Grenzen setzen

Abgrenzen.

Gegen eine solche Aufforderung hab´ ich mich immer gewehrt.

Ab-grenzen.

Da bin ich ganz mit der Aufmerksamkeit an meiner Peripherie, versuche mit angespannte Armen für meinen Raum zu sorgen.

Grenze mich ab.

Und schon bin ich abgegrenzt, stets bedacht, die nächste Lücke zu schließen. Entäußert, abgezogen.

Da gefiel mir ein anderes Bild schon besser: So sehr in meiner Mitte verankert zu sein, dass diese wie ein ins Wasser geworfener Stein Kreise um sich zieht, weite Kreise…

Da ist Ausdehnung, die kraftvoll eine Grenze schafft.

In den letzten Wochen bin ich selbst und vor allem auch in der Begleitung von Menschen, die an Krebs erkrankt sind, damit konfrontiert worden, wieviel Kraft für die innerliche Abwehr von ungünstigen Einflüssen erforderlich ist.

Das können Eltern sein, wo wir gehorsam Zeit miteinander verbringen (müssen), weil es sich so gehört, oder auch Freudinnen, die den Namen eigentlich nicht verdienen, weil sie uns in unseren Vorhaben und Visionen nicht unterstützen, uns die eigene Wahrheit absprechen, uns bewerten und uns mit ihren eigenen unhinterfragten Konzepten befassen. Es kann aber auch ein Kollege sein, der unseren Beitrag zum gemeinsamen Projekt nicht würdigt.

Und dann hat es unser Organismus damit zu tun, all das abzuwehren. Und dann kann es sein, dass ich innerlich Runde um Runde abgehe, immer mit der Frage, wie ich das wohl mitteilen könnte, ohne den/die andere zu verletzen.

Gerade wenn unser Körper nicht gesund ist, oder es mit einem Genesungsprozess zu tun hat, wie das zum Beispiel nach einer fordernden Therapie der Fall ist, brauchen wir einen unbedrohten Raum, einen organismischen Raum, der erneut in die Ausdehnung und damit in die Pulsation kommen kann. Und das ist nur möglich, wenn dieser Raum ein sicherer Raum ist, ein unbedrohter, ein Raum, in dem wir uns niederlassen können, atmen, uns ausdehnen, atmen, pulsieren.

So tauchte vor einigen Tagen ein Bild in mir auf über den je eigenen Lebensgarten, den es zu pflegen und zu hegen und den es ebenso zu schützen gilt.

Und so ein wunderbarer Garten braucht einen Zaun, einen hölzernen Lattenzaun. Latte um Latte in braunem Holz stehen sie nebeneinander, sie schützen mich vor den Blicken und dem Eindringen. Und nein da ist nicht einfach ein kleines, leicht zu öffnendes Schloss, sondern ein richtiges, das man nur von innen öffnen kann.

Und dann schau´ ich, wer da so reinkommen will, verborgen in meinem Häuschen und dann entscheide ich, ob ich Eintritt gewähre oder nicht. Und dann darf die Person vielleicht reinkommen und da gibt es ein Salettl, wo wir auf einen Tee zusammensitzen für eine gewisse – nicht allzu lange Zeit – und dann bitte ich sie wieder zu gehen.

Und dann bin ich wieder in meinem Raum.

Ausatmen.

Mich freuen, angeregt von der Begegnung.

Und dann kann ich in aller Ruhe nachsehen, ob der Zaun wohl noch intakt ist, oder ob die Holzwürmer Löcher rein gefressen haben. Dann ist es gut, zu schauen, wo Löcher zu schließen sind. Welche Sätze sind noch nicht gesprochen? Sätze, die diese Lücken schließen, etwas Aufgewühltes abschließen.

Abschließen, rund machen, sich umdrehen, etwas hinter sich lassen, erneut in die Welt gehen.

Dann kann sich ein neuer Raum eröffnen, ein Lebensraum,

Oder wie man es in der Gestalttherapie sagt, es hat sich ein Gestaltkreis geschlossen und Neues kann in den Vordergrund treten.

Grenzen zu setzen braucht Mut.

Im Bewusstsein und tiefen Verstehen, dass dies notwendig ist, um zu heilen, können wir diesen Mut aufbringen.

Die Krebserkrankung ist ein wahrlich guter Anlass dazu.

Ein Wink mit dem Zaunpfahl sozusagen. ;- ))

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