Zu meinen wesentlichsten Nahrungs-/Lebensmitteln zählen die Gedichte von Rainer Maria Rilke.
Heute möchte ich zwei davon meiner lieben Gundel zu ihrem 55. Geburtstag widmen.
Noch habe ich einen Hauch ihrer Stimme im Ohr, als wir damals im Jahre 2011 für die Lesung probten.
Sie saß in ihrem großen Sessel, wie auf einem Thron, eingehüllt in viele Decken und las mit ihrer unnachahmlichen, wohl tönenden Stimme Rilke.
„Uns zur Feier“ wollten wir die Lesung nennen. sie sollte an meinem Geburtstag stattfinden, an jenem Tag, an dem sie dann von uns ging.
So denke ich heute an Dich, liebe Gundel und schicke Dir Rilkes Worte.
Sicher bist Du ihm ja jetzt ganz nahe.
Gott spricht zu jedem nur, eh er ihn macht
Gott spricht zu jedem nur, eh er ihn macht,
dann geht er schweigend mit ihm aus der Nacht.
Aber die Worte, eh jeder beginnt,
diese wolkigen Worte, sind:
Von deinen Sinnen hinausgesandt,
geh bis an deiner Sehnsucht Rand;
gieb mir Gewand.
Hinter den Dingen wachse als Brand,
dass ihre Schatten, ausgespannt,
immer mich ganz bedecken.
Lass dir Alles geschehn: Schönheit und Schrecken.
Man muss nur gehn: Kein Gefühl ist das fernste.
Lass dich von mir nicht trennen.
Nah ist das Land,
das sie das Leben nennen.
Du wirst es erkennen
an seinem Ernste.
Gieb mir die Hand.
Wenn es nur einmal so ganz stille wäre
Wenn es nur einmal so ganz stille wäre.
Wenn das Zufällige und Ungefähre
verstummte und das nachbarliche Lachen,
wenn das Geräusch, das meine Sinne machen,
mich nicht so sehr verhinderte am Wachen:
Dann könnte ich in einem tausendfachen
Gedanken bis an deinen Rand dich denken
und dich besitzen (nur ein Lächeln lang),
um dich an alles Leben zu verschenken
wie einen Dank.