Diagnose Krebs und Traumatisierung

 

Die Krebserkrankung ist ein komplexes Geschehen und es gibt viele Ursachen, die dazu beitragen können, dass Zellen aus dem Gesamtzusammenhang fallen und beginnen sich ungehemmt zu teilen.

Die Ursachen können ebenso eine genetische Disposition als auch Belastungen durch Ernährung und Umweltgifte wie auch Verhaltensfaktoren oder langandauernder Stress sein.

Fragt man Menschen, die an Krebs erkranken, so findet sich oftmals eine Stressbelastung in den letzten 6-18 Monaten vor der Diagnose. Dabei handelt es sich zum Beispiel um den plötzlichen Tod eines nahen Angehörigen, Mobbing am Arbeitsplatz, eine schmerzliche Trennung oder ein chronisches Über-die-eigenen-Grenzen-Gehen.

Tieferliegend finden sich meiner Erfahrung nach oftmals traumatische, d.h. überwältigende Erfahrungen von Ohnmacht und Hilflosigkeit in der Kindheit und Jugend. Vor allem wenn nahe Bezugspersonen gewalttätig und grenzüberschreitend waren, das Kind gedemütigt und erniedrigt haben dann hat das weitreichende Folgen für das weitere Leben. Auch Vernachlässigung zählt zu den traumatisierenden Faktoren. Dazu gehört für mich auch, wenn man das Kind in seinen Bedürfnissen nach Nahrung, Gehaltenwerden, Wärme, Ruhe und Anregung, Sicherheit und Freiheit nicht feinfühlig beantwortet. Am einschneidensten sind Erfahrungen des Missbrauchs, (sexualisierter) Gewalt und einer Atmosphäre der permanenten Bedrohung in der Familie. Obwohl Menschen, die Derartigem ausgesetzt waren, über eine erstaunliche Überlebenskraft verfügen, haben diese Erlebnisse gravierende Auswirkungen, die das Selbst- und Weltverständnis und  das Verhalten prägen und bis ins Biologische reichen können.

Den folgenden Text habe ich anlässlich einer Fortbildungsveranstaltung zum Thema Traumatisierung verfasst.

Möge er dazu dienen, sich selbst und andere besser zu verstehen und zu sehen, dass  wie Fischer, ein namhafter Traumaexperte sagt „Trauma  eine normale, grundsätzlich gesunde Antwort der Persönlichkeit auf eine verletzende bzw. extrem kränkende Erfahrung ist.“  (Fischer)

Trauma von Innen

Traumatisierung bedeutet zu allererst Angst, Angst, die im Körper steckt, die mich nicht zur Ruhe kommen lässt, die mir den Schlaf raubt und mich in der Früh aus dem Bett schrecken lässt – schon wieder ein gefahrenvoller Tag.

Es ist das keine spezifische Angst, mehr ein Körpergefühl der dauerhaften Auf-  und Erregung, dies lässt uns schwitzen, erkalten, erröten, macht Durchfall oder Verstopfung.

Oder aber mich gar nicht bewegen können, vor Erstarrung gelähmt stunden-, tage-, wochenlang im Bett  verbringen und nicht mal die alltäglichsten Notwendigkeiten tun  können – und mich dafür  verurteilen. Oder in fremde Fantasiewelten einzutauchen –  Soaps als Zufluchtsorte aufsuchen, wie ein Refugium vor dem Horror und dem Schmerz.

Traumatisiert zu sein bedeutet das Jetzt nicht von der Vergangenheit unterscheiden zu können, beim Geruch eines bestimmten Rasierwassers zur 3-Jährigen zu werden, die jetzt gleich erneut vom Vater angegriffen wird, auch wenn ich 40 bin und einem attraktiven Mann gegenüber sitze.

In diesem Traumastate zu sein bedeutet auch, dass es nie anders war und dass es nie anders sein wird. Zeitloser Schrecken und tiefste Verzweiflung.

Traumatisiert zu sein bedeutet, mich verrückt zu fühlen, weil die Ankündigung, dass in 2 Tagen der Installateur ins Haus kommt, mich schon jetzt in eine ängstliche Spannung versetzt, weil da jemand in mein Zuhause eindringt. Dass es mir unmöglich ist, Amtswege zu erledigen, weil ich wie damals als ich der schlagenden Gewalt ausgesetzt war, Angst vor neuerlicher Herabwürdigung und strafender Autorität habe. Überhaupt brauchen traumatisierte Menschen viel Alleinsein, weil sie sich nur dann frei bewegen können, Ausdehnung stattfindet, sie sich in Sicherheit fühlen oder aber nicht allein sein können, weil sie nur beim Anderen Schutz vor den inneren Dämonen und Gefahren finden.

Traumatisiert zu sein lässt mich in dauernden Gedankenkreisen verweilen – darüber wer Schuld hat – der andere, mit welchem ich einen Konflikt habe, oder ich, weil ich wieder was Falsches gesagt habe. Mich zu fragen, ob ich berechtigt bin, empört, verletzt, ärgerlich zu sein.

Viele traumatisierte Menschen machen die Nacht zum Tag, dann wenn sich die Welt mit ihren Ansprüchen und Forderungen zurückzieht, wenn die Dunkelheit umhüllt und es still wird, dann leben sie auf. Es ist dies die Zeit der Erlaubnis – endlich dürfen und nicht müssen.

Es bewirkt, dass ich meinen Körper hasse, weil er der Hort des Schmerzes, des Leids, des Terrors ist, mich schmutzig zu fühlen und mich deshalb  durch Zwangsrituale und Fastenkuren von all dem, was im Trauma in mich gekommen ist, zu reinigen. Dieser mein Körper, der eine Quelle der Freude, die Basis meiner Selbstwirksamkeit, meiner Erdung sein könnte, ist zum größten Feind geworden.

Von diesem Platz der Unerträglichkeit will ich raus und so wird der Tod zu einem wiederkehrenden Ort meiner Sehnsuchtsfantasie. Es soll endlich aufhören – das innere Rasen, der Gedankenterror, die hochgeladenen Gefühle der Angst, des Hasses und des Schmerzes, denen ich keinen Ausdruck verleihen durfte, weil der Täter dann erst recht zuschlug, diese Gefühle, die nun eingefroren in Angst mir als Ausdruckskraft nicht mehr zur Verfügung stehen.

Hilflos, wehrlos, ohnmächtig, allein, weil unverstanden mit all meinen eigenartigen, ver-rückten Verhaltensweisen, den sinnlos erscheinenden Ritualen – so fühl ich mich, wenn ich traumatisiert bin.

Wenn es jedoch gelingt, all das, was mich ausmacht zu mir zu nehmen und zu verstehen, dass das alles ganz normal ist, all diese „Spinnereien“ meinem Überleben gedient haben, dann kann ich vielleicht erfahren, dass in mir eine Stärke wohnt, die mich Unmenschliches, Unfassbares überleben hat lassen und ein Lebenswille, der nicht nur überleben sondern leben will – mit allem was dazu gehört – mit Ruhe und Entspannung, Sicherheit, Intimität und Abstand, Ja und Nein, Freude und Trauer, Wohlgefühl und Schmerz und allem was ein einfaches Leben ausmacht.

Diagnose Krebs – die Krankheit hinter der Krankheit

Für mich ist Krebs – mein Krebs – nicht die Krankheit, die eigentliche Krankheit hat viel früher begonnen – da ist, und ich traue mich das ganz allgemein zu sagen, etwas im Leben aus der Ordnung gefallen, ich bin aus einer übergeordneten Ordnung gefallen. Phänomenologisch ist das auch bei der Krebszelle der Fall, sie entwickelt eine Eigengesetzlichkeit, ist aus dem Gesamten gefallen und wächst unverbunden vor sich hin. Dieses aus der Ordnung fallen hat mit gesellschaftlichen Normen und Werten zu tun, mit einer Leistungsdominanz, mit der nicht Würdigung von Leben und Lebensprozessen an sich. Hier ist mir sowohl Wilhelm Reich als auch Carl Rogers nahe, Reich in seinem gesellschaftspolitischen Ansatz der Panzerung und Rogers mit seinem Krankheitskonzept der Inkongruenz.

Zur Krankheit hinter der Krankheit gehört für mich aber auch und ganz wesentlich der Krebs-Geist, dieser nahezu alles beherrschende Krebs-Geist verknüpft den Krebs nahe mit dem Tod, ohne Ausweg, der Krebs ist feste Materie, unwandelbar, er lauert aus dem Hinterhalt wie ein Sniper, dem wir unbarmherzig ausgeliefert sind, der ungebremst wuchert, wenn er einmal da ist und sein Zerstörungswerk unbarmherzig verrichtet. Der Krebs wird personalisiert, dämonisiert, zum tödlichen Feind erklärt, dem wir mehr oder weniger total ausgeliefert sind. Das ist die alles beherrschende Meinung. Und das ist sehr ungesund. Davon bin ich überzeugt.

Und diesem Feind treten wir mit ebenso vehementen Mitteln entgegen, wir bekämpfen ihn, wehren ihn ab, blind, ohne Kontakt und vor allem schnell.

So gilt es als richtig, effektiv und einzige Möglichkeit.

Und ich bin gewiss, dass das so nur eingeschränkt nachhaltig funktionieren kann. Dass es vielmehr gilt ihn anzu-nehmen als einen Teil von mir, zu verstehen, dass er mit mir zu tun hat, nicht Außen ist, sich zuzuwenden, ihm Gehör zu schenken, ihn anzufragen, warum er da ist, und was es braucht, dass sich die Zellen wieder ins Ganze des Organismus eingliedern können. In diesem Sinne ist der Krebs – für mich ganz und gar nicht bösartig, er dient dem – Aktualisierungstendenz sei Dank – dem Guten – Besseren.

Darüber hinaus sollten wir hellhörig sein für die Beschränkungen in unserem Denken darüber, was alles im Leben möglich ist – ja es gibt Heilungen, wo der Körper von Metastasen übersät ist, und alles verloren scheint. Hier sind Bücher wie die von Dispenza „Du bist das Placebo“ (siehe dazu die Beschreibung in den Buchempfehlungen) sehr wertvoll, die die ungeheure Macht unseres Geistes über die Materie anhand von vielzähligen Untersuchungen eindrucksvoll dokumentiert. Die von einer Krebs-Diagnose betroffenen Menschen wollen in ihrer Zuversicht, Vertrauen und in ihrer Selbstbestimmung bestärkt werden. Das ist heilsam.

Das schnelle Bekämpfen mit Gift und Schwertern kann zwar einen wesentlichen Beitrag liefern, um einen Freiraum zu schaffen, den Krebs eine Zeitlang zurück zu drängen, vor allem, wenn diese schulmedizinischen Methoden von unserer Seele begrüßt werden, und wenn wir sie mit tragen,  weil sie dann, wie man weiß, wirkungsvoller sind. Darüber hinaus gilt es mich zu fragen, was die Aufgabe meines Krebses war, was in Unordnung geraten ist, wo etwas wild wuchert, wo sich ein Nein zum Leben entwickelt hat, und letztlich was gelebt werden will von mir.