„Ich will Ihnen keine falsche Hoffnung machen“ hört man oftmals von Ärzten, wenn es um Prognosen geht.
Müsste es nicht heißen, wenn es nur einen Fall gibt, wo Heilung wider Erwarten stattgefunden hat, dann gibt es Hoffnung, eine Möglichkeit, es ist nicht hoffnungs- und aussichtslos.
Ich denke, wir sollten genau sein mit den Worten, weil Worte lebensspendend oder lebenshemmend sein können.
Manche Krebsarten haben einen äußerst schlechten Ruf in Bezug auf eine Genesung, und oftmals hört man den Satz, dass es keine Hoffnung gibt.
Was macht das für den Betroffenen? Es schwindet jegliche Hoffnung auf Genesung. Das hat weitreichende Folgen: nicht nur auf der psychischen Ebene, wo sich Resignation, Hilfs- und Hoffnungslosigkeit vielleicht auch Todesangst breit machen, nein, die Folgen reichen bis ins biologische Fundament. Man weiß, dass die Stärke des Immunsystems vom Lebenswillen und auch vom Bewusstsein über meine Selbstwirksamkeit in direkter Weise beeinflusst wird, in die eine wie in die andere Richtung.
Höre ich einen derartigen Satz, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich aufgebe. Dieser apodiktische, endgültige, jede andere Möglichkeit ausschließende Satz wirkt wie ein Hypnoid, dem man in einer self fulfilling prophecy folgt. Auch das weiß man mittlerweilen aus der Placeboforschung – dass die positive oder negative Erwartung einen wesentlichen Einfluss auf die Wirksamkeit eines Arzneimittels hat. Außer ich zähle zu den seltenen Menschen, die das als Aufruf sehen, den Gegenbeweis anzutreten.
Für mich geht es da mehr um eine falsche Hoffnungslosigkeit, in diesem Bemühen darum, keine falsche Hoffnung zu wecken.
Für mich ist eine falsche Hoffnung ein Heilversprechen, das in undifferenzierter Weise gegeben wird, ob sie jetzt von Schulmedizinern oder in diesem Falle leider häufiger von Heilern und Alternativmedizinern – von jenen Menschen also, die die letzte Adresse für von der Schulmedizin aufgegebenen Patienten sind – gegeben wird.
Wenn gesagt wird, diese oder jene Vorgangsweise wird Sie (auf jeden Fall) heilen – dann ist das für mich ein falsches Versprechen, das eine falsche Hoffnung weckt. Hier übertönt die Eindringlichkeit und Macht der Aussage die innere Stimme der Patientin, die sehr wohl früher oder später laut wird. Dann, wenn keine anderen therapeutischen Maßnahmen zugelassen werden, wenn nur das eine, vom Heiler propagierte und verkaufte Verfahren als wirksam anerkannt wird. Das ist eine falsche Hoffnung. Da wird die Not des Patienten ausgenützt.
Im Sinne von Vaclav Havels legendärem Zitats, dass „Hoffnung nicht die Überzeugung ist, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“ meine ich, dass ich als von Krebs Betroffene gut daran täte, meiner inneren Stimme Gehör zu schenken, diesem tiefen Wissen, dass etwas sinnvoll ist, und dass dieser Schritt auf meinem Krebsweg der nächste gute ist.