Die Disziplin der Lust

Sport, regelmäßige Bewegung, Meditation, gesundes Essen, Chi Gong oder Yoga – all das regelmäßig und konsequent durchgeführt gilt als gesund und im Fall einer Krebserkrankung als unerlässlicher Teil einer Rezidivprävention.

Viele von einer Krebsdiagnose betroffene Menschen übernehmen die Verantwortung für ihre Gesundung und tragen in diesem Sinne ihren Beitrag bei.

Konsequent erfüllen sie ihr Heilprogramm, auch wenn sich bereits ein leichter oder schwererer Widerwillen breit macht.

Zu groß ist die Angst, aus der Disziplin heraus zu fallen und sich damit aufzugeben.

Diese Disziplin ist an sich etwas Gutes – wir übernehmen Verantwortung für unser Leben und unsere Gesundheit, und wir bleiben auch dran, wenn es uns heute nicht genehm ist.

Ich konnte jedoch an mir selbst und an einigen KlientInnen erkennen, dass sich diese Disziplin auch gegen uns wenden kann.

Eine so verstandene  Disziplin, die starr befolgt wird und ohne Spielräume ist, verengt und dimmt das Lebenslicht. Es wird zur ungeliebten Hausübung und die Verbindung zur gefühlten Sinnhaftigkeit geht verloren.

Da braucht es einen Feinschliff, eine Anpassung an die Wirklichkeit, wie sie jetzt ist.

Es braucht ein anderes Verständnis von Disziplin –  nicht eine, die etwas durchzieht gegen alle innere Rebellion und Nein´s,.

Es braucht eine Disziplin, die meinem Körper, mir folgt, die mir konsequent treu bleibt in den stets sich verändernden Bedingungen. Al Baumann nannte dies die Disziplin der Lust –  eine Disziplin, die die Pulsation, die Ausdehnung, die Lebendigkeit fördert.

In einer meiner Beratungsstunden mit einer Frau, die von einer Krebsdiagnose betroffen war, zeigte sich eine derartige Erschlaffung der Freude und Begeisterung in ihrer täglichen Heilpraxis. Dennoch wurden die Energie- Übungen weiter  in voller Länge durchgeführt.

Ich lud sie ein, mit ihrem organismischen Spürsinn jede einzelne Einheit in ihrem Programm hinsichtlich der Stimmigkeit abzutasten.

Stimmt es jetzt grundsätzlich noch, die Energieübungen zu praktizieren?  Wie steht es mit den Visualisierungen?  Sind die überhaupt noch gebraucht, sollten sie adaptiert werden, weniger Simonton´sche Ritter, die noch vor ein paar Wochen so dienlich waren und vielleicht anstelle dessen mehr Vorstellungen über ein Aufkeimen von Gesundheit und heilstrahlender Zellen?

Das ist eine subtile Arbeit, und wie immer in meinem Ansatz ist dies keine intellektuelle Betrachtung. Nein, es ist das Instrument der organismischen Resonanz, welches uns spüren lässt, was jetzt dran und damit lebensfördernd ist.

Und oft ist es nicht ein „ganz-oder-gar-nicht“, wo wir das Kind mit dem Bade ausschütten, indem wir ganz mit einer für uns grundsätzlich guten und förderlichen Praxis aufhören.

Im oben beschriebenen Fall meiner Klientin teilte ihr ihr Organismus mit, dass es darum ging, die „Daumenschrauben“ zu lockern, nein nicht ganz mit den Energie- Übungen aufzuhören, aber auch nicht 1 1/2 Stunden täglich üben zu müssen, sondern z. B. eine Minimalzeit der täglichen Praxis festzulegen, eine Zeitspanne, wo sie sich freudig dran machen kann, zu üben, oder aber ohne vorgegebene Zeit ins Üben zu gehen, und dem Körper Gehör zu schenken, wann es Zeit ist, für heute zu enden.

Diese Feinabstimmung ermöglichte ihr, weiter dran zu bleiben, im Gefühl, dass sie einen Beitrag zum Gesundwerden leistet, jedoch ohne Anstrengung und Belastung.

Ich bin überzeugt, dass für ein Heilwerden nicht so sehr  ausschlaggebend ist, was wir tun, sondern die innere Einstellung, letztlich die Freude, die Begeisterung, die gefühlte Sinnhaftigkeit bei dem, was wir tun.

Wenn wir damit in Fühlung sind, können wir erkennen, dass sich stets alles verändert und dass das, was wir vor Wochen noch ganz begeistert machten, an Engagement und Kraft verliert.

Warum? Weil es nicht mehr in der Art notwendig ist. Das weiß unser Körper nämlich, weil alle Informationen in ihm gespeichert sind.

Und wenn wir diesem steten Wandel im Sinne einer Feinabstimmung unseres Tuns Rechnung tragen, kommt Freude auf.

Wie schön!

Ich darf mein Yoga machen, es fühlt sich gut an.

Was für ein Geschenk!

Für die Heilung ist es nie zu spät

Zumeist spricht man bei Krebs von Heilung, wenn ein Mensch gegen den Krebs angekämpft und den „Kampf“ gewonnen hat.

Er/ sie darf in diesem Prozess nicht aufgeben, die Hoffnung nicht verlieren, muss alles dran setzen, an der Heilung zu arbeiten, alles, was möglich ist, dafür tun, um gesund zu werden. So wird es an die Menschen herangetragen. Das ist ein enormer Druck.

So werden alle Möglichkeiten der Schul- und Komplementärmedizin in Anspruch genommen, Heiler und andere Helfer aufgesucht und Tausende Euro ausgegeben, um ja keine Möglichkeit auszulassen, „den Krebs zu besiegen.“  Das ist verständlich.

Es gibt jedoch eine Vielzahl von Beispielen, wo Menschen – wie es heißt – aufgegeben wurden, wo sie hören mussten, dass man nun leider wirklich nichts mehr für sie tun könne, und sie sich noch eine schöne letzte Zeit machen sollten,  und wo sie letztlich zum Sterben nach Hause entlassen wurden.

Und – die, ohne sichtbares Zutun, eine vollständige Heilung erfuhren.

Von drei Frauen, bei welchen eine derartige Totalremission wie eine Spontanheilung auch genannt wird, stattfand, will ich erzählen:

Teil 1 : Die heilende Kraft des Hier und Jetzt

Stefanie Gleising berichtet in ihrem gleichnamigen Buch von ihrer „wundersamen Heilung“.

Sie, die mit der Diagnose  Brustkrebs konfrontiert war, hat wirklich alles versucht, was an Möglichkeiten zur Verfügung stand – von der Operation, über Virenimpfung, Hyperthermie, Mistel, Infusionen mit Vitamin B17, Hormontherapie, Sport, Meditation, Lachtherapie bis zur Aufarbeitung von traumatischen Erlebnissen.

Und dennoch – der Tumor wuchs und streute, bis in die Knochen und ins Gehirn.

Jedoch –  immer wieder, bei all dem Stress und der Angst tat sich ein Feld des Friedens, der Stille und der Glückseligkeit auf.

Sie schreibt: „Ich musste so viel loslassen, meine Brust, Sport machen zu können, ein schmerzfreier Körper. Vor allem aber die Illusion, die Zukunft planen zu können. Im Grunde kann das keiner wirklich, auch die scheinbar Gesunden nicht. Dies alles katapultiert mich immer wieder direkt ins Hier und Jetzt. Manchmal kann ich dann weinen vor Liebe und Dankbarkeit, dass alles so ist, wie es ist.“ S. 199

Im sogenannten Endstadium ihrer Krankheit angelangt, kann sie nichts mehr zu sich nehmen, verliert dramatisch an Gewicht und dämmert immer länger einfach vor sich hin.

Sie ist mittlerweilen so schwach, dass sie einverstanden ist, diesen letzten Abschied – von ihrem Zuhause – zu vollziehen und in ein Hospiz zu kommen.

„Jeden Tag kamen Menschen, um sich von mir zu verabschieden. Doch anstatt zu sterben, geht es mir von Tag zu Tag etwas besser“. S. 205

Und sie – die Todkranke – kann nach einer Woche ein erstes richtiges Frühstück mit allem Drum und Dran, einem Ei, Saft, Kaffee, Topfen, Marmelade und Brötchen zu sich nehmen.

Bald kann sie in eine kleine Ferienwohnung im Hospiz übersiedeln, und nach ein paar Monaten sitzt sie wieder auf ihrem Pferd. Da sie seit 2014 keine schulmedizinische Behandlung mehr erhielt, gilt sie als geheilt.

Was trug zu dieser Heilung bei:

War es vielleicht der kathartische Traum vom KZ, den sie am Weg ins Hospiz hatte?

War es die Liebe und die unterstützenden Gedanken von vielen, vielen FreundInnen?

Oder das Absetzen eines Medikaments durch eine Hospizärztin, oder die Verdreifachung der Schmerzmitteldosis, wodurch sie leichter ins Hier und Jetzt zurückkehren konnte, da die Schmerzen sie nicht mehr vollständig bannten?

Oder war es das Auf- und Hingeben von allem Wollen, von den Illusionen dessen, was wir zu sein haben, oder wie sie selbst Markof Niemz Buchtitel zitiert: sich selbst verlieren und alles gewinnen.

Das Buch ist jedenfalls ein starkes Dokument dafür, dass egal, „wie schlimm die Umstände auch sind, es Hoffnung auf eine positive Entwicklung gibt“ S. 235

Und dass es immer wieder darum geht, ganz ins Hier und Jetzt zurück zu kehren und zu erkennen, „dass jede Situation, so schlimm sie auch nach außen sein möge, irgendwo auch einen Grund zur Freude bietet.“

Das können wir tun. Das ist unsere Wahl – zwischen einem Leben in Angst über eine unbestimmte Zukunft zu verharren oder uns für die Heilkraft des Moments zu öffnen.

Für mich ist es – das ist natürlich eine Interpretation, welche von der Autorin verifiziert werden müsste –  die Hingabe, das vollständige Ja zu allem Geschehen, ja auch das Aufgeben von Lebenswillen im Einverständnis für ein Hospiz, welche die Wende bringen kann.

Es ist damit nicht (nur) der oben genannte Kampf, wiewohl alle Beiträge zur Gesundung vielleicht doch auch eine Basis für die Heilung bildeten.

War es  letztlich vielleicht vielmehr das Ja zum Schicksal, an diesem Krebs sterben zu müssen, sich von allen lieben Menschen wirklich ein für allemal zu verabschieden, welche dann die Wendung brachte. Und dass es sich bei dieser Heilung um eine radikale Wendung handelte, kann man an der raschen Erholung – bereits nach wenigen Tagen – erkennen.

Diese radikale Wendung scheint sich für mich ganz von innen – aus dem innersten Zentrum heraus – ereignet zu haben. Ein Prozess, der sich vielleicht gerade nur in jenem Dämmerzustand, im vielen Schlafen, im mehr drüben als hier Sein ereignen kann.

Wenn wir diesen Gedanken glauben, was würde das wohl für unser Verständnis von Heilung und der dafür notwendigen Prozesse bedeuten? Wären wir dann nicht angehalten, die Menschen nicht zum weiteren dagegen Kämpfen, sondern zum Anerkennen und Sein Lassen, zur Tiefe  zu ermutigen?

Viele Fragen, auf welche nur die wirklich davon Betroffene Antworten finden werden. Dazu bräuchte es genaueste tiefgehende Fragen, nicht bloß einen Fragebogen, sondern prozessorientierte Untersuchungsmethoden, die vieles offen lassen, so dass nicht einfach Altbekanntes wiederholt, sondern Neues ergründet und erforscht wird. Und wo mein Organismus als Resonanzraum genutzt wird.

Über das Recht auf´s Allein-Sein

Dieser Beitrag richtet sich in erster Linie an Menschen, die in einer Beziehung oder in einem Familienzusammenhang leben. Es ist mir bewusst, dass es viele Menschen gibt, die sich nach Gemeinsamkeit und einem Aufgehoben sein in einer Familie sehnen und deren Allein-Sein nicht freiwillig ist, und welche vielmehr an einem Zuviel davon leiden.

Alleinsein gehört zu meinen Hauptnahrungsmitteln – Tür zu, niemand im Haus, nur ich und die Stille.

Ausatmen. Sein.

Es war eines der größten Geschenke, welche mir die Krebsdiagnose gab – die Möglichkeit, oft allein zu sein, ungestört. Dankenswerterweise konnte ich es mir leisten, mir sowohl nach der ersten als auch nach der zweiten Operation einige Monate ohne Berufstätigkeit zu gönnen. Das war eine richtige Frei-Zeit – ohne Projekte, ohne Aufgaben und mit viel freier Zeit, alleine.

Wie ich es schon in meinem Blogbeitrag „Das Recht auf´s Nein“ https://krebscoaching.org/2017/04/  beschrieb, fällt es manchen Menschen schwer, Nein zu den Bedürfnissen der anderen zu sagen. Sie sind ausgerichtet auf deren Erfüllung, können schwer in ihrem eigenen energetischen Raum bleiben und erschöpfen sich damit zunehmend.

Für solche Menschen ist es wichtig, sich immer wieder aus den Kontakten zurückzuziehen, für sich zu sein, in einem sicheren ungestörten Raum. Gerade bei Menschen, welche eine schwere Traumatisierung mit Übergriff, Missbrauch und Gewalt erlebt haben, reicht nicht mal die geschlossene Tür zum eigenen Zimmer, um  Sicherheit zu empfinden, und damit die Möglichkeit, sich wirklich auszudehnen. Sie brauchen es, dass niemand in der ganzen Wohnung ist, um ausatmen zu können.

Das mag für Menschen, welche diese Erfahrung nicht gemacht haben, sehr befremdlich klingen, aber es gilt dies zu würdigen. Da nützt es nichts, mit Forderungen an sie oder sich selbst heran zutreten, dass man doch bei sich bleiben können muss, auch wenn man im Kontakt mit anderen ist.

Es gilt wahrzunehmen, wie ich angelegt bin, mit einer Durchlässigkeit meiner energetischen Grenzen, wo vieles von außen einfließt. So ist es einfach.

Und dann gibt es noch die gesellschaftlichen Vorgaben, dass es um eine Beziehung bereits schlecht bestellt ist, wenn man sich zurückziehen, für sich sein will, einen Tag oder vielleicht sogar einen Urlaub ohne den/die PartnerIn verbringen will. Da muss schon was im Argen sein, wenn man nicht Tag und Nacht mit dem Partner/der Partnerin sein will. Auch das getrennt Schlafen gilt als Anfang vom Ende.

So halten wir vieles aus. Und das tut uns und auch unserer Beziehung nicht gut. Wir werden grantig, fokussieren zunehmend auf die Fehler und Eigenartigkeiten des anderen und schaffen damit eine Distanz  – eine Distanz jedoch, die sich – weil konflikthaft –  nicht gut anfühlt.

Ich glaube, dass sich viele Menschen von ihrem Partner trennen, weil sie über Jahre einem derartigen vorgegebenen Konzept von Beziehung gehorchten, wo es dazu gehört, das man/frau so viel Zeit wie möglich miteinander verbringen wollen muss, dass das Paar selbstverständlich jede Nacht das Bett teilen und auch noch nach jahrzehntelanger Beiziehung leidenschaftlichen Sex miteinander haben soll.

Sie halten aus, bis dieses Aushalten nicht mehr geht, sie sich trennen müssen oder eine Krankheit „einspringt“, und mir einen Frei – Raum gewährt. Jetzt  darf ich mich um mich kümmern, zum Beispiel im Zuge einer Kur mehrere Wochen nur auf mich schauen ohne Orientierung auf den anderen. Das ist erholsam.

An der Basis dieses Gebots, dieses Tabus ist wie bei so vielen Lebensrichtlinien ein Mangel an Vertrauen in die rhythmische Natur unseres Organismus.

Dieser Rhythmus pendelt zwischen Öffnung, nahe kommen wollen und Intimität und einem Rückzug, einer Distanz, einem zu mir kommen und einer Innigkeit mit mir selbst.

Im Alleinsein zentriere ich mich, schwinge mich in mich selbst ein, komme in Berührung mit meinem Wesen und meiner schöpferischen Kraft. Und ich kann auch erleben, dass ich mir genug bin und nicht angewiesen auf die Erfüllung von Bedürfnissen durch andere. Gleichgültig, was ich dann tue, es ist zutiefst verbunden mit mir.

In dieser Vertiefung meiner Beziehung zu mir selbst öffnet sich sodann – das ist meine Erfahrung – erneut die Liebe zu ihm,  ich kann die Sehnsucht nach Begegnung erneut spüren und im Kontakt ist wirklich er gemeint.

Jetzt verweilen solange bis……

Das Recht auf´s Nein als heilender Faktor

Jetzt hab´ ich schon wieder zu etwas zugesagt, von dem ich bereits im Zusagen spürte, dass ich es eigentlich nicht will.

Ein Freund/eine Freundin ist mit einem Wunsch, einer Einladung, einer Bitte an mich herangetreten. Ich spüre, dass es ihm/ihr ein Bedürfnis ist, dass ich ihm/ihr diese Bitte erfüllen möge. Bisweilen ist diese nicht mal explizit ausgesprochen, in unserem Verbundensein spüren wir jedoch, dass es wichtig wäre, dass ich der Bitte nachkomme. Das erzeugt einen inneren Konflikt – möchte die Freundin nicht enttäuschen, andererseits gibt es da mein organismisches Nein.

Dieses Nein bleibt zumeist ungehört und drückt sich nur in einem Unwohlsein, einem Unbehagen, einem Stress aus. Die Zeit verstreicht, der Zeitpunkt kommt näher, wo es das Versprechen einzulösen gilt. Ich stecke den Kopf  in den Sand –  das Unbehagen bleibt – ungehört, da muss ich durch, hab´s ja versprochen, es wird immer unmöglicher abzusagen, die Enge immer spürbarer, der Aufwand, mein organismisches Aufbegehren zurück zu drängen immer größer. Und das ganze Leben wird angepatzt vom Tintenklecks des ungesagten Neins.

Schade!

Viele Menschen mit einer Krebsdiagnose berichten, dass sie immer versuchten, den Bedürfnisse der anderen gerecht zu werden. Sie stellten diese über die eigenen und standen damit – bisweilen kaum merkbar – unter Stress.

Es gibt ja viele Theorien zur Krebsentstehung, viele davon wurden falsifiziert. Was ich aber sowohl in meinem persönlichen Bezug als auch in Krebsbiographien, beziehungsweise in neueren Betrachtungsweisen wiederholt bestätigt fand, ist der Aspekt der Ohnmacht dem eigenen Leben gegenüber, der Fremdbestimmtheit, der Ent-fremdung von sich, das sich oftmals im Inneren des krebskranken Menschen finden lässt.

Am Grund dieser Ent-Eignung finden sich oftmals viele, viele ungesagte Neins und die Überzeugung, nicht Nein sagen zu dürfen.

So wird das Leben fest, bisweilen ganz und gar ohne Lücken der Freiheit. Die stille Verzweiflung, welche krebskranken Menschen von Le Shan (siehe Buchempfehlungen) zu geschrieben wird, begleitet diese Menschen wie ein dunkler Schatten.

Es ist diese grenzenlose stumme Verzweiflung darüber, dass man keinen Aus-Weg sieht oder vielmehr keine Berechtigung hat, ein für sich gültiges, gemäßes Leben zu führen, ein Leben, das die Seele begrüßt.

So wird das Nein zu diesem Leben – mit einem Beruf, der mich nicht erfüllt und erschöpft, einem Partner, von dem ich mich nicht gesehen und geliebt fühle, mit den Freundschaften, welche mich nicht nähren, aber auch mit all den ungeliebten Verpflichtungen, die ich eingegangen bin, all den Konzessionen, die ich gemacht habe, all den Zusagen die ich wider besseren Spürens getroffen habe –  zu einem Nein zum Leben überhaupt.

Die Resignation ist tief und greift das biologische Fundament den Kern des Lebens an.

Das ist es, was Wilhelm Reich als Kern der Krebsbiopathie beschreibt, dieser Rückzug aus der Welt bis auf eine plasmatische Ebene.

Ja und Nein als die zwei Grundbewegungen des Lebens – Ja als öffnende , von sich ausgehende nach außen in alle Richtungen, in die Welt gewendete Bewegung, Nein kontrahierend, zusammenziehend, in den Kern hinein, wobei ein Nein, das nach außen gesprochen wird, auch ein Ja ist.

Ein nicht gesprochenes Nein führt jedoch zu einem Abziehen der Energie von der Peripherie, zu einer  Kontraktion – zu einer Lebensverneinung, fortschreitend.

Ich denke, dass dies ein wesentlicher, ganz grundlegender Prozess bei der Krebsentstehung ist.

So war es bei mir: ich wollte dieses Leben nicht mehr, ein von Leistung, Druck und Angst bestimmtes Leben, und da ich es nicht wagte, zu glauben, dass ich ein mir angemessenes Leben erschaffen kann, dass ich dazu berechtigt bin, lehnte ich das Leben an sich ab, wollte nicht mehr leben, raus aus dieser Welt, nein, dieses Leben war von meiner Seele nicht begrüßt.

Und dann die Diagnose:

Das Leben in seiner unmittelbaren Qualität ist bedroht, ich könnte sterben an meinem Krebs. Der Tod jetzt an die Seite gestellt, die Endlichkeit meiner irdischen Existenz wird bewusst.

Und plötzlich geht es nicht mehr ums Erfüllen von Erwartungen und Formen des Lebens, sondern ums Leben an sich, um mein Leben und vielleicht das allererste Mal um mich.

So wohnt der Krebsdiagnose neben dem Schock der Todesgefahr auch ein Potential inne. Das Potential aufzuwachen, das Leben als meines zu begreifen, und zu beginnen für dieses mein Leben zu sorgen.

Eine Lücke tut sich auf, durch die Lebens-Licht durchscheint. Viele krebskranke Menschen beschreiben eine Anhebung des Bewusstseins rund um die Diagnose, in dem vieles viel klarer gesehen wird. Das ist eine große Chance.

Hier in einer Situation, wo es wahrhaft ums Über-Leben geht, ist es vielleicht leichter, sich einzusetzen für die eigene Wahrheit, für das Nein oder Ja.

Es ist jedoch nicht übertrieben zu sagen, dass es immer um dieses mein Leben geht, darum, dass ich mich frage, was und wem ich in meinem Leben Raum geben will, was ich bejahe und verneine. Letztlich geht es um die Qualitäten von Ausdehnung,  Pulsation, Wohlgefühl und Freude.

Zu sehen, dass das hier mein Leben ist –  in jedem Moment.

Wenn all die ungesagten Neins unser Lebenslicht dimmen, so  schafft  ein ausgedrücktes Nein sofort Frei-Raum, es kräftigt uns, lässt uns uns aufrichten, öffnen.

Und schon entfaltet sich unser Ja zum Leben – ganz einfach und selbstverständlich.

Liegen lernen oder ein Lob dem Kranksein

Als ich 1998 das erste Mal mit einer Krebsdiagnose konfrontiert war, war das natürlich zunächst ein großer Schock. Zugleich war es auch ein Befreiungsschlag.

„Krebs berechtigt. Krebs berechtigte mich, auf mich zu schauen, mich zum Mittelpunkt des Lebens zu machen, Termine und Verpflichtungen abzusagen, mich um mich selbst zu drehen, aus mir heraus zu sein.“ schrieb ich damals in einem Artikel mit dem Titel „Krebs Sei Dank“

Jetzt viele Jahre später und krebsfrei bin ich natürlich auch immer wieder mit „normalen“ Krankheiten konfrontiert, wie zur Zeit mit einem grippalen Infekt, mit allem was dazu gehört, aber ! ich habe kein Fieber, schon gar nicht habe ich (Gott sei Dank!) eine derartig spektakuläre Diagnose wie Krebs.

Und da fängt es dann wieder an: „Darf ich meine Therapiestunden absagen, die KlientInnen enttäuschen, sie, die mich brauchen, allein lassen?“ frage ich mich.

So verhandle ich täglich mit mir, ob es nicht eh schon wieder geht, anstatt in einem Akt alle Stunden für die Woche abzusagen. Auch bei privaten Terminen wie einem gemeinsamen Essen befällt mich das schlechte Gewissen. Und es fällt mir sogar schwer, selbstauferlegte Verpflichtungen wie mein Fitnessprogramm (man/frau beachte das Wort!) sausen zu lassen.

So halte ich meinen Geist und damit auch meinen Körper auf Trab, gönne ihm nicht die Ruhe, die er jetzt braucht. Er, der so lieb eingesprungen ist, mich aufmerksam gemacht hat, dass eine Auszeit dran ist, wird neuerlich nicht erhört.

Dass wir erst dann von der Schule fernbleiben dürfen, wenn wir wirklich krank sind, haben wir früh erfahren. Da gilt es nicht als ein Entschuldigungsgrund, dass ich einfach nur Bauch- oder Kopfweh habe, dass ich mich schlecht und gestresst fühle.

Auch wenn wir erwachsen sind, sollten wir uns so früh wie möglich gegen Grippe impfen lassen, damit sie uns nicht erwischt, wir nicht ausfallen aus dem Arbeitsprozess, wird uns beständig gesagt.

Das alles ist ein – wie ich meine – kranker Umgang mit Krankheit, der, so bin ich überzeugt, krank macht. Im Gegensatz dazu wäre es höchst notwendig, die einfachen Krankheiten zu würdigen in ihrem Wert für unser Leben und ihrem Beitrag zur Prophylaxe von schwerer chronischer Krankheit, (denn die haben sie!).

Auf diesem Boden der gesellschaftlichen Wertschätzung könnten wir in Fühlung mit unseren Bedürfnisse kommen, wenn wir krank sind. Wir würden  uns zuallererst Ruhe gönnen, uns zurückziehen, statt zu laufen, zu gehen, zu sitzen einfach liegen, abgeben, uns versorgen lassen und reduzieren auf allen Ebenen.

Wir würden tun, was wir wollen – lesen oder nicht lesen, Radio hören, nicht einfach nur im Nebenbei, die Blumen ansehen und uns an ihnen freuen, das Fenster öffnen, um frische Luft rein zulassen, inhalieren, Tee  trinken, eine Wärmeflasche unter die Füße legen, oder ganz einfach nichts tun.

In diesem Eintauchen in uns selbst kommen wir unserem Körper wieder nahe, wir spüren ihn anhand dem Unwohlsein, in seiner Schwere, in seinem Atmen und der Erleichterung zwischen den Hustenanfällen.

Dann, nachdem die größten Beschwerden gewichen sind, werden auch Seelenkräfte spürbar, andere Dimensionen unseres Selbst eröffnen sich, Eingebungen kommen zu Tage. Erneuerung und Transformation findet statt.

Und dann, wenn wir das alles zu-lassen, wenn wir uns selbst Raum geben und die Zeit, die es braucht gewähren, erwachen die Lebensgeister, wir erstehen neu und erfrischt aus all dem wieder auf.

Bis zum nächsten Mal.

Zu-Ruf statt Nach-Ruf

„Wenn nur 1% dessen, was ehrlich und wertschätzend über Politiker/innen nach ihrem Tod gesagt wird, schon zu Lebzeiten gesagt wird, wär´s gut.Und das gilt für alle Menschen, nicht nur für Politiker/innen.“ postete Christoph Chorherr am 24.2. 2017 anlässlich des Todes der  österreichischen Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser.

Viel Gutes wurde über sie gesagt in den letzten Tagen – dass sie ein wertvoller, aufrichtiger, verbindlicher, positiv denkender Mensch war, der über die Parteigrenzen hinweg wertschätzende Beziehungen führte. Für mich rückten diese Wortmeldungen die mir unbekannte Frau in ein neues, angenehmes Licht.

Es zählt zu den lieb gewonnen Gepflogenheiten, dass man am Grab über die Verstorbenen Gutes sagt. Vielmehr noch – man bemüht sich, das Gute, das vielleicht zu Lebzeiten gar nicht so deutlich offenbar wurde, heraus zu streichen.

So wird beispielsweise in einem Nachruf aus einem konfliktscheuen ein verbindlicher Mensch, dem die Harmonie zwischen den Menschen über Allem stand, und aus einem  zuvor als streitsüchtig  geltendem Menschen wird  ein kompromissloser, der sich ganz und gar für eine Sache einsetzte.

Anhand dieser  Beispiele kann gesehen werden, wie unterschiedlich Sichtweisen sein können.

Und es wird darauf ankommen, wie wir eine Eigenschaft eines Menschen sehen wollen. Die Erfahrung zeigt, dass wir zu Lebzeiten mit den für uns schwierigen, unbehaglichen Seiten  eines Menschen leider oftmals  in einer be- und verurteilenden Weise umgehen.

Und das Bemühen um eine erweiterte Sicht, die das Gute im anderen sieht, findet oftmals erst anlässlich seines Todes statt – sozusagen in unserer Komfortzone.

Was würde es tatsächlich verändern, wenn wir dieses Bemühen schon zu Lebzeiten walten lassen. Wie würde sich diese Bereitschaft zur zärtlichen Offenheit für die andere in meinem Inneren auswirken, und wie würde es für die betroffen Person wirken, wenn wirkliche An-Erkennung stattfindet.

Wie würde es sich darüber hinaus auswirken, wenn ich von meinem größten Feind, der ich für mich bin, in dem  ich mich zum Beispiel  als eine sehe, die  sich immer so aufführt, die zu viel redet, immer im Mittelpunkt stehen will, zu meiner Freundin werde, die meinen Mut zur Unbestechlichkeit wahrnimmt, die einfach viel zu sagen hat, die nun mal nicht am Rand sondern in der Mitte zu stehen hat, weil das ihr Platz ist.

Ich getraue mich zu sagen, dass das das ganze Leben ändert.

Mich anzuerkennen in dem, wie ich (nein nicht halt so) angelegt bin,  zu sehen, welche Note ich dieser Welt mit meinem So-Sein hinzuzufügen haben, zu sehen, was und wie etwas durch mich zu geschehen hat – hier und jetzt.

Dann würde die Energie, welche ich mein Lebtag aufbiete, um mich in meiner Essenz zurück zu drängen für mich und mein Lebenswerk zur Verfügung stehen.

Der große Lawrence Le Shan schreibt in seinem wertvollen Buch „Diagnose Krebs – Wendepunkt und Neubeginn“ (siehe dazu auch die Buchempfehlungen auf dieser Seite) darüber, wie das grundsätzliche Problem der Verzweiflung, das zum Leben von krebskranken Menschen seiner Erfahrung nach zu gehören scheint, zu lösen sei. „Die Lösung liegt darin, mehr und mehr der Mensch zu werden, der Sie wirklich sind.“

Die/der zu werden, die/der ich bin, braucht die Unterstützung meiner Umgebung, es braucht den liebevollen Blick von mir und den anderen.

Dann kann das Leben gut werden und ich kann, wie Le Shan schreibt, ein Leben führen, das mich wirklich befriedigt, bei dem ich jeden neu Tag freudig begrüße und mit Hoffnung in die  Zukunft schaue.

Alles gut! Über die Kraft der Gegenwärtigkeit

Alles gut!

Diese zwei Worte verbindet man nicht unbedingt mit einer Krebserkrankung.

Da scheint gar nichts gut.

Nein, vielmehr ist nichts mehr, wie es war.

Das Vertrauen in meinen Körper und das Leben ist erschüttert, der Blick angstvoll auf eine ungewisse Zukunft gerichtet.

Gleichzeitig wird durch diesen Ein-Schnitt der horizontale Weg von der Vergangenheit zur Zukunft mit einer nicht wahrgenommenen Gegenwart unterbrochen.

Und ich bin plötzlich ganz da.

Wie auch immer ….

Im Erleben des Schocks, der Überwältigung durch meine Gefühle, aber auch mit dem Wissen, dass ich mehr bin als mein Körper, meine Rollen, meine Angst und Schwäche.

Aus diesem Gegenwärtig sein im Jetzt tut sich ein Wissensraum auf.

Und ich kann erfahren, dass jenseits aller Vorstellung über meine Zukunft, dem Ausgang meiner Krankheit aber auch aller Ideen, warum ich krank geworden bin, ich einfach jetzt bin.

Und da ist es still und gut.

Still und gut und ohne Wollen und Abwehren und ohne Angst.

Hier gilt es zu verweilen, auszurasten, einfach zu sein.

Und dann taucht eine Gewissheit auf, was zu tun ist.

Ja genau das, zweifelsfrei, eindeutig weiß ich, welcher der nächste gute Schritt ist.

So ist das Vertrauen im Jetzt gebor(g)en.

Und bei all der Endlichkeit, die uns im Leben mit Krebs so bewusst wird, eröffnet dieses „stimmige Jetzt“ ein zeitloses Fenster, in welchem die zeitliche Grenze unbedeutend wird.

Und da ist alles gut.

Sowieso.

 

Frei-Raum Schaffen

Eines der größten Geschenke meiner Krebsdiagnose war die Notwendigkeit und das Recht, mir einen Freiraum zu verschaffen.

Ich, die mich verpflichtet fühlte, jede freie Minute zu nutzen, um an etwas – einem Vortrag, einem Artikel, an meiner Selbstverwirklichung oder an meinem geistigen und körperlichen Wohl –  zu arbeiten, musste mich plötzlich ganz und gar um mich kümmern. Termine bei Ärzten mussten vereinbart werden, ich musste mich auf die OP vorbereiten und dann während der Bestrahlung für gute Bedingungen sorgen, um die Nebenwirkungen gering zu halten.

Und plötzlich war es ganz selbstverständlich, Kliententermine abzusagen, mich nach der ersten Diagnose für 4 Monate ganz aus den beruflichen Verpflichtungen zurück zuziehen.

Die Welt rückte ab, und ich wurde zu ihrem/meinem Mittelpunkt.

Dann 4 Jahre später erhielt ich die 2. Diagnose. Wieder war ich in eine Lebensweise zurück gefallen, welche von Absolvieren, zur Verfügung stehen und Überforderung geprägt war. Die Nebenwirkungen der Bestrahlung waren jedoch von einer unerwarteten Massivität, sodass ein Weiterhasten  nicht mehr möglich war. Und hier im Zuge einer Meditation wurde ganz klar, dass ich die Praxis zuzusperren hatte. Glücklicherweise war mir dies, da ich finanziell abgesichert war, möglich.

Und ich spürte, wie sogleich Heilung stattfand.

Es folgten eineinhalb Jahre mit Frei-Raum in Hülle und Fülle. Nein, ich nahm mir auch nichts vor für diese Zeit, ich musste die Zeit nicht „sinnvoll nutzen“.

Ich riskierte den Frei-Raum des Lebens. Ich lebte in den Tag hinein, wusste am Morgen nicht, ob ich das Haus überhaupt verlassen würde heute, oder doch lieber einen Schlafsack für das Enkelkind stricken, OE1 hören, in der Küche sitzend verbringen wollte.

Oder ich traf mich mit einer Freundin im Kaffeehaus und als ich mich verabschiedete und auf die Straße trat, begegnete mir eine andere, mit der ich sogleich ins Kaffeehaus zurückkehrte, um eine weitere Stunde dort zu verbringen.

Mein Organismus, die organismische Resonanz wie Carl Rogers diese innere Bewertungsinstanz nennt, die weiß, was jetzt im Augenblick zu tun ist, führte Regie.

Ich fand statt.

Und  lebte auf.

In derartigen Extremerfahrungen, wie es eine Krebsdiagnose und die nachfolgenden Behandlungen sind, ist es oftmals leichter, sich selbst bedingungslos Gehör zu schenken. Viele an Krebs erkrankte Menschen haben in dieser Zeit den Mut, weil sie auch das Recht haben – „Jetzt wo Du Krebs hast….“- für ihre Bedürfnisse einzustehen und sich zum Mittelpunkt zu machen.

Ein wesentliches Bedürfnis war und ist für mich das terminlose Alleinsein. Der Tag-  nicht zurückgestaut auf eine Reihe von einzuhaltenden Terminen – dehnt sich in mich aus und schafft einen kreativen Raum, aus dem Ent-Faltung stattfinden kann.

Das Leben wird nicht mehr absolviert sondern gelebt.

Und oft sind es ganz einfache Bedürfnisse, die dann entdeckt werden: in Stille sein, in der Natur, die Bedürfnisse nach gesunder Nahrung, nach Bewegung, nach Einkehr, nach kreativem Ausdruck….

Bald jedoch nach der uns zugestandenen Zeit der Rekonvaleszenz beginnt es wieder zu wuchern –  die Außenwelt-  und der „Weltinnenraum“, wie Rilke diesen Bereich des „Offenen“, der „Unbetretbarkeit“ nennt, droht erneut verloren zu gehen.

Da ist es wichtig, sich zu entsinnen, was und wann es zu viel wird. Und das sind oft auch Dinge, Ereignisse, die mir grundsätzlich Freude bereiten, wie FreundInnen zu treffen, ein Seminar zu besuchen, auszugehen in ein Theater, in ein Kino…

Dann gilt es, den Mut zu haben, abzusagen, für mich einen Frei-Raum zu schaffen, mich von dem Getose des außen zurück zu ziehen in mich.

Immer wieder und wieder.

I AGREE.

 

I agree…


Ich stimme zu…..

 

Ich stimme überein…..

 

Ich bin einverstanden…..

 

Ich befürworte…..

 

Ich möchte das jetzt mal so stehen lassen und bitte Euch, damit in Resonanz zu gehen und zu spüren, was diese Sätze auslösen.

Ich danke für Eure Kommentare!

 

Mit dem Krebs tanzen….(Kurzversion)

„Ich tanze mit der Angst, ich tanze mit der Freude“ heißt das Buch von Karoline Erdmann.

Das Buch ist unscheinbar, wäre da nicht diese Frau am Cover, welche die linke Burstseite entblößt mit einer Rose verziert einen Tango tanzt. Es hat mich tief berührt, weil es so viel beschreibt, was ich im Umgang mit Krebs als wesentlich erachte – die Genauigkeit mit den (inneren und äußeren) Fakten, mit den eigenen Gefühlen und der inneren Stimme, der Mut, Tabus zu brechen und sich beispielsweise kein Brustimplantat einsetzen zu lassen und im Gegenteil die brustlose Seite beim Tangotanzen zu offenbaren.

Vor allem ist es ein Aspekt, welcher mir wertvoll erscheint und welcher mit meiner Auffassung über die „Aufgabe“ der Krebserkrankung übereinstimmt  – die Krebserkrankung als einen Bewusstseinsweg zu beschreiten.

Karoline Erdmann tut das nicht in einer realitätsfernen abgehobenen Weise, nein sie zeigt, dass es um die Anerkennung aller am Weg liegenden (oft schmerzlichen) Tatsachen geht.

Das letzte Kapitel in diesem wunderbaren Buch trägt den Titel „Ich tanze mit dem Leben und ich tanze mit dem Tod“. Es ist derart essentiell für mich, dass ich es am liebsten Wort für Wort wiedergeben würde.

Es geht darin neuerlich um die Dankbarkeit dem Krebs gegenüber – „Ich begann zu fühlen, dass der Krebs fast ein Privileg war, wie ein Erlebnis, das mich viele Schritte in meiner Entwicklung vorangebracht hatte. Durch ihn begegnete ich dem Leben mit einer anderen Hingabe, einer anderen Freude, einem anderen Bewusstsein.“ ….“Durch den Krebs habe ich mich mit dem Tod auseinandergesetzt. Der Tod ist dadurch für mich zu einem Freund und Begleiter geworden, der mir das Leben bewusster und lebenswerter macht.“  Mehr noch „In meinem Leben mit Krebs kann ich die Krankheit als eine Herausforderung, annehmen, als einen Entwicklungsschritt oder als eine Gnade. Eine Gnade, weil sie mir die Chance gibt, vieles zu erleben und zu verarbeiten, was mir sonst verschlossen geblieben wäre.“ und weiter „Es war der Krebs selbst, durch den ich das erste Mal meine tiefe Verbundenheit zum Diesseits spürte und realisierte, dass ich die letzen fünfundzwanzig Jahre mit meinem spirituellen „Streben“ oft auf der Flucht vor dem Leben gewesen war. Ich hatte mich nach dem Jenseits“ gesehnt und war am „Hier und Jetzt“ manchmal vorbeigelaufen.“ S. 155

Sie entdeckt neben der kausalen, horizontalen die vertikale Ebene in ihrer Verbindung zu Gott. „diese beiden Ebenen schneiden sich und ich muss lernen, in ihrem Schnittpunkt zu leben, d.h., ich muss lernen, dieses Kreuz, diese Spannung auszuhalten.“

In diesem angehobenen Bewusstseinszustand kann sie erkennen, dass das ganze Leben ein Tanz ist und jeder Mensch seinen eigenen Tanz tanzt. „Ich sehe, wie sich die Reigen der Menschen berühren, ineinander verschlingen und sich wieder lösen, ein unendliches wundersames Muster, in steter Bewegung, in steter Veränderung. Und wenn ich dieses Muster betrachte, aus immer weiterer Ferne, dann sehe ich auch den Tanz des Diesseits mit dem Jenseits. Ich sehe, unser Leben ist nur ein Leben von vielen Leben, ein kurzer Tanz, ein winziger Schritt im unendlichen Tanz der Ewigkeit.“

Karoline Erdmann ist Anfang 2006 gestorben. Üblicherweise würde man sagen, dass sie dem Krebs erlegen ist, den Kampf gegen ihn verloren hat. Ihr Buch hat mir jedoch erneut gezeigt, dass es vielleicht gar nicht darum geht, am Leben zu bleiben – möglichst lange.

Und auch wenn der Tod eines Menschen auf der menschlichen Ebene traurig und schmerzlich ist, so ist es vielleicht noch wesentlicher, einen Bewusstseinsweg zu gehen, so wie sie ihn gegangen ist.

Und ich würde mir wünschen, dass sie (und auch ich) diese letzten Schritte auf ihrem Weg mit jener von ihr beschriebenen Überzeugung gehen konnte. „In mir ruht die tiefe Überzeugung, dass alles gut ist, so wie es ist, und ich begegne dem Leben mit mehr Demut. Ich nehme an, was mir gegeben ist. Der Krebs ist weder eine Strafe, noch ist er ein Ansporn noch mehr zu meditieren oder stärker zu glauben, sondern er ist in sich selbst mein Ja zum Leben, mein Ja zur Existenz und ich kann mein Leben mit Krebs lieben. …Ich will keinen „Kuhhandel“ mit Gott, ich will keine Bedingung mehr stellen. Das ist eine wunderschöne Erkenntnis, eine bedingungslose Liebe zum Leben.“