Keine Sorge, es geht mir gut.
Aber man kann nie früh genug anfangen, sich mit dem eigenen Sterben zu beschäftigen, wie immer es dann tatsächlich sein wird.
Mein gutes Sterben ist ein Prozess, ein bewusster Prozess – kein schnelles hinüber Schlafen, aus dem Leben gerissen ohne jegliche Anzeichen.
Mein gutes Sterben kündigt sich an, ich weiß um mein Sterben und ich mach´ mich auf den Weg – wissend, dass es um meinen letzten Weg geht. Um den letzten irdischen Weg.
Mein gutes Sterben ist schon lange vorbereitet.
Ich weiß, welche Musik ich hören möchte, wenn ich überhaupt etwas hören möchte, ich kann mir nämlich auch vorstellen, dass zu diesem Zeitpunkt die Stille, – wie Eckhart Tolle sagt, „die Sprache Gottes“ die schönste Musik ist.
Mein gutes Sterben ist ein Sterben, das begleitet wird von Menschen, nicht vielen – 2-3 vielleicht, das weiß ich noch nicht so genau -, die mich leise, sanft und aufmerksam begleiten. Sie picken nicht die ganze Zeit an mir und fragen, was ich brauche, weil viel – so glaube ich – werde ich nicht mehr brauchen. Sie sind in Rufweite oder öffnen immer wieder leise die Tür, um nach mir zu sehen.
Meine BegleiterInnen wissen, dass der Tod eine Geburt in eine neue Seinsweise ist. Sie begrüßen diesen Prozess wie sie ein Zur-Welt-Kommen, begrüßen. Sie sind daher ohne Angst, und wenn sie ängstlich oder hilflos sind, achten sie darauf, zu schauen, was sie selbst brauchen, um wieder frei zur Verfügung stehen zu können. Auch die Trauer über den menschlichen Verlust können sie zur Seite stellen für diese Zeit.
Sie sind da. Halten meine Hand, cremen mich ein, wenn ich das möchte.
Sie drängen mir kein Essen auf – schau, ein bisschen was musst ja essen. Sie geben mir schluckweise zu trinken, wenn ich überhaupt ein Bedürfnis habe, etwas zu mir zu nehmen oder sie befeuchten einfach Mund und Lippen.
Sie betten meinen Körper, sodass es bequem ist, halbwegs bequem, weil ganz bequem stell´ ich mir es auch nicht vor – das Sterben.
Sie sind eingestimmt in mich und den Prozess.
Sie atmen mit mir wie eine Hebamme wissen sie, dass mich jeder Atemzug dieser Geburt näherbringt.
Einatmen – Ausatmen
Auch habe ich dafür gesorgt – vielleicht ist das ja eines der großen Herausforderungen für mich – dass alles in Ordnung gebracht wurde, meine Überweisungen ebenso wie mein Nachlass und meine Beziehungen, die ich bestenfalls befriede, da wo Unfrieden ist.
Mein gutes Sterben ist begleitet von den Segnungen unserer Kirche, der Christengemeinschaft.
Es werden all die wunderbaren Sakramente wie die Krankenölung über die Aussegnung am offenen Sarg nach drei Tagen, die Bestattung und dann noch die Seelenmesse, die bei uns Totenweihehandlung heißt, gespendet und sie helfen mir, mich vom irdischen Sein zu lösen und in einer andere Seinsqualität überzugehen.
Das Bewusstsein, dass das alles geschieht, dass für meine Seele gesorgt wird, trägt und hält mich, es hilft mir, mich anzuheben und gleichzeitig sinken zu lassen.
Mein gutes Sterben ist auch unterstützt von den lindernden Maßnahmen der Medizin, ich möchte keine schlimmen Schmerzen ertragen, weil, so mein Empfinden, Schmerzen mich an meinen irdischen Leib festkrallen lassen.
Einatmen – Ausatmen
Irgendwann werde ich das letzte Mal ausatmen. Und dann werde ich drüben sein, aufgenommen von all meinen Lieben, meinen Eltern, meinen Seelen-Verwandten, meinen Krebsschwestern und vielleicht sogar von meinen geistigen Lehrern, dem Willi und dem Lenny zum Beispiel.
Vielleicht muss ich mich noch ein bisschen zurechtfinden, vielleicht werde ich mich auch sehnen nach Orten, Zuständen, nach den Pflanzen und Tieren.
Dennoch – ich bin gewiss, dass ich die Loslösung schon schaffe, wie ich so vieles geschafft habe in meinem Leben.