Diagnose fällt, ein Boden, der irrational, undifferenziert, einen unheilvollen Weg vorzeichnet, wo das Schicksal von vornherein besiegelt scheint. Das hat weitreichende Folgen. Der dadurch verursachte Schock  kann im Psychischen im Sinne einer posttraumatischen Belastung und im Physischen als Schwächung des Immunsystems wirken. Der Mensch, der  oftmals gerade noch, was das Befinden betrifft, gesund war oder zumindest nicht an schwerwiegenden Symptomen zu leiden hatte, ist – per Diagnose – jetzt schwer krank.

Die natürliche Reaktion ist verständlicherweise eine Abwehr, eine Wegbewegung, ein Wegsehen, ein Weghaben wollen, so schnell wie möglich ein Zurückschlagen wollen.

Überhaupt wird so getan, als gäbe es diesen einen Krebs, dessen Gesetzmäßigkeiten über alle individuellen Bedingungen hinweg sich unweigerlich in immer der gleichen letztlich todbringenden Art vollziehen.

Dem steht gegenüber, dass Krebs nicht eine Krankheit ist und die Erfahrung zeigt, dass es selbst bei ein und demselben Krebs und ein und derselben Behandlung und ein und derselben Prognose, verschiedene Ausgänge gibt. Diese reichen von einem unterschiedlich langen Überleben bis zu einer völligen Heilung, wo der Krebs lebenslang nicht mehr nachgewiesen werden kann. Auf der anderen Seite gibt es die sogenannten Spontanheilungen, wo Menschen beispielsweise die schulmedizinische Behandlung verweigern und dennoch überleben selbst bei Krebsarten wie dem gefürchteten Bauchspeicheldrüsenkrebs. Siehe dazu auch Buchempfehlungen: „Geheilt http“://krebscoaching.org/buchempfehlungen/bucher/

Dies alles gibt es, aber es ist nicht im öffentlichen Bewusstsein, hartnäckig wird an diesem mystifizierten Bild vom Krebs festgehalten, und die sie vermeintlich bestätigenden Schreckensnachrichten werden weit häufiger transportiert als Beispiele eines glücklichen Um- und Ausgangs damit.

Ja es ist Zeit, eine andere Sprache zu nutzen, vermehrt gute Nachrichten zu verbreiten, damit meine ich auch von persönlichen Entwicklungswegen zu berichten, die durch die Krebs-Diagnose oftmals erst möglich wurden.

Es geht darüber hinaus darum, den Krebs zu entdämonisieren und hoffnungs- und vertrauensbildende Überzeugungen zu fördern, sodass Menschen auf einem realistischen, rationalen Boden ihren von der Seele begrüßten Krebs-Weg beschreiten können.